Reduzierung der Abgaskonzentration an der Landshuter Allee
War die Reduzierung der Geschwindigkeit das geeignete Mittel?
Anfrage Stadträte Fritz Schmude und Andre Wächter (Liberal-Konservative Reformer) vom 28.2.2018
Antwort Stephanie Jacobs, Referentin für Gesundheit und Umwelt:
Sie haben am 28.2.2018 o.a. Anfrage zur „Reduzierung der Abgaskonzentration an der Landshuter Allee. War die Reduzierung der Geschwindigkeit das geeignete Mittel?“ an Herrn Oberbürgermeister Reiter gestellt. Das Referat für Gesundheit und Umwelt wurde mit der Bearbeitung Ihrer Anfrage betraut.
Ihrer Anfrage liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
„Die bei dem Verfahren zum Dieselfahrverbot vorgelegten Gutachten lassen unserer Ansicht nach den Schluss zu, dass die Geschwindigkeitsreduktion an der Landshuter Allee nicht das geeignete Mittel war um die Abgaskonzentration an der Landshuter Allee zu vermindern. Daher stellt sich die Frage, warum man diese Beeinträchtigung des Verkehrs nicht wieder abschafft.“
Die Maßnahme 1 (M 1) der 5. Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München sieht zur Verbesserung der lufthygienischen Situation an der Landshuter Allee Tempo 50 (T50) mit strenger Überwachung vor. Diese Maßnahme erfolgte auf Basis eines vom LfU beauftragten Gutachten „Verkehrsbedingte Immissionen – Wirksamkeit eines Tempolimits auf einer Stadtautobahn in München“. Das Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass ein Tempolimit 50 km/h mit strenger Überwachung in den Luftreinhalteplan aufgenommen werden sollte. Durch die dadurch erwartete Verstetigung des Verkehrsflusses wäre gemäß dem Gutachten eine Reduktion der Luftschadstoffbelastung zu erwarten. Für den Jahresmittelwert bei NO2 wurde ein Minderungspotential in Höhe von 11 µg/m³ (von 84 µg/m³ auf 73 µg/m³) für das Bezugsjahr 2011 berechnet.
Im Oktober 2014 startete die Einführung eines Tempolimits T50 an der Landshuter Allee mit dem Aufstellen von Verkehrsschildern für die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h, kurze Zeit später wurden vier Kabinen für Geschwindigkeitsmesssysteme fest installiert und anschließend mit „Blitzern“ versehen. Nach einem mehrmonatigen Probebetrieb begann im Juli 2015 der Echtzeitbetrieb (strenge Überwachung).Im Rahmen des Vorhabens „Ursachenuntersuchung von außergewöhnlichen Stickstoffdioxid-Immissionen – Neue Potentiale für die Luftreinhalteplanung und Übertragbarkeit von Maßnahmen“ (URPOL-Projekt) hat das Bayerische Landesamt für Umwelt die Wirksamkeit des mit der 5. Fortschreibung des Luftreinhalteplanes München 2014 eingeführten Tempolimits in der Landshuter Allee auf die NO2 Belastungssituation (Realanalyse Tempolimit) analysiert.
Die Wirkung des Tempolimits wird dabei durch vergleichende Untersuchungen vor und nach erfolgter Umsetzung abgeschätzt. Verkehrsaufkommen, Fahrgeschwindigkeiten und Verkehrszustände werden anhand einer durch die Stadt München betriebenen Verkehrszähleinrichtung auf Höhe der Hirschbergstraße untersucht. Die NO2 -Belastungssituation in der Landshuter Allee vor und nach Einführung des Tempolimits wird anhand der Daten des Lufthygienischen Landesüberwachungssystem Bayern (LÜB) und orientierender Messungen mit NO2 -Passivsammlern analysiert.
Das RGU beantwortet Ihre Anfrage auf Grundlage der oben genannten Auswertungen des Landesamtes für Umwelt (LfU) „Realanalyse – Tempolimit an der Landshuter Allee in München“ (abrufbar auf der Homepage des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz unter: http://www.bestellen.bayern.de/stmug.html)
Frage 1:
Wie hat sich die Abgaskonzentration an der Landshuter Allee seit Einführung der 50 km/h entwickelt.
