VISION ZERO – Die Stadt geht mit gutem Beispiel voran!
Antrag Stadtrat Manuel Pretzl (CSU-Fraktion) vom 12.7.2018
Antwort Oberbürgermeister Dieter Reiter:
In Ihrem Antrag vom 12.07.2018 bitten Sie die Stadtverwaltung um eine Überprüfung, wie viele Dienst-Kfz, Lkw und Busse jeweils in den städtischen Fuhrparks des Hoheitsbereichs, der Eigenbetriebe sowie der städtischen Gesellschaften zwecks Unfallverhütung mit Abbiege-Assistenz-Systemen ausgestattet sind.
Diese Fragen zielen auf eine laufende Angelegenheit ab, deren Besorgung nach Artikel 37 Absatz 1 GO sowie Paragraf 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt. Deshalb ist eine beschlussmäßige Behandlung im Stadtrat nach Paragraf 60 Absatz 9 GeschO rechtlich nicht möglich. Ihr Einverständnis vorausgesetzt, teile ich Ihnen daher in Briefform Folgendes mit:
1.Für die städtischen Fuhrparks der Referate und Eigenbetriebe lässt sich festhalten, dass bei der Beschaffung schon seit langem größter Wert auf ein höchstmögliches Maß an aktiver und passiver Sicherheit für Personal und andere Verkehrsteilnehmer/-innen gelegt wird.
In den letzten Jahren wurden neue Assistenzsysteme (wie zum Beispiel ABS, EBP, ESP, Notbrems- oder Spurhalte-Assistenten) bereits unmittelbar nach Serienreife und Verfügbarkeit in die Mindestanforderungen der Leistungsbeschreibungen aufgenommen. Insbesondere die Gefahr von Abbiege-Unfällen (wegen toter Winkel) wurde durch den Einbau von Nachrüstungssystemen deutlich verringert.
2.Die Vergabestelle 1 des Direktoriums hat den Begriff „Abbiege-Assistent“ weiter gefasst. Grundsätzlich werden von dieser Fachdienststelle drei Varianten unterschieden, wie Sie den folgenden Ausführungen im Detail entnehmen können.
2.1. Spiegelsysteme:
Moderne Lkw ab 7,5 t zGG verfügen bereits ab Werk über umfangreiche, aufeinander abgestimmte Außenspiegelsysteme (nach EU-Richtlinie 2003/97/EG). In diese Lkw sind insgesamt sechs Spiegel (2 Rückspiegel, 2 Weitwinkelspiegel, jeweils ein Bordsteinspiegel und ein Frontspiegel) eingebaut, die den Abbiegebereich gut abdecken. Die Nachrüstung mit Spiegeln ist meist problemlos.2.2. Kamera-Monitor-Systeme:
Bereits seit vielen Jahren sind Rückfahr-Kamera-Systeme im Einsatz, die den rückwärtigen Rangierbereich des Lkw absichern. Diese Systeme wurden in den letzten Jahren stetig weiter entwickelt und um sogenannte Spiegel- oder Abbiegekameras ergänzt.
Der besonders gefährdete Bereich auf der Lkw-Beifahrerseite wird bei Betätigung des rechten Blinkers durch eine im Bereich des rechten Außenspiegels montierte Kamera überwacht und das Bild automatisch auf den Monitor aufgeschaltet. Die Nachrüstung von Kamera-Monitor-Systemen ist problemlos möglich.
Auch diese Systeme werden stetig weiterentwickelt. So lassen heute Farbkameras und Monitore eine sehr gute Bildqualität auch bei schlechter Witterung oder nachts zu. Zudem werden die Kamera-Bildwinkel stetig verbessert, so dass Schwenkwinkel bis zu 270 Grad möglich sind.
Die neuesten sogenannten „Bird-View-Systeme“ (mit mehreren Kameras) lassen bereits einen virtuellen Blick in Vogelperspektive auf das Fahrzeug zu, so dass eine allseitige Überwachung des Fahrzeuges möglich ist. Der Einsatz dieser Systeme ist allerdings noch nicht bei allen Fahrzeugtypen möglich. Auch ist die Bildqualität zum Teil noch nicht zufriedenstellend.
2.3. Radarbasierte Eingriffsysteme (mit und ohne sofortiger Blockade/ Stopp-Wirkung):
Solche Systeme erkennen radargestützt ein Hindernis (also auch eine Person) im Abbiegebereich und warnen das Fahrpersonal optisch und akustisch.
