Ist die Belastbarkeit der Trambahnbrücke über die Schenkendorfstraße eingeschränkt?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Dr. Wolfgang Heubisch, Dr. Michael Mattar, Gabriele Neff, Thomas Ranft und Wolfgang Zeilnhofer (Fraktion FDP – HUT) vom 22.03.2018
Antwort 2. Bürgermeister Josef Schmid, Leiter des Referats für Arbeit und Wirtschaft:
In Ihrer Anfrage vom 22.3.2018 führen Sie als Begründung aus:
„Die Straßenbahn zur Parkstadt Schwabing wird bereits heute gut genutzt. Mit der Fortführung in das Neubaugebiet Bayernkaserne ist zu erwarten, dass der Takt verdichtet wird, die Auslastung der Fahrzeuge steigt und längere Straßenbahnen eingesetzt werden. Nun hört man, dass die Tragfähigkeit der Straßenbahnbrücke über die Schenkendorfstraße ein Engpass sei. Zudem ergaben sich in diesem Winter zusätzliche Probleme für Rollstuhlfahrer, die die Trambahn 23 nutzen und die vorhandenen Einstiegshilfen benötigen. Auf der Linie 23 kommt der Trambahntyp R zum Einsatz, der mit einem Hublift ausgestattet ist, aber nicht über zusätzliche Klapprampen verfügt. Aufgrund von Streusalz und Split sind diese Hublifte anfällig für Störungen. Auf der kurzen Strecke der Linie 23 kommen pro Tag nur wenige Züge zum Einsatz, so dass drei schadhafte Hublifte auf der Linie 23 einem Totalausfall der Trambahn für die Rollstuhlfahrer für den Rest des Tages gleichkommen.
Die Rollstuhlfahrer kennen von anderen Linien auch den Trambahntyp S, der über Hublift und Klapprampe verfügt, so dass der Einstieg auch für Rollstuhlfahrer weiterhin möglich ist, auch wenn beim Hublift die Technik mal wieder versagt. Nach Auskunft der Trambahnfahrer darf der Typ S allerdings aufgrund des Gewichts nicht über die Brücke fahren und kann entsprechend nicht auf der Linie 23 eingesetzt werden.“
Die in Ihrer Anfrage gestellten Fragen beantwortet die Stadtwerke München GmbH wie folgt :
„Vorbemerkung:
Grundsätzlich bestehen für alle eingesetzten Trambahnfahrzeuge keine Einschränkungen zur Überfahrt der Trambrücke über die Schenkendorfstraße. Die Planung von Brückenbauwerken basiert auf den allgemein anerkannten Regeln der Technik (DlN-Normen, Eurocodes, ZTVs ...). Diese beinhalten eine Vielzahl an Vorgaben für die Nachweisführungen zur Standsicherheit, Gebrauchstauglichkeit und Dauerhaftigkeit. Bei den Nachweisen zur Standsicherheit wird ein Teilsicherheitskonzept zu Grunde gelegt, welches sowohl die Einwirkungen (d. h. Belastungen) als auch die Materialien (d. h. Stärke der baulichen Konstruktion) mit entsprechenden Sicherheitsaufschlägen belegt. Bei Stahlbrücken liegt die globale Sicherheit bei ca. 150 Prozent. Auch bei Nachrechnungen (z. B. infolge Nutzungsänderungen) von Brückenbauwerken wird dieses normative Sicherheitskonzept angewendet.“
Frage 1:
Mit wie viel Tonnen darf die Brücke über die Schenkendorfstraße von einer Trambahn befahren werden?
Antwort der Stadtwerke München GmbH:
„Die maximale Gesamtlast für die eingesetzten Trambahnen beträgt 72 t (T1 - Avenio 4-Teiler), bezogen auf eine Fahrzeuglänge von ca. 37 m. Für die Tragfähigkeitsnachweise zur Bemessung der Brücke wurde ein fiktives erhöhtes Lastmodell mit einem Gesamtgewicht von 85 t angesetzt. lm Weiteren sollen lange Fahrzeuge (2-Teiler + 3-Teiler) vom Typ Avenio eingesetzt werden. Diese haben eine maximale Gesamtlast von 93 t, verteilt auf eine größere Fahrzeuglänge von ca. 48 m. Die Achslasten der neuen langen Fahrzeuge, auch im Vergleich zu den bereits eingesetzten Trambahnen, werden sich jedoch nicht erhöhen. Die Brücke weist auch für die zukünftigen Belastungssituationen, ausreichende Traglastreserven auf.“
Frage 2:
Ist die Brücke zugelassen für die Überfahrt von zwei vollbesetzten Trambahnen und gleichzeitig eines Rettungsfahrzeuges? Falls nein: wie werden Trambahnfahrer und Einsatzkräfte auf die Situation vorbereitet, falls sie gleichzeitig die Brücke nutzen müssen?
Antwort der Stadtwerke München GmbH:
„Die Brücke wurde für den außergewöhnlichen Lastfall Kolonnenverkehr (Tramfahrzeuge direkt hintereinander in beiden Fahrspuren auf ganzer Brückenlänge) sowie zusätzlich voll belasteter Geh- und Radwegbrücke bemessen.
Der Lastfall Begegnungsverkehr zweier vollbesetzter Trambahnen und gleichzeitig wirkendem Rettungsfahrzeug ist darin eingeschlossen, da die hieraus resultierenden Beanspruchungen geringer sind.“
Frage 3:
Trifft es zu, dass ein Teil der in München eingesetzten Trambahnen auf- grund des Gewichts nicht über die Trambahnbrücke fahren darf?Wenn nein: warum werden dann nicht alle Trambahntypen auf der Strecke der Linie 23 eingesetzt?
