Wie weit ist die Lokalbaukommission auf dem Weg ins Digitale Zeitalter?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Paul Bickelbacher, Herbert Danner, Katrin Habenschaden, Anna Hanusch, Angelika Pilz-Strasser und Sebastian Weisenburger (Fraktion Die Grünen – rosa liste) vom 21.2.2019
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr.(I) Elisabeth Merk:
Mit Schreiben vom 21.2.2019 haben Sie gemäß §68 GeschO folgende Anfrage an Herrn Oberbürgermeister gestellt, die vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung wie folgt beantwortet wird.
Für die gewährte Fristverlängerung vom 20.3.2019 bedanken wir uns.
In Ihrer Anfrage führen Sie aus, dass die Beschleunigung und Vereinfachung von Abläufen im Referat für Stadtplanung und Bauordnung – Lokalbaukommission ein erklärtes Ziel der Stadt München ist und der Stadtrat dafür entsprechende Mittel zur Verfügung gestellt hat, insbesondere für eine verstärkte Digitalisierung von Abläufen.
Grundsätzlich kann dazu Folgendes ausgeführt werden:
Bereits seit mehreren Jahren wird im Referat für Stadtplanung und Bauordnung, HA IV – Lokalbaukommission (LBK) sowohl an der Digitalisierung der Bauakten (Teilprojekt BauDI) als auch an der Implementierung der elektronischen Einreichung von Bauanträgen (Teilprojekt „Bauantrag Online“– BAO) gearbeitet. Im Laufe der Zeit sind weitere Teilprojekte hinzugekommen, wie elektronische Akteneinsicht, Bauherrenauskunft, ausschließlich elektronische Sachbearbeitung, Aktenführung und Fachstellenbeteiligung. Ziel ist eine vollständig digitale Einreichung, Sachbearbeitung, Durchführung der Beteiligungsverfahren, Bescheidserlass und Akteneinsicht/ Auskunft. Bis zur Zielerreichung sind allerdings noch einige technische, organisatorische und rechtliche Hürden zu überwinden, da das Baugenehmigungsverfahren aus verschiedenen Gründen besonders komplex ist: es sind auf Seiten des Antragstellers und auf Seiten der Genehmigungsbehörde immer mehrere Personen oder Stellen beteiligt, es müssen große Datenmengen und ungewöhnliche Formate (Planunterlagen in unterschiedlichsten Größen) ver- und bearbeitet werden und die Baugenehmigungsverfahren können nur in geringem Umfang standardisiert werden, weil jeweils die konkreten Umstände in der räumlichen Situierung berücksichtigt werden müssen. Aktuell ist für den Baugenehmigungsbescheid zudem gesetzlich ausdrücklich keine elektronische Form zulässig.Die konkreten Fragen zum Sachstand können wie folgt beantwortet werden:
Frage 1:
Wie weit ist der Freistaat Bayern beim Projekt „digitaler Bauantrag“ und gibt es bereits Pilotprojekte zur Umsetzung, an den die Stadt München sich beteiligt?
Antwort:
Der Freistaat Bayern hat beim Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr (StMB) eine Projektgruppe „digitaler Bauantrag“ ins Leben gerufen. Ziel dieser Projektgruppe ist unter anderem eine Cloud-Lösung für einen gemeinsamen Datenaustausch aller Beteiligten im Baugenehmigungsverfahren (Antragsteller, Bauaufsicht, beteiligte Fachstellen, gemeindliches Einvernehmen, etc.). Dabei wird darauf geachtet, dass die angebotenen Formulare mit den Fachverfahren kompatibel sind, die in den bayerischen Bauaufsichtsbehörden nach einer Abfrage des StMB am häufigsten verwendet werden. Unter anderem auch das in der Landeshauptstadt München seit ca. 20 Jahren verwendete Fachverfahren ProLBK der Firma OTS.
