Ist eine schnelle und unbürokratische Hilfe für GBW-SozialmieterInnen möglich?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Anja Berger, Paul Bickelbacher, Herbert Danner, Gülseren Demirel, Katrin Habenschaden, Anna Hanusch, Jutta Koller, Dominik Krause, Sabine Krieger, Hep Monatzeder, Sabine Nallinger, Thomas Niederbühl, Dr. Florian Roth und Oswald Utz (Fraktion Die Grünen – rosa liste) vom 14.9.2018
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr.(I) Elisabeth Merk:
Mit Schreiben vom 14.9.2018 haben Sie gemäß Paragraph 68 GeschO folgende Anfrage an Herrn Oberbürgermeister gestellt, die vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung wie folgt beantwortet wird.
In Ihrer Anfrage führen Sie Folgendes aus:
„Gemäß Artikel 106 (2) der Bayerischen Verfassung ist die Förderung des Baues billiger Wohnungen Aufgabe des Staates und der Gemeinden – nicht jedoch deren Verkauf. Da alle BewohnerInnen Bayerns einen verfassungsgemäßen Anspruch auf eine angemessene Wohnung haben, sollte es selbsterklärend sein, dass es wenig Sinn macht, nur den Bau billiger Wohnungen zu fördern, sich aber nicht darum zu kümmern, dass diese Wohnungen auch dauerhaft leistbar bleiben.
Mit dem Verkauf der GBW-Wohnungen und den geltenden Regelungen zu den Mieterhöhungen der Wohnraumförderungsbestimmungen des Landes Bayern hat der Freistaat dafür gesorgt, dass für die MieterInnen von 1.064 Münchner Sozialwohnungen im Eigentum der GBW der verfassungsgemäße Anspruch auf eine angemessene – leistbare – Wohnung außer Kraft gesetzt wurde. Dass die bisherigen Regelungen nicht ausreichend waren, ist anscheinend auch dem Freistaat nicht ganz verborgen geblieben. Seit der Bekanntmachung vom 8.8.2018 gibt es bei den bayerischen Wohnraumförderungsbestimmungen 2012 zumindest eine kleine Mietpreisbremse.
Wir fragen daher:“
Frage 1:
Waren der Landeshauptstadt München die Regelungen in den Mietverträgen bekannt, die zu auf Dauer nicht mehr leistbaren Mieterhöhungen führen? Hätte die Landeshauptstadt München, wie von mancher Seite behauptet wird, im Rahmen der Vermittlung durch das Wohnungsamt auch auf die Mietvertragsgestaltung zwischen Mieter und GBW einwirken können? Wurden die vermittelten MieterInnen über die vertragsmäßigen Möglichkeiten künftiger Mieterhöhungen aufgeklärt?
Antwort:
Die Regelungen zur Zulässigkeit von Mieterhöhungen in den Objekten mit Einkommensorientierter Förderung (EOF), nämlich der Verweis auf die entsprechenden Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), waren sowohl dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung im Zuge der Bewilligung der EOF-Grundförderung an die Eigentümerin als auch dem Amt für Wohnen und Migration im Rahmen der Bewilligung der Einkommensorientierten Zusatzförderung – EOZF – an die Mieterinnen und Mieter bekannt.
Das Amt für Wohnen und Migration hatte im Rahmen der Vermittlung der EOF-Wohnungen an die Mieterinnen und Mieter keine Möglichkeit, auf eine Einschränkung der Mieterhöhungsmöglichkeiten gegenüber der GBW hinzuwirken, da hierfür keine Rechtsgrundlage bestand. Die Landeshauptstadt München ist im Vollzug des staatlichen Förderprogramms der EOF an die vom Freistaat Bayern festgelegten Förderbestimmungen gebunden.
Mit der Bestätigung für eine EOF-Wohnung erhielten alle Mieterhaushalte ein Informationsblatt über die ihnen zustehende einkommensorientierte Zusatzförderung. In dem Informationsblatt wird auch aufgeführt, dass sich die Zusatzförderung bei einer Mieterhöhung nach dem BGB nicht ändert. Ein entsprechender Hinweis befindet sich ebenfalls im Interneteintrag der Landeshauptstadt München zum Themenbereich „Geförderte Wohnung“, wo eine ausführliche Information zur EOZF hinterlegt ist.
Frage 2:
Nach Aussage der Landeshauptstadt München wurde erst mit der am 8.4.2015 ergänzten Regelung zu den Mieterhöhungen in der EOF (in Nr. 14.2 der Wohnraumförderungsbestimmungen 2012 – WFB2012) vom Freistaat Bayern die Rechtsgrundlage geschaffen, durch eine städtische Zusatzförderung eine einheitliche Anwendung der mieterfreundlichen städtischen Index-Mietanpassung für EOF-Wohnungen auf städtischen und privaten Grundstücken mit einer Sozialbindung vereinbaren zu können. Wie hoch ist die städtische Zusatzförderung seit 8.4.2015 und in welchem Verhältnis steht sie zur Förderung des Freistaats?