Wenn ja: warum werden Trambahnen beschafft, die diese Brücke nicht be- fahren dürfen?
Wieviele Trambahnen gibt es im Bestand, die über die Brücke fahren bzw. nicht fahren dürfen?
Wie kann die MVG Fahrzeugengpässe auf der Linie 23 auffangen, wenn die Trambahnen des zugelassenen Typs gleichzeitig ausfallen?
Antwort der Stadtwerke München GmbH:
„Die Annahme, ,,dass ein Teil der in München eingesetzten Trambahnen aufgrund des Gewichtes nicht über die Trambahnbrücke fahren darf“ trifft nicht zu.
Der MVG stehen für den Linieneinsatz derzeit, mit Ausnahme der 3 sogenannten P-Wagen, 110 Niederflurstraßenbahnen zur Verfügung. Dieser Fuhrpark setzt sich aus 68 drei- und 42 vierteiligen Zügen zusammen. Auf der Linie 23 kommen derzeit nachfragegerecht im Schwerpunkt dreiteilige Fahrzeuge zum Einsatz. Die längeren Fahrzeuge werden auf Linien mit höherer Nachfrage eingesetzt. Bei Störungen bzw. bei einer Änderung der Nachfrage, werden die MVG auch andere Fahrzeugtypen auf der Linie 23 einsetzen.“
Frage 4:
Auf der derzeit recht kurzen Linie 23 sind pro Tag nur wenige Züge im Einsatz. Ist bekannt, dass aus der Perspektive eines Rollstuhlfahrers der Ausfall von drei störungsanfälligen Hubliften einem Komplettausfall der Linie 23 gleichkommt?
Was unternimmt die MVG an einem solchen Pannentag, damit auch Rollstuhlfahrer noch am selben Tag nach Hause fahren können? Stimmt es, dass die MVG aufgrund des Gewichts auf der Linie 23 keine Trambahnzüge einsetzt, die über Hublift und Klapprampe verfügen?
Antwort der Stadtwerke München GmbH:
„Die Problematik mit störungsanfälligen Hubliften ist der SWM GmbH bekannt. Leider ist es nicht immer möglich, die Fahrzeuge bei defekten Hubliften umgehend auszutauschen. Die Wahrscheinlichkeit ist jedoch gering, dass der Ausfall eines Hublifts bei mehr als einem Zug auf der Linie 23 gleichzeitig auftritt. Der Behindertenbeirat wurde über diesen Sachstand informiert und wird kontinuierlich auf dem Laufenden gehalten.
Die Standsicherheit der Brücke ist für Fahrzeuge mit Hublift und Klapprampe uneingeschränkt gewährleistet.“
Frage 5:
Ist geplant, die Brücke entsprechend nachzurüsten, so dass die gesamte Trambahnflotte auch auf der Linie 23 eingesetzt werden kann? Wenn ja, wann?
Antwort der Stadtwerke München GmbH:
„Da die Brücke für alle Fahrzeuge der MVG ausreichend tragfähig ist, gibt es keine Veranlassung für eine Planung von Ertüchtigungsmaßnahmen.“
Frage 6:
Sofern eine Brückennachrüstung nicht geplant ist: Ist geplant, die zu schweren Trambahnen aus dem Portfolio zu nehmen und durch Züge zu ersetzen, die im gesamten Liniennetz eingesetzt werden können?
Antwort der Stadtwerke München GmbH:
„siehe Antwort zu Frage 5.“
Frage 7:
Wie wirken sich mögliche Verlängerungen der Linie 23 zur Bayernkaserne und Anschluss an das übrige Trambahnnetz bzgl. dem für die Brückennut- zung zugelassenen Bestand aus?
Antwort der Stadtwerke München GmbH:
„Perspektivisch sind auf der Linie 23 Taktverdichtungen geplant. Restrisiken für den Einsatz von Fahrzeugtypen der MVG ergeben sich dadurch nicht.“
Frage 8:
Trifft es zu, dass jeder neue Zug an Gewicht zulegt? Wie ist dies auf Dauer mit der Nutzung der Trambahnbrücke vereinbar? Müssen langfristig die „Oldies“ auf der Linie 23 eingesetzt werden, weil neuere Modelle für die Brücke keine Zulassung bekommen werden?
Antwort der Stadtwerke München GmbH:
„Es trifft nicht zu, dass jeder neuere Trambahnzug an Gewicht zulegt. Trotz steigender Anforderungen an die technische Ausrüstung der Fahrzeuge, wird mit Hilfe des Anforderungskataloges für neu zu bestellende Fahrzeuge sichergestellt, dass die maximal zulässigen Achslasten nicht überschritten werden.
Es ist daher nicht zu erwarten, dass neuere Modelle keine Zulassung für die Überfahrt der Brücke über die Schenkendorfstraße erhalten werden.“
Frage 9:
Gibt es im Stadtgebiet weitere Bauwerke oder anderweitige Gegebenheiten, die den Einsatz bestimmter Trambahntypen auf der entsprechenden Linie ausschließen?
Wenn ja: welche Gegebenheiten/Bauwerke etc. stellen die Einschränkung dar?
Welche Trambahntypen sind betroffen?
Falls ja: Sind Nachrüstungen oder Umbauten geplant, um die Linie für alle Trambahntypen nutzbar zu machen?
Antwort der Stadtwerke München GmbH:
„Die äußere Ludwigsbrücke stellt ein Bauwerk mit altersbedingten Einschränkungen dar. Nach dessen lnstandsetzung (vsl. in 2020) durch das Baureferat ist mit keinen weiteren Einschränkungen für den Trambahnverkehr mehr zu rechnen.“
Ich hoffe, dass Ihre Anfrage damit als geschäftsordnungsgemäß erledigt betrachtet werden kann.