Um die Funktionstüchtigkeit der Plattform zu prüfen, sollen zunächst 15 Landratsämter in einem Pilotprojekt die digitale Einreichung anbieten. Diese technischen Angebote sollen unterstützt werden durch rechtliche Regelungen, die die elektronische Einreichung erleichtern sollen. Diese werden in der Pilotphase zunächst auf untergesetzlicher Ebene als Rechtsverordnung umgesetzt. Der genaue Inhalt der Regelungen steht noch nicht fest. Mögliche Regelungsthemen sind neben technischen Vorgaben zu Dateiformaten das Schriftformerfordernis für den Genehmigungsbescheid, Änderungen der Bauvorlagenverordnung und die Nachbarbeteiligung. Die LBK hat gegenüber dem StMB den Wunsch geäußert, an diesem Pilotprojekt zumindest im Hinblick auf die rechtlichen Vorgaben teilzunehmen. Dies wurde seitens des StMB auf Arbeitsebene positiv gesehen, eine endgültige Entscheidung über das Ob und die genaue Ausgestaltung steht noch aus. Ob eine Teilnahme auch an der Plattform sinnvoll ist, ist noch offen, da in der Landeshauptstadt München bereits die Möglichkeit geschaffen wurde, über einen eigenen Formularserver online einzureichen.
Frage 2:
Werden schon jetzt Bauantragspläne zusätzlich zur Abgabe mit original Unterschriften auch als PDF übergeben, oder müssen alle Pläne nachträglich eingescannt werden?Hat die Stadt eine Handhabe, die – im Augenblick noch zusätzliche – digitale Einreichung zu fordern?
Antwort:
Aktuell werden in dem Pilotprojekt BAO einzelne Anträge parallel zum Papierweg auch elektronisch im vorhandenen Online Service Portal (OSP) eingereicht. Die am häufigsten gebrauchten Formulare des StMB und der LBK werden auf einem Web-Portal angeboten und können dort ausgefüllt werden. Fotos, Pläne und andere Anlagen können darüber hinaus einzeln online nachgereicht werden.
Um eine höhere Akzeptanz bei den Antragstellerinnen und Antragstellern zu erreichen, sind noch einige Anforderungen bei den online-Anträgen umzusetzen, z.B. größere Datenanhänge als 15 MB insgesamt, eine Adressvervollständigung aus dem Geodatenservice oder ein längeres Zwischenspeichern. Im aktuellen Umsetzungsstand ist der BAO zwar nutzbar, wird aber noch nicht offensiv beworben. Aufgrund der geltenden Rechtslage und der technischen Rahmenbedingungen werden aktuell zusätzlich unterschriebene Unterlagen gefordert. Technisch greift diese Lösung auf folgende Basiskomponenten und andere Services der Landeshauptstadt München zurück:
Formularserver, Integrationskomponente zwischen Online-Service-Portal und Fachverfahren, Webservice zur Übermittlung von Dateianhängen, Fachverfahren ProLBK.
Nach aktueller Rechtslage kann eine digitale Einreichung von Bauanträgen nicht gefordert werden. Hierzu wäre eine Änderung der Bayerischen Bauordnung nötig. In der Hessischen Bauordnung (HessBO) gibt es bereits eine entsprechende Regelung (§ 62 Abs. 4 und 5 Hess-BO). Die elektronische Einreichung wird dort nicht unmittelbar durch Gesetz vorgeschrieben, sondern kann von der Bauaufsichtsbehörde verlangt werden. Der Vorteil einer solchen Regelung ist, dass unterschiedliche Geschwindigkeiten bei den einzelnen Bauaufsichtsbehörden ermöglicht werden und dass für besondere Fallgruppen Ausnahmen gemacht werden können. Solche Ausweichmöglichkeiten erleichtern die Umstellung von Verfahrensprozessen erheblich, weil nicht vom ersten Augenblick an jeder mögliche Sonderfall bedacht werden und lösbar sein muss. Seitens des Referats für Stadtplanung und Bauordnung wurde dementsprechend auch eine vergleichbare Regelung schon vorgeschlagen.
