Welche Kontrollmaßnahmen gibt es für Reinigungsfirmen an Schulen?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Anja Berger, Katrin Habenschaden, Jutta Koller, Dominik Krause, Sabine Krieger, Dr. Florian Roth, Oswald Utz und Sebastian Weisenburger (Fraktion Die Grünen – rosa liste) vom 8.4.2019
Antwort Kommunalreferentin Kristina Frank:
Zunächst möchte ich mich für die von Ihnen gewährte Fristverlängerung bedanken.
In Ihrer Anfrage teilten Sie uns mit:
„Sämtliche Räumlichkeiten der Stadt München werden regelmäßig gereinigt. In einem Teil der Räumlichkeiten (z.B. Neues Rathaus) werden diese Reinigungsleistungen von stadteigenen Dienstkräften erledigt, im überwiegenden Teil der Gebäude sind die Reinigungsleistungen per Ausschreibung an Dienstleister vergeben. Im Bereich der Schulen hatte die Stadt bis Ende der 90er Jahre ebenfalls kommunale Dienstkräfte im Einsatz. Aufgrund mehrerer Bürgeranfragen bezüglich städtischer Kontrollmaßnahmen für Reinigungskräfte an Münchner Schulen wurde deutlich, dass für die angestellten Reinigungskräfte von privaten Reinigungsfirmen miserable Bedingungen herrschen. Es drängt sich der Verdacht, dass sich die externen Firmen oftmals nicht an vorgeschriebene Regelungen und Vereinbarungen halten, und die (meistens weiblichen, oft mit Migrationshintergrund) Angestellten zum Beispiel nur Niedriglöhne unterhalb des Mindestlohns ausgezahlt bekommen und wegen Vorfällen wie Krankheit fristlos gekündigt werden. Dabei werden diese externen Firmen von der Stadt bezahlt und müssen eine Vielzahl von Bedingungen bzgl. der Arbeitsstandards aber auch bzgl. des Leistungsumfangs erfüllen.
Es ist jedoch zu hören, dass die verlangten Fremdfirmen von ihren Mitarbeiter*Innen derart hohe Reinigungsleistungen in absurd geringen Zeitfenstern fordern, dass diese schlicht nicht komplett zu erbringen sind. Für die LHM bedarf es eines großen Aufwands sowohl die Reinigungsleistung der einzelnen Unternehmen als auch die konkreten Arbeitsbedingungen der eingesetzten Mitarbeiter*Innen zu kontrollieren. Dem Vernehmen nach finden Kontrollen jedoch äußert selten statt, weswegen diese Zustände sich etablieren können ohne geahndet zu werden. Gerade die Beschäftigten in diesem Berufsfeld können von ihrem Einkommen selten ihren Lebensunterhalt in München bestreiten und sind oftmals darauf angewiesen, einer weiteren Beschäftigung nachzugehen. Wenn nun von Seiten der Arbeitgeber noch an Standards wie dem gesetzlichen Mindestlohn oder der Arbeitszeit gedreht wird entsteht für die Beschäftigten eine prekäre Arbeitssituation. Im schlechtesten Fall kommt dann noch eine Rüge vom Auftraggeber (der LHM) über schlechte Reinigungsleistungen hinzu, die Firmen verlieren den Auftrag und die Beschäftigten werden entlassen. Als die LHM die Reinigungskräfte noch selbst beschäftigte, konnte sie ver- hindern, dass die Beschäftigten in diesem Beruf regelrecht ausgebeutet werden. Zudem waren arbeitsrechtliche Standards, wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz, gesichert. Die Abwicklung des RSR (Regiebetriebs Schulhausreinigung) erfolgte damals vor allem aufgrund der extrem schlechten Haushaltslage der Stadt und der erzwungenen Einsparungen in allen Bereichen. Heute – in Zeiten sprudelnder Steuereinnahmen – befindet sich die Stadt in einer komplett anderen Situation.“
Zum besseren Verständnis erlaube ich mir einige Ausführungen vorab zu tätigen. Mit Umsetzung des Projektes Münchner Facility Management (mfm) sind die Prozesse und die Zuständigkeiten für die Gebäudereinigung bei der Landeshauptstadt München wie folgt geregelt worden:
Das Kommunalreferat ist als Infrastruktureller Dienstleister auch Fachdienststelle für Gebäudereinigung und damit unter anderem für die Qualitätskontrollen zuständig. Das Direktorium, Vergabestelle 1, führt das Ausschreibungsverfahren durch und ist für die gesamte Vertragsführung, also beispielsweise auch für die Prüfung der Einhaltung des Mindestlohngesetzes und des Arbeitnehmer Entsendegesetzes verantwortlich. Darüber hinaus werden Überprüfungen durch die zuständigen Zollbehörden durchgeführt. Entsprechend den beschriebenen Zuständigkeiten wurden die Fragen eins bis drei sowie sechs und sieben vom Direktorium, Vergabestelle 1, beantwortet.