Als weiterer Schritt ist der direkte Eingriff in das Bremssystem möglich. Hierbei wird bei erkanntem Hindernis die automatische Bremsung des Fahrzeugs ausgelöst. Ein noch zu lösendes Problem stellt hierbei die Vermeidung des unabsichtlichen oder gar mutwilligen Auslösens durch Passanten/-innen dar.
Auf dem Markt gibt es für Neufahrzeuge noch kaum Systeme, die derart aktiv eingreifen. Diese Blockade/Stopp-Systeme sind zur Zeit nur bei wenigen Fahrzeugtypen (überwiegend im Bereich des Fernverkehrs) ab Werk verfügbar. Hier gilt es, die Entwicklung auf dem Markt der Anbieter weiter genau zu beobachten.3. Aktueller Stand im Fuhrpark der LHM
3.1. Hoheitsbereich
Der Fuhrpark der LHM besteht ohne Beteiligungsgesellschaften aus rund 2.200 Fahrzeugen. Davon sind zirka 600 Fahrzeuge Lkw über 7,5 t zulässigem Gesamtgewicht (zGG). Diese Fahrzeuge sind nach Kenntnis der Vergabestelle 1 des Direktoriums alle mit den aktuellen Spiegelsystemen aus- bzw. nachgerüstet.
Abgesehen von einigen in naher Zukunft zu ersetzenden Altfahrzeugen und den Einsatzfahrzeugen der Branddirektion, die üblicherweise mit einer beifahrenden Person besetzt sind, die den Abbiegevorgang überwacht, sind nach unserer Kenntnis alle Fahrzeuge mit Abbiegekameras ausgestattet.
Bei den neueren Fahrzeugen kommen auch „Bird-View“- oder
270°-Schwenk-Systeme zum Einsatz.
Radarbasierte Systeme mit optischem und akustischem Warnhinweisen wären sinnvoll, sind im städtischen Fuhrpark derzeit aber nicht verbaut.
3.2. Eigenbetriebe
Bezüglich der Eigenbetriebe ist ein Sonderfall festzuhalten: Der AWM verfolgt derzeit ein Pilotprojekt, nämlich eine Nachrüstung mit radarbasierten Abbiege- und Rückfahr-Warnsystemen mit zusätzlichem Aktiv-Bremseingriff beim Rückwärtsfahren. Sofern sich das System bewährt, ist die Nachrüstung des Gesamtfuhrparks vorgesehen. Die Kosten hierfür liegen derzeit bei rund 20.000 Euro pro Fahrzeug.
3.3. Städtische Gesellschaften
Bezüglich der Fuhrparks der städtischen Gesellschaften ergibt sich ein divergentes Bild. Zum einen bestehen deren Fuhrparks hauptsächlich aus Pkw, zum anderen sind bei deren Lkw altersbedingt Nachrüstungen oftmals wegen baldiger Ausmusterung nicht mehr sinnvoll. Hier müsste im Einzelfall durch Fachleute geprüft werden, ob eine sicherheitstechnische „Nachjustierung“ zu befürworten ist.4. Fazit: Empfehlung für Nachrüstungen im Fuhrpark der LHM
Wie vorstehend beschrieben ist der Fuhrpark der LHM – abgesehen von den beschriebenen wenigen Ausnahmen – bereits mit speziellen Abbiege-Assistenz-Systemen ausgestattet und bietet somit ein hohes Sicherheitsniveau.
Eine umfassende Nachrüstung mit radarbasierten Optik-/Akustik-Warnsystemen ist aus Sicht des Direktoriums (Vergabestelle 1) möglich und sinnvoll. Die Kosten hierfür liegen bei rund 2.000 bis 3.000 Euro.
Hingegen müssen sensorbasierte Nachrüst-Systeme, die bei Gefahr in das Bremssystem mit Sofortwirkung eingreifen, noch weiterentwickelt werden, um die Betriebssicherheit zu gewährleisten und ungewollte Bremsmanöver zu vermeiden. Diese Blockade-Systeme werden bedeutend
teurer sein als die oben genannten. Der diesbezügliche Markt wird von der Vergabestelle weiter beobachtet.
Von den vorstehenden Ausführungen bitte ich Sie Kenntnis zu nehmen und gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.