Immer mehr Leihradanbieter in München
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Simone Burger, Bettina Messinger, Gerhard Mayer und Jens Röver (SPD-Fraktion) vom 5.9.2017
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr.(I) Elisabeth Merk:
Mit Schreiben vom 5.9.2017 haben Sie gemäß § 68 GeschO folgende Anfrage an Herrn Oberbürgermeister gestellt, die vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung wie folgt beantwortet wird.
Wir entschuldigen uns für die verspätete Antwort.
Wie Sie vielleicht der umfangreichen Presseberichterstattung in den vergangenen Wochen entnehmen konnten, hat die Firma oBike Ende März 2018 angekündigt, einen Großteil der Leihfahrräder (ca. 6.000 der 7.000 Leihräder) aus München im Laufes des Monats April abzuziehen. Gleichzeitig hat die Landeshauptstadt einen Handlungsleitfaden mit Rahmenrichtlinien und Empfehlungen für Anbieter stationsloser Fahrradverleihsysteme veröffentlicht, um Konflikte im täglichen Miteinander der Verkehrsteilnehmer zu vermeiden.
In Ihrer Anfrage führen Sie Folgendes aus:
„Deutlich ist zu erkennen, dass in den vergangenen Wochen die Anzahl an Leihfahrrädern stadtweit zugenommen hat. Zwar ist diese Entwicklung zunächst begrüßenswert, nichtsdestotrotz werden durch diese Vermehrung des Angebots auch Fragen aufgeworfen:“
Frage 1:
Wer trägt die Verantwortung dafür, dass Leihräder verkehrssicher sind?
Antwort:
Hierzu hat das Kreisverwaltungsreferat mitgeteilt, dass für den vorschriftsmäßigen technischen Zustand eines Fahrrades insbesondere der Fahrer/ die Fahrerin (MieterIn), aber auch das Leihradunternehmen (Vermieter) verantwortlich sind, vgl. § 17 Abs. 1 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO): „Erweist sich ein Fahrzeug, das nicht in den Anwendungsbereich der Fahrzeug-Zulassungsverordnung fällt, als nicht vorschriftsmäßig, so kann die Verwaltungsbehörde dem Eigentümer oder Halter eine angemessene Frist zur Behebung der Mängel setzen und nötigenfalls den Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Verkehr untersagen oder beschränken; der Betroffene hat das Verbot oder die Beschränkung zu beachten.“ Nach den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Leihradunternehmen verpflichten sich die VermieterInnen, sämtliche Mietgegenstände in einwandfreiem Zustand zu übergeben sowie die Leihräder in verkehrstüchtigem Zustand zu halten. Vor Fahrtbeginn wird jeder Mieter/jede Mieterin aufgefordert, einen Funktionstest durchzuführen und bestätigt mit der Übernahme den Empfang des Mietgegenstandes in technisch einwandfreiem Zustand. Liegt bei Beginn der Nutzung offensichtlich ein technischer Mangel vor, der die Verkehrssicherheit beeinträchtigen könnte oder wird er während der Nutzung offenbar, ist der Mieter/die Mieterin vertraglich angehalten, die Miete zu beenden und die Nutzung des Leihrades sofort zu unterlassen.
Frage 2:
Wie kann auf die Anbieter eingewirkt werden, sodass verkehrswidrig geparkte Fahrräder schnell entfernt werden sowie dass defekte Räder rasch repariert oder ersetzt werden und nicht als Schrotträder für unbestimmte Zeit im öffentlichen Raum verbleiben?
Antwort:
Die Landeshauptstadt München steht in engem Kontakt mit dem Anbieter oBike und hat diesen mehrfach auf die Missstände hingewiesen und das Unternehmen aufgefordert, diese schnellstmöglich zu beseitigen. Neben einem intensiven Austausch mit anderen Kommunen und Institutionen hat die Stadt einen Leitfaden als Rahmenrichtlinie erarbeitet, der bestehenden Fahrradvermietanbietern und Interessenten vorgelegt wird, mit der Bitte, diesen zu berücksichtigen. Darin werden die Unternehmen unter anderem gebeten, maximal fünf Räder pro Standort aufzustellen, defekte Mieträder zu warten und ein Servicetelefon für Nutzerinnen und Nutzer aufzubauen. Die Firma oBike ist unter der Service-Hotline service.ger@obikeinc.com oder service@o.bike per E-Mail, oder telefonisch unter (089) 70 80 99 42 09 5 (8 bis 20 Uhr täglich; Festnetztarif) zu erreichen. Der Leitfaden mit Empfehlungen und Rahmenrichtlinien für Anbieter stationsloser Fahrradvermietsysteme wurde in der Zwischenzeit auf der Website https://radl-hauptstadt.muenchen.de/radlnetz/fahrradverleih/ veröffentlicht.
Frage 3:
Welche Sanktionsmöglichkeiten stehen der Stadt gegenüber Anbietern zur Verfügung, die ihrer, mit dem Betrieb des jeweiligen Leihfahrrad-Konzepts einhergehenden Verantwortung nicht oder nur unzureichend nachkommen?
Antwort:
Hierzu hat das Kreisverwaltungsreferat mitgeteilt, dass das Abstellen von Leihfahrrädern – auch in massiver Form – nach derzeitiger herrschenderMeinung unter den Gemeingebrauch fällt und eine zulässige Teilnahme am Straßenverkehr darstellt. Ausschlaggebend für den Gemeingebrauch ist, ob das auf öffentlichem Verkehrsgrund abgestellte Fahrrad nach objektiver Betrachtung jederzeit betriebsbereit und fahrtüchtig ist. Fahrräder dürfen nur so platziert werden, dass ernsthafte und erhebliche Behinderungen für andere Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen werden können. Sollten abgestellte Leihräder über Gebühr die öffentliche Sicherheit und Ordnung stören, können diese auf Grundlage des LStVG bzw. der Vorschriften des PAG von den Sicherheitsbehörden umgesetzt werden. Die Voraussetzungen für ein legales Umsetzen wären beispielsweise erfüllt, wenn durch die Leihräder Feuerwehreinfahrten blockiert werden oder Streufahrzeuge ihren Aufgaben nicht mehr nachkommen können bzw. der Verkehr völlig gesperrt wird (zu denken ist hier etwa an den notwendigen Bewegungsraum für Rollstuhlfahrer oder den allgemeinen Fußgängerverkehr an Engstellen). Eine unerlaubte Sondernutzung läge dann vor, wenn es sich bei den abgestellten Fahrrädern offenkundig um Unfall- oder Schrotträder bzw. um Fahrräder handeln würde, welche aufgrund ihrer qualitativ sehr einfachen Bauweise nicht den Anforderungen der StVZO entsprächen. Insoweit könnten Baureferat und Polizei diese Räder einsammeln und (nach drei Monaten) endgültig aus dem Verkehr ziehen.
Der dringend erforderliche Regelungsbedarf für neue Anbieter stationsloser Leihradsysteme wird auch in einem Schreiben des Oberbürgermeisters an das Bayerische Staatsinnenministerium thematisiert. In der Diskussion um ein bayerisches Car-Sharing-Gesetz soll auch die Thematik stationsloser Fahrradverleihsysteme ergänzt werden.