Frage 1:
Hat die Stadt eigene Rechte/Kompetenzen um regelmäßig arbeitsrechtliche Kontrollen (Einhaltung von Arbeitszeiten, Einsehen von Arbeitsverträgen etc.) bei den Firmen durchzuführen, welche die Schulgebäude reinigen?
Antwort:
Das Direktorium, Vergabestelle 1, führt hierzu aus:
„Reinigungsleistungen werden regelmäßig als Werkvertrag vergeben. Das Recht des Auftraggebers zur Überprüfung der Einhaltung arbeitsrechtlicher Normen umfasst bei Werkverträgen primär die Einhaltung tarifvertraglicher Verpflichtungen. Vor dem Hintergrund des § 645 BGB (Anweisungsrecht im Werkvertrag) hat die Stadt als Auftraggeberin nur sehr begrenzten Einfluss darauf, wie das Arbeitsverhältnis der Beschäftigten ausgestaltet und gelebt wird.Zur Einhaltung des Mindestlohngesetzes/Arbeitnehmer-Entsendegesetzes wird vor Zuschlagserteilung bei einer Auftragssumme von mehr als 30.000 Euro eine aktuelle Auskunft aus dem Gewerbezentralregister eingeholt. Ergänzend erfolgt eine Abfrage beim Hauptzollamt München.
Der aus dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz resultierende Auftrag an die Stadt als Auftraggeberin führt zu einer umfänglichen Prüfung der Angebote auf Auskömmlichkeit vor der Zuschlagserteilung
Auch wenn als Zuschlagskriterium nur der Preis herangezogen wird, ermöglichen die vier Wertungsstufen des Vergaberechts dennoch eine detaillierte Prüfung der Angebote. Bei der Angebotswertung erfolgt deshalb eine umfangreiche Prüfung der Auskömmlichkeit der vorliegenden Angebote. Hierbei werden sowohl die Kalkulation des Stundenverrechnungssatzes als auch die sich an den jeweiligen Preispositionen errechnenden Leistungswerte auf ihre Auskömmlichkeit bzw. Machbarkeit überprüft und bei Auffälligkeiten entsprechende Belege von den bietenden Unternehmen gefordert. Gegenstand der Belegforderung sind jeweils plausible und mathematisch nachvollziehbare textliche Ausführungen oder Zeitwerttabellen. Sofern die übermittelten Belege die Zweifel an der Machbarkeit nicht überzeugend ausräumen können – also keine ausreichende Zeit für die Reinigungskraft zur Verfügung steht – wird der Zuschlag auf das jeweilige Angebot nicht erteilt.
