Fragen zum Standort der NOx- und Feinstaub-Messstellen
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Dr. Wolfgang Heubisch, Dr. Michael Mattar, Gabriele Neff, Thomas Ranft und Wolfgang Zeilnhofer (Fraktion FDP – HUT) vom 8.3.2018
Antwort Stephanie Jacobs, Referentin für Gesundheit und Umwelt:
Ihrer Anfrage liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
„In der EU-Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.5.2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa ist in Anhang III Punkt C genauso wie in der Verordnung zur Neununddreißigsten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen (39. BImSchV) Anlage 3 (zu den §§ 2, 3, 13, 14 und 21) Abschnitt C. zur Umsetzung in das nationale deutsche Recht folgendes zur Anordnung von Messstellen formuliert:
- Der Messeinlass muss sich grundsätzlich in einer Höhe zwischen 1,5 Meter (Atemzone) und 4 Meter über dem Boden befinden. Ein höher gelegener Einlass kann angezeigt sein, wenn die Messstation Werte liefert, die für ein großes Gebiet repräsentativ sind. Abweichungen sollen umfassend dokumentiert werden.
- Der Messeinlass darf nicht in nächster Nähe von Emissionsquellen angebracht werden, um die unmittelbare Einleitung von Emissionen, die nicht mit der Umgebungsluft vermischt sind, zu vermeiden.
- Die Abluftleitung der Probenahmestelle ist so zu legen, dass ein Wiedereintritt der Abluft in den Messeinlass vermieden wird.
- Bei allen Schadstoffen dürfen verkehrsbezogene Probenahmestellen zur Messung höchstens 10 Meter vom Fahrbahnrand entfernt sein; vom Fahrbahnrand verkehrsreicher Kreuzungen müssen sie mindestens 25 Meter entfernt sein. Als verkehrsreiche Kreuzung gilt eine Kreuzung, die den Verkehrsstrom unterbricht und gegenüber den restlichen Straßenabschnitten Emissionsschwankungen (durch Stop-and-go-Verkehr) verursacht.
- Die folgenden Faktoren können ebenfalls berücksichtigt werden: Störquellen, Sicherheit, Zugänglichkeit, Stromversorgung und Telefonleitungen, Sichtbarkeit der Messstation in der Umgebung, Sicherheit der Öffentlichkeit und des Betriebspersonals, Vorteile einer Zusammenlegung der Probenahmestellen für verschiedene Schadstoffe, Anforderungen der Bauleitplanung.
- Jede Abweichung von den Kriterien dieses Abschnitts ist nach den Verfahrensvorschriften gemäß Abschnitt D umfassend zu dokumentieren Nun sind genau die beiden in München installierten Messstellen am Stachus/Sonnenstraße und an der Landshuter Allee, die die höchsten Messwerte ermitteln, nicht korrekt platziert. Die Messstelle am Stachus (Sonnenstraße/Schwanthalerstraße, siehe https://www.lfu.bayern.de/luft/ immissionsmessungen/doc/lueb_dokumentation/aktiv/01_Oberbayern/11_ muenchen_stachus.pdf) befindet sich unmittelbar an der Kreuzung und nicht 25 Meter entfernt und die Messstelle an der Landshuter Allee ist di- rekt am Fahrbahnrand (https://www.lfu.bayern.de/luft/immissionsmessungen/doc/lueb_dokumentation/aktiv/01_Oberbayern/09_muenchen_landshuter_allee.pdf). Wissenschaftler beispielsweise der Universität Karlsruhe weisen darauf hin, dass die Schadstoffbelastung je nach Abstand zur Emissionsstelle deutlich abnimmt. So würde bereits auf Höhe des dritten Stocks unmittelbar an der Straße der No2-Immissionswert um etwa 30% abnehmen. Ähnliches gilt sicher auch für die entsprechende Entfernungen von der Fahrbahn bzw. Kreuzung.“
Herr Oberbürgermeister Reiter hat mir Ihre Anfrage zur Beantwortung zugeleitet. Die darin aufgeworfenen Fragen beantworte ich unter Berücksichtigung einer Stellungnahme des für die LÜB-Messstationen zuständigen Bayerischen Landesamtes für Umwelt (LfU) wie folgt:
Anmerkung:
Die EU-Richtlinie (EU) 2015/1480 vom 28.8.2015 präzisiert die EU-Richtlinie 2008/50/EG vom 21. Mai 2008, u. a. bzgl. der Situierung der Messstellen.