Antwort:
Mit der Einführung von T50 konnten die Fahrgeschwindigkeiten deutlich verringert werden: Hohe Geschwindigkeitsanteile > 65 km/h werden nicht mehr beobachtet, der Anteil im Bereich der mittleren Geschwindigkeiten (40 – 60 km/h) ist von 1-24% auf 87-94% angestiegen.
Nach Einführung des Tempolimits liegen bei flüssigem Verkehr geringere mittlere NO2-Konzentrationen vor. Der Trend bei den Überschreitungen des NO2-Stundenmittelwerts ist rückläufig. 2016 wurde die Anzahl von 18 zulässigen Stunden mit einer NO2-Belastung von mehr als 200 µg/m³ erstmalig mit 13 Stunden eingehalten. 2014 waren insgesamt noch 24 Überschreitungsstunden zu verzeichnen.
Von 2014 bis 2016 sank der NO2-Jahresmittelwert um 3 µg/m³ an der Landshuter Allee (2014: 83 µg/m³, 2015: 84 µg/m³, 2016: 80 µg/m³). Im städtischen Hintergrund wurden diese Minderungsraten nicht beobachtet, so dass von einem lokalen Effekt auszugehen ist.
Frage 2:
Welche Schlüsse können daraus gezogen werden?
Antwort:
Das Tempolimit mit strikter Überwachung an der Landshuter Allee erhöhte insgesamt die Homogenität des flüssigen Verkehrs, so dass die damit einhergehende Verstetigung des Verkehrs zu den Veränderungen der Luftsituation führte. Aufgrund der hohen Verkehrsbelastung und -zunahmen sind jedoch nicht alle prognostizierten Reduktionseffekte (vom Gutachter errechnetes Minderungspotential von 11 µg/m³ beim NO2-Jahresmittelwert) eingetreten.
Die in der Analyse des LfU getroffenen Aussagen zur Wirkung von Geschwindigkeitsreduzierung auf T50 an der Landshuter Allee können aufgrund der unterschiedlichen Verkehrssituationen und örtlichen Gegebenheiten nicht auf andere Bereiche des Mittleren Rings übertragen werden.
Frage 3:
Welche Entwicklung der Abgaskonzentration ist aufgrund der aktuellen Er- kenntnisse zu erwarten, wenn man zum alten Sachstand, also einem Tem- polimit von 60 km/h, zurückkehren würde?
Antwort:
Grundsätzlich konnte im Rahmen der o.a. Untersuchung durch diese Maßnahme an der Landshuter Allee ein positiver Effekt auf die NO2-Konzentrationen festgestellt werden, wenn auch der bewirkte Rückgang der NO2-Konzentration nicht so hoch ist wie er prognostiziert wurde. Dies ist u.a. auch auf die steigenden Verkehrszahlen zurückzuführen. Während gemäß dem o.a. Bericht in 2014 ca. 108.400 Kraftfahrzeuge pro 24 Stunden an der Landshuter Allee auf Höhe der Hirschbergstraße gezählt wurden, sind es 2016 ca. 115.500 Fahrzeuge pro 24 Stunden. Gemäß der Prognosen des Referates für Stadtplanung und Bauordnung ist mit weiter zunehmenden Verkehrszahlen zu rechnen.
Aus Sicht der Luftreinhaltung ist im Sinne einer Reduzierung der Immissionsbelastung ein steter, homogener Verkehrsfluss zielführend. Wie dieser bestmöglich erreicht wird, ist eine Frage der Verkehrssteuerung, die von vielen Faktoren und den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten abhängt.
Da es sich bei der Geschwindigkeitsreduzierung auf Tempo 50 um eine Maßnahme im Luftreinhalteplan handelt, könnte sie nur durch den Freistaat Bayern im Rahmen einer weiteren Fortschreibung des Luftreinhalteplans rückgängig gemacht werden.