Im laufenden Vertrag werden stichprobenartige Kontrollen durchgeführt. Hierbei werden im Einklang mit den datenschutzrechtlichen Vorschriften folgende Aspekte geprüft:
-a) Gewährung der tarifvertraglich vereinbarten Entlohnung
-b) Einhaltung der Aufzeichnungspflichten des Arbeitgebers
-c) Gewährung der tarifvertraglich vereinbarten Urlaubsansprüche Die Prüfung durch die Vergabestelle 1 beschränkt sich auf die Auswertung von Unterlagen (Lohnabrechnungen, Sozialversicherungsmeldungen) sowie die Durchführung von Interviews von Reinigungskräften vor Ort.
Anlass für eine Kontrolle durch die Vergabestelle 1 ist entweder eine konkrete Beschwerde einer Reinigungskraft oder eine anderweitige an die Vergabestelle 1 übermittelte Information. Die gemäß Arbeitnehmer Entsendegesetz vorgeschriebenen Arbeitszeitaufzeichnungen sind nach den städtischen Vertragsbedingungen in den jeweiligen Objekten zur Einsicht zu führen. Es erfolgen zudem – soweit die personellen Ressourcen dies ermöglichen – stichprobenartige Befragungen der im Objekt eingesetzten Reinigungskräfte hinsichtlich der Einhaltung des Tariflohnes sowie ggf. eine Überprüfung von Firmenunterlagen zur Einhaltung der tarifvertraglich bzw. gesetzlich vorgesehenen Entlohnung (z.B. Kopien von Lohnabrechnungen, Sozialversicherungsmeldungen). Umfassende Prüfungen aller Unterlagenund Daten in den Firmenräumen werden ausschließlich durch die Zollbehörden durchgeführt. Für derart tiefgehende Prüfungen fehlen der Vergabestelle 1 sowohl die Befugnisse als auch die Ressourcen.“
Frage 2:
Wenn Frage 1 bejaht wurde: Wie oft fanden Kontrollen dieser Art in den letzten 5 Jahren statt? Wenn Frage 1 verneint wurde: Wer kann diese Kontrollen durchführen und wie oft fanden Kontrollen dieser Art in den letzten 5 Jahren statt?
Antwort:
Das Direktorium, Vergabestelle 1, führt hierzu aus:
„Seit 2013 wurden durch die Vergabestelle 16 Stichprobenkontrollen durchgeführt.“
Frage 3:
Sind der Stadt München Fälle bekannt, in denen beauftragte Reinigungsfirmen arbeitsrechtliche Standards (Mindestlohn, Arbeitszeit) nicht eingehalten haben? Wenn ja, was waren die Konsequenzen in diesen Fällen?
Antwort:
Das Direktorium, Vergabestelle 1, führt hierzu aus:
„Die durchgeführten Befragungen und Überprüfungen der Lohnabrechnungen haben im Regelfall mehrfache Nachfragen bei den Reinigungsunternehmen ausgelöst, im Ergebnis konnten aber die Fragen der Vergabestelle hinreichend geklärt werden. Tatsächliche Verstöße gegen arbeitsrechtliche Mindeststandards wurden im Ergebnis nicht nachgewiesen, so dass auch vertragliche Konsequenzen nicht eingeleitet wurden.“
Frage 4:
Führt die Stadt regelmäßige Kontrollen der tatsächlich durchgeführten Reinigungsleisten an Schulen durch?
Antwort:
Die Stadt führt regelmäßige Kontrollen der Reinigungsleistungen an Schulen durch. Im Routinebetrieb vor Ort werden diese Aufgaben durch die Technische Hausverwaltung des Referates für Bildung und Sport (THV) erledigt. Dies umfasst unter anderem neben der terminlichen Planung der Reinigung auch die Koordination und Abnahme der Grund-, Zwischen-, Fenster- und Sonderreinigungen mit der Objektleitung der Reinigungsfirma. Zudem zählt die Kontrolle der vertraglich zu erbringenden Reinigungslei-stung gemäß Reinigungsplan und Leistungsverzeichnis zu den Aufgaben der THV.