Frage 1:
Welchen Einfluss hat die Stadt auf die Platzierung der Messstellen?
Antwort:
Zuständig für die Erfassung der Luftschadstoffbelastung ist in Bayern das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU). Dieses führt im Rahmen des bayernweiten Messnetzes LÜB (Lufthygienisches Landesüberwachungssystem Bayern) in München derzeit an fünf kontinuierlich registrierenden Stationen Messungen der Konzentrationen von zahlreichen relevanten Luftschadstoffen in der für die Beurteilung gemäß der 39. BImSchV erforderlichen Datenqualität durch.
Die Platzierung der Messstellen wurde vom LfU vorgenommen, die Stadt München war hier nachrichtlich eingebunden.
Frage 2:
Hat die LH München das Landesamt für Umwelt darauf hingewiesen, dass die Abstandflächen nicht eingehalten sind? Wenn nein, warum nicht
Antwort:
Einige der in München installierten LÜB-Stationen wurden bereits lange vor dem Inkrafttreten der EU-Richtlinie bzw. der 39. BImSchV installiert. Bei Inkrafttreten der neuen Richtlinie wurde die Lage der Messstellen vom LfU überprüft, wobei die Stadt München nachrichtlich eingebunden war. Aus fachlicher Sicht gab es an der Vorgehensweise und an der Platzierung der Messstellen durch das LfU keinen Anlass zur Beanstandung.
Das bayerische Landesamt für Umwelt führt wie folgt aus:
„Derzeit sind in München nachfolgende Messstationen (jeweils mit Jahr der Inbetriebnahme) des Lufthygienischen Landesüberwachungssystems Bayern (LÜB) in Betrieb:
München/Stachus 1978
München/Lothstraße 1991
München/Johanneskirchen 1993
München/Landshuter Allee 2004
München/Allach 2014
...
Bei Inkrafttreten der EU-Luftqualitätsrichtlinie 2008/50/EG wurden alle Standorte unserer Stationen überprüft. Einige Messstationen mussten versetzt werden. Bei anderen Stationen konnten wir durch Vergleichsmessungen und/oder Modellierungen zeigen, dass eine Versetzung nicht erforderlich ist.“
Frage 3:
Wenn das Bundesverwaltungsgericht bei Maßnahmen wie Fahrverbote auf die Verhältnismäßigkeit abstellt, stellt sich die Frage, ob die in München gemessenen Werte korrekt ermittelt werden, um Fahrverbote zu rechtfertigen?
Antwort:
Eine korrekte Ermittlung der Belastungssituation ist die Basis für eine sinnvolle Gefährdungseinschätzung sowie für die Planung und Umsetzung von Maßnahmen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Messungen des LfU den Qualitätsstandards der EU nicht genügten. Es bestehen daher keine Zweifel an der Validität der Messergebnisse.
Das bayerische Landesamt für Umwelt führt wie folgt aus:
„Die LÜB-Messstationen in München halten die gesetzlichen Vorgaben (39.BImSchV) ein. Die 39. BImSchV ist eine 1:1 Umsetzung der EU-Richtlinie. ...Die vorschriftsmäßig ermittelten Messwerte des Lufthygienischen Landesüberwachungssystems Bayern (LÜB) fließen in die Luftreinhalteplanung ein. Minderungsmaßnahmen werden von den Kommunen nach den bei
der Luftreinhalteplanung üblichen Regularien festgelegt und umgesetzt. … Die umfangreichen qualitätssichernden Maßnahmen im LÜB scheiden falsche Messwerte zuverlässig aus. Zur Qualitätssicherung gehört auch die nach der 39. BImSchV regelmäßig geforderte Überprüfung der Standortkriterien. Falsche Messwerte werden daher nicht veröffentlicht und auch nicht über das Umweltbundesamt an die EU-Kommission weitergeleitet.“