(18.1.2019 – teilweise voraus) Anlässlich der Berichterstattung in Münchner Merkur und tz unter dem Titel „Sauerei auf dem Schlachthof“ informiert das Kreisverwaltungsreferat, dass die geschilderten Vorgänge am Morgen des 10. Januar in der Schweineschlachtung München GmbH Gegenstand umfassender behördlicher Ermittlungen sind. Im Raum stehen massive Verstöße gegen das Tierschutzrecht in 653 Fällen und gegen das Fleischhygienerecht wegen des versuchten Inverkehrbringens von Schweinefleisch ohne zwingend vorgeschriebene amtliche Schlachttieruntersuchung.
Gemäß der EU-rechtlichen und nationalen Vorgaben muss bei der Schlachtung von Tieren eine amtliche Schlachttieruntersuchung sowie eine amtliche Fleischuntersuchung durchgeführt werden. Die amtliche Schlachttieruntersuchung erfolgt vor der eigentlichen Schlachtung bei der Anlieferung und dem Entladen der Tiere oder auch in den Warteställen und muss durch einen amtlichen Tierarzt erfolgen. Der Gesetzgeber fordert mindestens einen amtlichen Tierarzt, der während der gesamten Schlachtung anwesend ist. In München werden über die Vorgaben hinaus immer mindestens zwei amtliche Tierärzte eingesetzt, dabei übernimmt ein amtlicher Tierarzt die amtliche Schlachttieruntersuchung und einer die amtliche Fleischuntersuchung. In München wird die Position der amtlichen Schlachttieruntersuchung auf Beschluss des Stadtrats nach Möglichkeit mit sogar zwei amtlichen Tierärzten besetzt. Diese auch als Lebendbeschau bezeichnete Kontrolle dient sowohl dem Tierschutz der Schlachttiere als auch dem Verbraucherschutz, da hierdurch zum Beispiel erkrankte Tiere erkannt werden können, die für die Lebensmittelgewinnung nicht geeignet sind.
Am 10. Januar 2019 wurde am Schlachthof München der überwiegende Anteil der Schlachtschweine ohne die vorgeschriebene Schlachttieruntersuchung geschlachtet. Für die Position war an diesem Tag regulär aus Kapazitätsgründen nur eine amtliche Tierärztin eingeplant. Diese erkrankte kurzfristig und konnte deshalb nicht wie vorgesehen um 3.30 Uhr ihren Dienst antreten. Ohne die gesetzlich vorgeschriebene Schlachttieruntersuchung, die eine Anwesenheit eines amtlichen Tierarztes zwingend voraussetzt, darf nicht geschlachtet werden. Das ist den Betreibern selbstverständlich bekannt. Eine Information über die nicht besetzte Position erfolgte nicht – auch nicht an den ab 5 Uhr anwesenden amtlichen Tierarzt im Reinbereich des Schlachtbetriebs, der für die amtliche Fleischuntersuchung eingeteilt war. Es wurde wie üblich um 4.30 Uhr mit dem Schlachtbetrieb begonnen. Das kam so noch nie vor. Bei einem vergleichbaren Ereignis am 23. März 2018, bei dem sich die amtliche Tierärztin verspätete, wartete der Schlacht- betrieb wie vorgeschrieben mit dem Schlachtbeginn bis zum Eintreffen der amtlichen Tierärztin. Die Dokumentation der Dienstzeiten erfolgt vollständig, somit ist eine umfassende Überprüfung der Einsätze möglich. Die Leitung der Unterabteilung Fleischhygienekontrollen des Veterinärwesens erfuhr in einer turnusmäßigen Besprechung mit dem Geschäftsführer der Schweineschlachtung München GmbH um 7.35 Uhr von diesem, dass er gesetzeswidrig die Schweineschlachtung ohne amtlichen Tierarzt begonnen hat.
Daraufhin wurde schnellstmöglich ein amtlicher Tierarzt für die amtliche Schlachttieruntersuchung bereitgestellt, sodass ab 8 Uhr noch 46 Schweine rechtskonform für die Lebensmittelgewinnung geschlachtet werden konnten. Die Schlachtzahl betrug insgesamt 699.
Gemäß Artikel 5 in Verbindung mit Anhang I Abschnitt II Kapitel V Nummer 1 Buchstabe a) der VO (EG) Nr. 854/2004 ist Fleisch für genussuntauglich zu erklären, wenn es von Tieren stammt, die keiner Schlachttieruntersuchung unterzogen wurden. Gemäß den geltenden Vorgaben des Tierischen-Nebenprodukte-Rechts handelt es sich um enstorgungspflichtiges Tierisches-Nebenprodukte-Material. Nach unseren Kenntnissen wurden die Tierkörper verbrannt. Eine andere Verwendung ist wegen der fehlenden Schlachttieruntersuchung gesetzlich nicht möglich.
Die Verantwortung, dass die Schlachtkörper entsorgt werden mussten und nicht mehr als Lebensmittel verwendet werden durften, liegt beim Schlachthofbetreiber. Gemäß Artikel 5 in Verbindung mit Anhang I Abschnitt II Kapitel V Nummer 1 Buchstabe a) der VO (EG) Nr. 854/2004 mit besonderen Verfahrensvorschriften für die amtliche Überwachung von zum menschlichen Verzehr bestimmten Erzeugnissen tierischen Ursprungs ist Fleisch für genussuntauglich zu erklären, wenn es von Tieren stammt, die keiner Schlachttieruntersuchung unterzogen wurden.
Über die Vorfälle des 10. Januar und die rechtliche Einschätzung war und ist die Regierung von Oberbayern als zuständige Aufsichtsbehörde zu jedem Zeitpunkt informiert.