Antwort:
Nachdem die staatlichen Fördermittel allein nicht ausreichen, um die Zielzahlen des Stadtrates für den geförderten Mietwohnungsbau für die unteren Einkommensgruppen zu erreichen, fördert die Landeshauptstadt München schon seit der Einführung der EOF im Jahr 2001 mit eigenen Mitteln im Rahmen einer sogenannten „Kofinanzierung“auch bei nicht städtischen Grundstücken in der EOF mit. Die Kofinanzierung erfolgte hier im Rahmender Regelungen der staatlichen Förderung (Mieterhöhung nach BGB). Dazu übernimmt sie in der Regel bis zu 50 Prozent des sogenannten objektabhängigen Darlehens in der jeweils festgelegten Höhe. Aktuell beträgt das objektabhängige Darlehen maximal 1.000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche, so dass der städtische Anteil bei maximal 500 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche liegt.
Die übrige Förderung, also mindestens 500 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche für das objektabhängige Darlehen, weitere 600 bis 820 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche im sogenannten belegungsabhängigen Darlehen, dessen Höhe vom Einkommen des Förderhaushaltes abhängig ist, sowie 300 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche als Zuschuss werden aus dem Kontingent der zugewiesenen staatlichen Fördermittel finanziert. Für eine EOF-Wohnung mit einer Wohnfläche von 70 Quadratmetern für einen Haushalt der Einkommensstufe I beträgt die gesamte Förderung also gerundet 148.000 Euro, wovon ca. 35.000 Euro (ca. 24 Prozent) auf die Landeshauptstadt München und ca. 113.000 Euro (ca. 76 Prozent) auf staatliche Mittel entfallen.
Die städtische Kofinanzierung berechtigte die Landeshauptstadt München aber erst ab dem Förderjahr 2015 dazu, auch auf nicht städtischen Grundstücken die mieterfreundliche städtische Mietanpassungsregelung anzuwenden. Zuvor – und damit auch bei der Adams-Lehmann-Straße 83-95 – stand dem die gesetzliche Regelung in den staatlichen Wohnraumförderungsbestimmungen entgegen.
Frage 3:
Nach Auskunft der Verwaltung hat sich der Oberbürgermeister in einem Brief an Staatsministerin Ilse Aigner gewandt, um eine Lösung für diesen und ähnlich gelagerte Fälle zu finden. Bisher bekannt ist, dass sich der Freistaat außerstande sieht, die von regelmäßigen Mieterhöhungen gebeutelten BewohnerInnen der vor zehn Jahren einkommensorientiert geförderten Wohnungen zusätzlich zu unterstützen. Dass den 1.064 betroffenen Mieterhaushalten schnell und unbürokratisch geholfen werden muss, ist offenkundig. Hat die Verwaltung Informationen darüber, dass der Freistaat an einer mieterfreundlichen Lösung für die durch den Verkauf verursachten und in der Sozialcharta unberücksichtigten Probleme arbeitet – beispielsweise durch einen Rückkauf, einen Fonds oder ein Angebot preiswerter Wohnungen des Freistaats?
Antwort:
Dem Referat für Stadtplanung als auch dem Kommunalreferat liegen derzeit über etwaige Maßnahmenpakete des Freistaats für eine mieterfreundliche Lösung keine Informationen vor.
Frage 4:
Mittlerweile sind sogar München-Modell-Wohnungen preiswerter als die GBW-Sozialwohnungen. Gibt es von Seiten der Stadt in Kooperation mit dem Freistaat die Möglichkeit, den von Verdrängung betroffenen SozialmieterInnen, die oft auch in Mangelberufen arbeiten, Wohnungen aus dem eigenen Bestand anzubieten?
Antwort:
Die tatsächliche Mietbelastung bei den EOF-Wohnungen der GBW liegt aufgrund des einkommensabhängigen Zuschusses für die Haushalte der Einkommensstufen I und II durchschnittlich noch unter 10,00 Euro pro Quadratmeter. Sie sind somit nicht teurer als München-Modell-Wohnungen, bei denen aktuell die Anfangsmiete für die ersten fünf Jahre zwischen 10,50 Euro und 11,50 Euro je Quadratmeter Wohnfläche (Netto-Kaltmiete) im Monat liegt (beim München Modell-Miete erhalten die Mieterhaushalte keinen Zuschuss).
Bei sozialen Dringlichkeitsfällen besteht für die Mieterinnen und Mieter die Möglichkeit, sich für eine geförderte Wohnung zu bewerben. Die Wohnungsvergabe erfolgt seit dem 20.10.2017 über die Wohnungsplattform „Soziales Wohnen online“ (SOWON). Die Stadt München hat einen Bestand von ca. 71.000 Wohnungen, die über das Amt für Wohnen und Migration vergeben werden, darunter ca. 43.000 Sozialwohnungen in der Bindung. Von diesen Wohnungen stehen jährlich ca. 3.000 Wohnungen, die nach Dringlichkeit vergeben werden, zur Belegung zur Verfügung. Allerdings waren zum Stichtag 31.8.2018 insgesamt 10.642 Haushalte in Rangstufe 1 (höchste Dringlichkeit) für eine Wohnung vorgemerkt. Eine bevorzugte Vergabe an EOF-Mieterhaushalte aus dem Bestand der GBW würde bedeuten, dass Haushalte, deren Wohnraumversorgung aufgrund ihrer speziellen Situation, zu der auch andere als finanzielle Kriterien zählen, zurückstehen müssten.