Kippt der Planungswettbewerb Münchner Nordosten wegen Verfahrensfehlern?
Antrag Stadtrats-Mitglieder Johann Altmann, Dr. Josef Assal, Eva Caim, Richard Progl, Mario Schmidbauer und Andre Wächter (Fraktion Bayernpartei) vom 14.6.2019
Antwort Stadtbraurätin Professorin Dr.(I) Elisabeth Merk:
Die Stadtratsfraktion der Bayernpartei hat am 14.6.2019 einen Antrag mit der oben genannten Frage zur dringlichen Terminierung in der nächsten Sitzung des Ausschusses für Stadtplanung und Bauordnung gestellt. Im Ausschuss am 3.7.2019 hat die Stadtratsfraktion den Antrag umgestellt und daraus einen Antrag auf Dringlichkeit gemacht.
Ich habe hierzu mündlich inhaltliche Ausführungen gemacht und eine schriftliche Beantwortung in der darauffolgenden Woche noch vor der Preisgerichtssitzung zugesagt, die hiermit erfolgt.
Gegenstand Ihres an den Oberbürgermeister gerichteten Antrags ist die konkrete Ausgestaltung einzelner Elemente des sich in Durchführung befindlichen Ideenwettbewerbs für den Münchner Nordosten. Der Stadtrat hat mit Beschluss vom 13.2.2019 das Referat für Stadtplanung und Bauordnung beauftragt, einen EU-weiten offenen zweistufigen städtebaulichen und landschaftsplanerischen Ideenwettbewerb durchzuführen und dabei die Öffentlichkeit und die Eigentümerschaft in das Verfahren einzubinden.
Vorbemerkung
Dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung ist die direkte und unmittelbare Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern in der Stadtplanung sehr wichtig. Dementsprechend werden bei städtebaulichen Wettbewerben in der Regel Beteiligungen der Bürgerinnen und Bürger durchgeführt. Bei stadtpolitisch besonders bedeutsamen Planungen finden dabei Beteiligungen nicht nur vor und nach dem Wettbewerbsverfahren, sondern auch zwischen zwei Wettbewerbsstufen statt, um den planenden Büros wertvolle Hinweise unmittelbar aus der interessierten Bürgerschaft für die weitere Bearbeitung zu geben und die Öffentlichkeit regelmäßig zu informieren. Vergleichbare Verfahren werden auch in anderen Städten durchgeführt und sind jeweils mit der zuständigen Architektenkammer abgestimmt.
Bei sämtlichen in dieser Art und Weise bisher von der Landeshauptstadt München durchgeführten städtebaulichen Planungsverfahren konnten alle Wettbewerbe oder vergleichbare Verfahren erfolgreich abgeschlossen werden.In dem aktuell laufenden Ideenwettbewerb wurde die geplante Art und der geplante Umfang der beabsichtigten Beteiligungen bereits mit der EU-weiten Wettbewerbsbekanntmachung der Auslobung im April 2019 allen interessierten Büros frühzeitig transparent dargestellt. Es lagen und liegen auch aktuell keine Anhaltspunkte vor, dass am Wettbewerb teilnehmende Büros an dem kommunizierten Vorgehen Anstoß nehmen würden. Dies gilt auch für alle anderen Fragestellungen, die von der Kanzlei Kraus, Sienz & Partner aufgeworfen worden sind.
Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung nimmt diese Fragestellungen aber sehr ernst, da sie im Kern die ganz wesentliche Fragestellung umfasst, inwieweit die Landeshauptstadt München ihre Bürgerinnen und Bürger – gerade auch zukünftig – in stadträumlich bedeutsame Entwicklungen aktiv und unmittelbar mit einbeziehen und informieren kann. Dies ist von erheblicher Relevanz für die Arbeit des Referates und des Stadtrates. Entsprechend wird das Referat für Stadtplanung und Bauordnung sicherstellen, dass die Bürgerinnen und Bürger sowie die Eigentümerschaft sich über die Zwischenergebnisse informieren und ihre Anregungen in das Verfahren auch einbringen können. Das Verfahren wird dabei so ausgestaltet, dass mögliche rechtliche Risiken weitestgehend gemindert oder vermieden werden können.
Zu den im Antrag gestellten Fragen nimmt das Referat für Stadtplanung und Bauordnung deshalb wie folgt Stellung:
Frage 1:
Liegt der LH München ein Gutachten der Kanzlei Kraus, Sienz & Partner zum Münchner Nordosten vor? Wenn ja, wie schätzt die Stadt den Inhalt ein?