Frage 3:
Die Anhörung der Bezirksausschüsse erfolgt ja ohne original Planeintragung. Welche Konzepte gibt es, um den Versand der Planunterlagen in digitaler Form umzusetzen und wann könnte diese zur Verfügung stehen?
Antwort:
Seit 1.4.2019 gibt es in einem Pilotteam der LBK einen Probelauf für die digitale Bearbeitung von Bauanträgen. Im Rahmen dieses Probelaufs sollen auch die zuständigen Bezirksausschüsse der Stadtbezirke 14 und 15 digital beteiligt werden. Nach erfolgreichem Abschluss des Probelaufs soll das Verfahren auf alle Teams in der LBK und somit alle Bezirksausschüsse ausgeweitet werden. Ein konkreter Zeitpunkt hierfür kann derzeit noch nicht genannt werden, da dies vom Verlauf der Testphase abhängt.
Frage 4:
Gibt es bereits Stellen in der LBK, die sich mit diesen Prozessen beschäftigen und Vorschläge erarbeiten, und wie ist die Schnittstelle zum IT-Referat organisiert?
Antwort:
Wie oben bereits dargestellt, wird im Referat für Stadtplanung und Bauordnung bereits in mehreren Teilprojekten an einer vollständigen Digitalisierung der Baugenehmigungsverfahren gearbeitet. In den jeweiligen Projekt- und Arbeitsgruppen sind alle betroffenen Stellen beteiligt, also insbesondere die EDV-Bereiche des Referats und der LBK für die technische Umsetzung, der Grundsatzbereich der LBK für die rechtlichen und organisatorischen Fragen und die betroffenen Fachbereiche Antragsbüro/ Scanstelle und ein Pilotteam aus einem Baubezirk für die Umsetzung im Echtbetrieb.
Das dezentrale Informations-, Kommunikations- und Anforderungsmanagement (dIKA) des Referates für Stadtplanung und Bauordnung ist zudem in intensivem Kontakt mit dem IT-Referat zum Thema „Digitalisierung“. Das dIKA organisiert und koordiniert die Beteiligung an Informationsveranstaltungen sowie an Pilotprojekten.
Frage 5:
Sind die Stellen zur Erfassung und Archivierung von Plänen alle besetzt? Wie ist der Stand der Umsetzung?
Antwort:
Die Vollversammlung des Stadtrats hat am 17.12.2014 (Vorlage-Nr. 14 - 20/V 00469) die Umsetzung des Projekts „Digitalisierung der Bauakten für das Referat für Stadtplanung und Bauordnung – Hauptabteilung IV und Implementierung in den Arbeitsalltag“ beauftragt. Hierfür wurden sechs sukzessive zu besetzende Stellen für die Digitalisierung bewilligt. Damit wurde Mitte 2016 für eine Pilotphase zum Aufbau einer zentralen Digitalisierstelle begonnen, die seit 1.1.2018 in Betrieb ist. Bis Ende März 2019 war die Digitalisierstelle aufgrund Schwierigkeiten bei der Stellenbesetzung und Langzeiterkrankungen seitdem mit ca. 3,5 Vollbeschäftigtenäquivalenten besetzt. Aktuell konnten im April/Mai 2019 nach einem gescheiterten Ausschreibungsverfahren zwei weitere Dienstkräfte gewonnen werden, so dass nun 5 Vollbeschäftigtenäquivalente für die Aufgabenstellung vorhanden sind. Geprüft wird derzeit, ob temporär noch Unterstützung durch eine Zeitarbeitskraft erfolgen kann.
Aufgrund der Personalsituation konnten die Prozesse zum Digitalisieren von Altakten zwar erarbeitet und in der Praxis getestet, jedoch noch nicht flächendeckend für alle Teams gleichermaßen umgesetzt werden.
Bis Ende des Jahres werden die Prozesse für das Digitalisieren von neu eingehenden Unterlagen („vorgelagertes Scannen“) erprobt und evaluiert