MÜNCHENSTIFT: Sonderstimmbezirke oder bewegliche Wahlvorstände bei Wahlen einrichten
Antrag Stadtrats-Mitglieder Sonja Haider und Tobias Ruff (ÖDP) vom 22.2.2019
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist.
Sie beantragen, dass „die MÜNCHENSTIFT GmbH gebeten wird, in ihren Häusern die Bewohnerinnen und Bewohner vor jeder Wahl zu befragen, ob sie wünschen an der Wahl teilzunehmen, und dann in Abstimmung mit dem Kreisverwaltungsreferat Sonderstimmbezirke einzurichten. Bei kleinen Häusern soll alternativ von der Möglichkeit beweglicher Wahlvorstände Gebrauch gemacht werden.“
Diese Angelegenheit betrifft vor allem das operative Geschäft der MÜNCHENSTIFT GmbH und fällt nicht in die satzungsgemäße Zuständigkeit der durch den Stadtrat vertretenen Gesellschafterin und somit des Oberbürgermeisters.
Dennoch möchte ich Ihr Anliegen vom 22.2.2019 gerne wie folgt per Brief in Abstimmung mit der MÜNCHENSTIFT GmbH und dem Wahlamt im
Kreisverwaltungsreferat beantworten:
Die Einrichtung von Sonderstimmbezirken bzw. die Bereitstellung von beweglichen Wahlvorständen richtet sich nach den Bestimmungen der jeweiligen Wahlordnung. Damit wird das Recht jeder Bürgerin und jedes Bürgers gesichert, sich am demokratischen Prozess beteiligen zu können. Für die Umsetzung der diesbezüglichen Vorgaben wird rechtzeitig vor jeder Wahl oder Abstimmung eine schriftliche Bedarfsabfrage bei allen Einrichtungen und Kliniken in München durch das Wahlamt durchgeführt.
Der bewegliche Wahlvorstand ist Teil eines normalen Wahlvorstandes und dieser muss während des Wahltages seinen regulär zugeteilten Stimmbezirk, d.h. das Wahllokal, verlassen, um in der Einrichtung in einem entsprechenden Zeitfenster die Stimmabgabe mit einem Wahlschein zu ermöglichen.
Erfahrungen aus der Bundestagswahl 2017 mit einem beweglichen Wahlvorstand haben gezeigt, dass das zeitweise Verlassen des Wahllokals eine unzumutbare, zusätzliche Belastung für den betroffenen Wahlvorstand darstellt und auch logistisch (z.B. Transport der Wahlurne) mit einem erheblichen zusätzlichen Aufwand für alle Beteiligten verbunden ist.
Ein Sonderstimmbezirk unterscheidet sich dagegen von einem beweglichen Wahlvorstand dadurch, dass dafür ein eigenes Gremium gebildet werden kann, das über mehrere (maximal vier) Einrichtungen hinweg tätig werden kann.
Das Wahlamt der Landeshauptstadt München wird daher im Bedarfsfall Sonderstimmbezirke bilden und auf den Einsatz von beweglichen Wahlvorständen verzichten. Auch die entsprechenden Wahlgesetze sehen vor, der Einrichtung eines Sonderstimmbezirkes den Vorzug vor einem beweglichen Wahlvorstand zu geben.
Es ist aber zwingend erforderlich, dass die Wählerinnen und Wähler, die von der Stimmabgabe im Sonderstimmbezirk Gebrauch machen möchten, vorher einen Wahlschein (ohne Briefwahlunterlagen) im Wahlamt beantragen. Die Antragstellung erfolgt über die jeweilige Einrichtungsleitung, die die entsprechenden Anträge erheben und weiterleiten muss.
In den Häusern der MÜNCHENSTIFT GmbH leben ca. 2.100 Bewohnerinnen und Bewohner. Ca. 70% sind demenziell verändert. Zunehmend ziehen ältere Menschen erst ein, wenn sie sich bereits in einer palliativen Situation befinden.
Die nach den Wahlgesetzen geforderte Abfrage und Antragstellung durch die jeweilige Einrichtung ist folglich äußerst schwierig und nur mit großem Aufwand umsetzbar.
Die Stimmabgabe per Briefwahl ist deshalb aus unserer Sicht die für alle Beteiligten praktikabelste Variante, zudem sie einen wesentlich längeren Zeitraum für die Wahlentscheidung und ggf. weitere erforderliche Informationen zu Kandidatinnen und Kandidaten eröffnet.
Daneben kann in den Einrichtungen Hilfestellung beim Zusammenstellen und Verpacken der Unterlagen angeboten werden.
In einigen Häusern der MÜNCHENSTIFT GmbH gibt es zudem – vor allem wegen der vorhandenen Barrierefreiheit – offizielle Wahllokale, die die Bewohnerinnen und Bewohner auch nutzen können. Wahllokale in den Einrichtungen werden prinzipiell wegen der Öffnung der Häuser ins Quartier sehr von der städtischen Gesellschaft und dem Sozialreferat begrüßt. Hierüber entscheidet aber das KVR.
Um aber den Bewohnerinnen und Bewohnern alle Optionen zur Teilnahme an einer Wahl anzubieten, wurde zur Europawahl am 26.5.2019 ein Sonderstimmbezirk über vier Einrichtungen der MÜNCHENSTIFT GmbH hinweg gebildet. Allerdings zeigte sich, dass nur wenige Bewohnerinnen und Bewohner von dieser Möglichkeit Gebrauch machten. Von möglichen 617 Personen gaben lediglich 46 Personen ihre Stimmzettel bei dem Sonderwahlvorstand ab.
Aus den genannten Gründen wird die MÜNCHENSTIFT GmbH auch künftig genau prüfen, ob für die Einrichtung eines Sonderstimmbezirkes ein entsprechender Bedarf besteht oder nicht.
Ich hoffe, auf Ihr Anliegen hinreichend eingegangen zu sein, und gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.