Antwort:
Ja, das Papier liegt vor. Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung hat deshalb eine renommierte Rechtsanwaltskanzlei beauftragt, den Inhalt zu prüfen. Im Ergebnis führt die Rechtsanwaltskanzlei hierzu Folgendes sinngemäß aus:
Die Ausloberin ist die sog. „Herrin des Planungswettbewerbs“ und darf willkürfrei über die Teilnahme- und Wettbewerbsbedingungen entscheiden. Weder ein Planungsbüro, noch ein Gericht und erst recht kein Preisrichter hat einer Ausloberin Vorgaben zu machen, wie sie ihre Teilnahme- undWettbewerbsbedingungen zu gestalten hat. Die Ausloberin darf willkürfrei von einzelnen Regelungen der RPW 2013 abweichen. In § 2 Abs. 4 RPW 2013 ist explizit geregelt, dass eine Ausloberin von einzelnen Regelungen der RPW 2013 abweichen darf. Vorliegend hat die Architektenkammer durch die Registrierung bestätigt, dass die vorliegenden – von der Ausloberin ausgearbeiteten – Teilnahme- und Wettbewerbsbedingungen der RPW 2013 entsprechen. Die Ausloberin hat die Teilnahme- und Wettbewerbsbedingungen willkürfrei ausgearbeitet. Vorliegend sprechen gute Gründe dafür, dass die Ausloberin die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Transparenz, der Verhältnismäßigkeit und des Wettbewerbs gewahrt hat.
Frage 2:
Gibt es möglicherweise Verfahrensfehler beim Wettbewerb Münchner Nordosten?
Antwort:
Es liegen – wie oben dargestellt – keine stichhaltigen Anhaltspunkte für Verfahrensfehler vor. Zu der Durchprüfung von (städtebaulichen) Planungsverfahren im Allgemeinen und zu den von uns konkret erstellten Teilnahme- und Wettbewerbsbedingungen im Besonderen liegen aber nur sehr wenig – insbesondere keine einschlägigen – höchstrichterlichen Rechtsprechung vor. Als Folge kann ein Restrisiko bei planerischen Wettbewerben nicht zur Gänze ausgeschlossen werden.
Frage 3:
Verstößt eine Bürgerbeteiligung während eines laufenden Wettbewerbs gegen das Vergaberecht? Plant die LH München eine Bürgerbeteiligung während des Wettbewerbs Münchner Nordosten?
Antwort:
Gemäß den Ausführungen im Beschluss des Stadtrates vom 13.2.2019 beabsichtigt das Referat für Stadtplanung und Bauordnung, sowohl vor, in der Mitte als auch nach Abschluss des Wettbewerbs die interessierte Bürgerschaft sowie die betroffenen Eigentümerinnen und Eigentümer zu beteiligen (Vortrag der Referentin, Buchstabe B, Ziffer 3).
Selbstverständlich wird das Referat für Stadtplanung und Bauordnung die Beteiligungsphase in der Mitte des Verfahrens weiterhin so ausgestalten, dass die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Transparenz, der Verhältnismäßigkeit und des Wettbewerbs insbesondere gegenüber den teilnehmenden Büros gewahrt bleiben. Im Ergebnis dürfen weder die teilnehmenden Büros noch die Mitglieder des Preisgerichts an der Öffentlichkeitsveranstaltungen sowie der Eigentümerveranstaltung teilnehmen. Ebenfalls mussdie Vertraulichkeit der Leistungen bestmöglich gewährleistet werden (u.a. mit der Restriktion, dass die Arbeiten bis zum Abschluss des Wettbewerbs nicht fotografiert oder publiziert werden dürfen).
Frage 4:
Sind oder werden Büros, die bereits im Vorfeld an Planungen für den Münchner Nordosten gearbeitet haben, zum Wettbewerb eingeladen?
Antwort:
Die im Beschluss des Stadtrates vom 13.2.2019 genannten Büros wurden zur Teilnahme am Wettbewerb aufgefordert. Darunter befinden sich auch zwei Büros, die bereits früher im Auftrag der Landeshauptstadt München für den „Münchner Nordosten“ gearbeitet haben.
Dies ist jedoch rechtlich vertretbar, soweit der öffentliche Auftraggeber den Wissensvorsprung ausgleicht und die Fristen angemessen festgelegt hat, damit die anderen nicht vorbefassten Unternehmen den Wissensvorsprung auch ausgleichen können. Dies ist durch die Ausgestaltung der Auslobung sowie den mit der Auslobung bereitgestellten Anlagen (bisherige Planungsunterlagen, Fachgutachten etc.) geschehen.
Frage 5:
Wie schätzt die städtische Rechtsabteilung die Situation ein in Bezug auf mögliche Verfahrensfehler, drohende Klagen gegen die LHM, drohende Schadenersatzforderungen gegen die LHM?
Antwort:
Es sind dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung weder Rügen wegen Verfahrensfehler, noch Klagen, noch Schadenssatzforderungen bekannt. Im Übrigen wird auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit, der Dringlichkeitsantrag sowie der Antrag Nr. 14-20/A 05508, damit abgeschlossen ist.