(teilweise voraus) Das Münchner Bündnis für Toleranz ist im Rathaus zusammengekommen und hat folgende Erklärung „Zusammenstehen gegen Antisemitismus“ verabschiedet:
„Am 8. Mai 2018 – exakt 73 Jahre nach der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht sowie dem Ende der grausamen nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und -verbrechen, die das Ziel der kompletten Vernichtung jüdischen Lebens verfolgten – verurteilt das Münchner Bündnis für Toleranz jede Form des noch immer weit verbreiteten Antisemitismus auf das Schärfste und drückt gleichzeitig den Münchner Jüdinnen und Juden seine unverbrüchliche Solidarität aus.
Die Häufung antisemitischer Übergriffe in Deutschland, über die in den vergangenen Tagen und Wochen berichtet wurde, entsetzt und erschüttert uns zutiefst. Sie ist Ausdruck eines gesellschaftlichen Klimas, in dem sich latent vorhandene menschenfeindliche Einstellungen immer häufiger in Form menschenverachtender Parolen und Taten manifestieren.
Wie weit antisemitische Ressentiments bis hinein in die Mitte der Gesellschaft verbreitet sind, zeigt der aktuelle Bericht des vom Bundestag eingesetzten Unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus. Der Bericht listet die Ergebnisse verschiedener Studien auf, wonach zwar die Zustimmung zu klassisch antisemitischen Aussagen abnimmt, gleichzeitig aber der sekundäre (z.B. „Ich ärgere mich darüber, dass den Deutschen auch heute noch die Verbrechen an den Juden vorgehalten werden.“) und insbesondere der israelbezogene Antisemitismus (z.B. „Bei der Politik, die Israel macht, kann ich gut verstehen, dass man etwas gegen Juden hat.“) an Bedeutung gewinnen.
Die mediale Aufmerksamkeit, die das Thema Antisemitismus in diesen Tagen erfährt, bildet somit einen gesellschaftlichen Zustand ab, auf den sowohl die Wissenschaft als auch unmittelbar Betroffene – d.h. Jüdinnen und Juden sowie jüdische Gemeinden und Organisationen – schon seit längerer Zeit mit großer Sorge hinweisen. Es ist unerträglich, dass Jüdinnen und Juden in Deutschland wieder bzw. immer noch in Angst vor Beschimpfungen und Beleidigungen, vor Ausgrenzung oder gar vor gewalttätigen Übergriffen leben müssen. Und es ist der Auftrag einer verantwortungsbewussten, liberalen, respektvollen und demokratischen Stadtgesellschaft, diesen Zustand nicht hinzunehmen, sondern Antisemitismus in all seinen Facetten entschieden zu bekämpfen sowie den betroffenen Jüdinnen und Juden solidarisch zur Seite zu stehen.
Antisemitismus hatte schon immer viele Gesichter. Und auch aktuell beobachten wir, wie aus ganz unterschiedlichen Gesellschaftsschichten, politischen Richtungen und Bevölkerungsgruppen antisemitische Ressentiments bedient und geschürt werden – sei es in Form eines völkisch-rassistischen, eines sekundär und verschwörungstheoretisch aufgeladenen oder eines israelbezogenen Antisemitismus. Wer den Kampf gegen Antisemitismus geflissentlich nur auf eine Erscheinungsform beschränkt oder ihn gar bewusst zum Zweck der gesellschaftlichen Spaltung instrumentalisiert, macht sich in seinem Einsatz unglaubwürdig. Wir stellen uns daher ganz bewusst, geschlossen und entschieden gegen jede Form des Antisemitismus!
Dieses konkrete Zeichen und diesen Aufruf gegen Antisemitismus sowie zur Solidarität mit den Münchner Jüdinnen und Juden wollen wir darüber hinaus mit einem Appell verbinden, sich grundsätzlich einzumischen, wenn Menschen aufgrund ihrer Herkunft, Hautfarbe, Religion, ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Orientierung beleidigt, diskriminiert oder angegriffen werden. Dies alles sind Angriffe auf das Fundament der Demokratie und auf die Grundwerte unseres Zusammenlebens. Und wir alle sind dazu aufgefordert, diese Werte gemeinsam zu verteidigen.
Für das Münchner Bündnis für Toleranz, Demokratie und Rechtsstaat:
Oberbürgermeister Dieter Reiter, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Dr. h.c. Charlotte Knobloch, Weihbischof Rupert Graf zu Stolberg, Evangelische Stadtdekanin Barbara Kittelberger, Rektor der Ludwig-Maximilians-Universität Professor Dr. Bernd Huber, Vorsitzende der DGB Region München Simone Burger, Vorsitzende des Kreisjugendrings München-Stadt Stefanie Lux.“