Pilotprojekt „Hilfepunkte“
Antrag Stadtrats-Mitglieder Professor Dr. Jörg Hoffmann, Dr. Michael Mattar, Gabriele Neff, Thomas Ranft und Wolfgang Zeilnhofer (Fraktion FDP – HUT) vom 11.1.2019
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt dieses Antrages betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Zu Ihrem Antrag vom 11.1.2019 teile ich Ihnen aber Folgendes mit:
Die Projekte „Ich sage Halt“, „Kelly-Inseln“, „Notinseln“ und „Gute Fee“ wurden dem Stadtjugendamt bereits in den Jahren 2005-2009 vorgestellt. Sie werden andernorts als Angebot für Kinder und Jugendliche in stark konfliktreichen Situationen angeboten.
Dazu wurden jeweils Stadtratsanträge gestellt, die darauf abzielen, in München flächendeckend ein System niedrigschwelliger Anlaufstellen für Mädchen und Jungen einzurichten, wenn sie auf ihren Wegen im Alltag in Bedrängnis oder Not geraten und sich allein nicht zu helfen wissen.
Kinder werden in Gefährdungssituationen überfordert, wenn sie erst auf die Suche nach einem Geschäft gehen müssen, das sich entsprechend ausgezeichnet hat und einen Aufkleber an der Tür hat. Eine Betreuung und Schulung des häufig wechselnden Personals setzt für Kinder und Jugendliche ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis, besondere Eignung, Einhaltung der Münchner Vereinbarung zum Kinderschutz, Bewältigung von unterschiedlichsten Konfliktsituationen usw. voraus.
Die Kriminalstatistik zeigt, dass Übergriffe meistens durch Personen stattfinden, die aus dem unmittelbaren Umfeld kommen. So sollten lieber bestehende und bewährte Konzepte wie das der Polizei („aufgschaut“) weiter gefördert und ausgebaut werden. Dabei werden Ziele wie Stärkung des Selbstbewusstseins, Selbstvertrauen, richtiger Umgang mit verbaler, psychischer und physischer Gewalt, sinnvolles Verhalten bei sexueller Gewalt und Zivilcourage gesetzt, die bestens geeignet sind, Kinder in München zu stärken. „Aufgschaut“ ist nur ein Beispiel, diverser Präventionsprojekte,welche die „Arbeitsgemeinschaft Münchner Fachstellen“ zur Prävention und Hilfen für Kinder bei sexueller Gewalt anbietet. Die dort aufgeführten unterschiedlichen Kooperationspartner haben umfassende Angebote im Bereich der Mobilen Beratung und Information (Vorträge,
Elternabende zur verhaltensorientierten Prävention), Theaterprojekte für Kindergärten, Grundschulen, Fortbildungen von Erzieherinnen und Erziehern, Pädagoginnen und Pädagogen, Psychologinnen und Psychologen u.a., Elterntelefone und Aktionen wie „sichere Bäder für unsere Kinder“ und die „sichere Wiesn“ sowie das Bundesprojekt „Trau Dich“.
Ich sehe es nicht als realistisch an, Läden, Einrichtungen, öffentlich und niedrigschwellig erreichbare Stellen für ein Schutzangebot für alle Personengruppen zu gewinnen und zu schulen. Es ist auch fraglich, ob und wie so ein Angebot in der Öffentlichkeit vermittelt werden kann, ohne in Widersprüche und Konkurrenz zu den bestehenden Unterstützungsangeboten zu geraten.
In dem Projekt in Paderborn, auf das Sie sich beziehen, sind Hilfepunkte für Kinder und Jugendliche in akuten Konfliktsituationen vorgesehen. In Ihrem o.a. Antrag beziehen Sie sich jedoch nicht nur auf Anlaufstellen für Kinder und Jugendliche, sondern es sollen Hilfepunkte in Kooperation mit Gewerbe-, Bildungseinrichtungen, Behörden etc. für schutzsuchende Personen jeden Alters und Geschlechts probeweise für ein Jahr eingerichtet werden.
Seitens des Sozialreferates bestehen aus den Erfahrungen heraus mit Konfliktsituationen im öffentlichen Raum, für die das Allparteiliche Konfliktmanagement in München (AKIM) zuständig ist, große Bedenken, wie ein so breites Hilfeangebot sinnvoll angeboten werden kann. Die einzurichtenden Schutzpunkte müssten im Umgang mit einer extrem breiten Palette von Konfliktsituationen geschult sein: Angefangen vom Eingreifen im akuten und eskalierten Konfliktfall mit körperlicher Gewaltandrohung oder -ausübung bis hin zu Themen wie Kindesmissbrauch, psychischer Gewalt, Schutz vor Kälte, Hunger, Folgen von Drogenmissbrauch, Übergriffen von Pflege- und Betreuungspersonen etc.
Über die Einrichtungen der Münchener Altenhilfe, z. B. die Alten- und Service-Zentren (ASZ) besteht ein niederschwelliges Netz an Beratungs- und Unterstützungsleistungen für Seniorinnen und Senioren. Allerdings können auch dort die Kompetenzen im Bereich der Qualifikation für ernsthafte Konfliktsituationen noch weiter ausgebaut werden.Wie bereits ausgeführt, sollten deshalb bestehende und bewährte Präventionskonzepte unterstützt werden. Ich hoffe, auf Ihr Anliegen hinreichend eingegangen zu sein. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.