Sollten bei Reinigungskontrollen Mängel festgestellt werden, so ist gemäß mfm ein Reklamationsverfahren in folgenden Schritten durchzuführen:
-1. Formlose Mängelanzeige
Zunächst ist von der THV eine formlose Aufforderung an die Reinigungsfirma vorzunehmen, die im Reinigungsplan und –vertrag festgelegten Leistungen bis zu einer bestimmten Frist zu erfüllen.
-2. Formelle Mängelanzeige – Mängelrüge der THV
Sollten die angezeigten Mängel nicht innerhalb der vorgegebenen Frist beseitigt worden sein, erfolgt eine schriftliche Aufforderung mittels Mängelformular der THV an die Reinigungsfirma zur Erfüllung der vereinbarten Leistungen.
-3. Formelle Mängelanzeige – Mängelrüge des Infrastrukturellen Dienstleisters
Ist die Reinigungsfirma ihrer Nachbesserungspflicht trotz ordnungsgemäß eingereichter Mängelanzeige innerhalb der vorgegebenen Frist nicht nachgekommen bzw. liegen akute gravierende Mängel vor, so geht die Zuständigkeit auf den Infrastrukturellen Dienstleister über, der nun das weitere Vorgehen übernimmt.
-4. Vertragliche Konsequenzen
Kommt die Reinigungsfirma im Zuge der Mängelrüge des Infrastrukturellen Dienstleisters ihrer Nachbesserungspflicht innerhalb der vorgegebenen Frist nicht nach, erfolgt die Einschaltung des Direktoriums, Vergabestelle 1, mit vertraglichen Konsequenzen (z.B. Rechnungskürzung). Des Weiteren werden gemäß dem Qualitätskonzept zyklische Qualitätskontrollen und Audits durch die Außendienstmitarbeiterinnen und -mitarbeiter des Infrastrukturellen Dienstleisters durchgeführt.
Frage 5:
Bekommt die Stadt Hinweise von Schulen bzgl. Minderleistung bei der Reinigung?
Antwort:
Gemäß dem dargestellten Reklamationsverfahren (siehe Antwort zu Frage 4) ist der Informationsfluss hinsichtlich der Kommunikation von Minderleis tungen bei der Reinigung gewährleistet.
Frage 6:
Wenn Frage 3 und 4 bejaht wurde: Welche Maßnahmen kann die LHM in diesem Fallergreifen und welche Maßnahmen wurden in den letzten 5 Jahren (sortiert nach Fällen) ergriffen?
Antwort:
Das Direktorium, Vergabestelle 1, führt hierzu aus:
„Für jede Reinigungsfirma wird eine Mängelquote ermittelt. Schlechte Quoten führen zu weiterführenden Maßnahmen, wie Gesprächen mit der Geschäftsleitung oder intensive Objektbetreuung durch das Kommunalreferat.
Im Falle von nachhaltigen Schlechtleistungen bzw. Reinigungsausfällen erfolgen Rechnungskürzungen. Im Zeitraum seit 2013 wurden dementsprechend jährlich im Schnitt rund 60 Abmahnungen mit Rechnungskürzungen von der Vergabestelle 1 erstellt.“
Frage 7:
Wie oft wurde Reinigungsfirmen vor Beendigung der Vertragslaufzeit fristlos gekündigt? Was waren die Gründe dafür?
Antwort:
Das Direktorium, Vergabestelle 1, führt hierzu aus:
„Eine fristlose Kündigung ist nach den städtischen Vertragsbedingungen (BV-GR) nur unter sehr engen Voraussetzungen zulässig. Sowohl die Anzahl und Schwere eventueller Mängel in der Ausführung als auch die Qualität der erfolgten Nachbesserung sind in die Beurteilung einzubeziehen. Weitere denkbare Gründe wären Verstöße gegen die geforderte tarifgerechte Entlohnung.
In den Jahren seit 2013 kam es zu keiner fristlosen Kündigung.“