Warum ist die beantragte humanitäre Unterstützung für den Wiederaufbau von Kobane oder anderer nordsyrischer Projekte noch nicht realisiert?
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Rathaus Umschau 135 / 2019, veröffentlicht am 18.07.2019
Warum ist die beantragte humanitäre Unterstützung für den Wiederaufbau von Kobane oder anderer nordsyrischer Projekte noch nicht realisiert?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Anja Berger, Jutta Koller, Dominik Krause, Angelika Pilz-Strasser, Oswald Utz (Fraktion Die Grünen – rosa liste), Cetin Oraner, Brigitte Wolf (Die Linke) und Sonja Haider (ÖDP) vom 8.5.2019
Antwort Clemens Baumgärtner, Referent für Arbeit und Wirtschaft:
In Ihrer Anfrage vom 8.5.2019 beziehen Sie sich auf Ihren Stadtratsantrag vom 29.5.2015, in welchem vorgeschlagen wird, dass die Stadt München den Wiederaufbau in der Stadt und Region Kobane über die Hilfsorganisation „medico international“ unterstützt. Dieser Antrag wurden am 20.7.2016 in der Vollversammlung behandelt (Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 06211) mit dem Ergebnis, dass von einem Engagement der Stadt München zum Wiederaufbau in Syrien derzeit abgesehen wird, da Wiederaufbaumaßnahmen aufgrund der schlechten Sicherheitslage nicht möglich waren. Der Stadtrat beschloss damals, dass die Anträge aufgegriffen bleiben sollen. In Ihrer jetzigen Anfrage führen Sie aus, dass medico international inzwischen zahlreiche Projekte in Nordsyrien erfolgreich unterstützt und dringend um Spenden insbesondere für Krankenhäuser in Rojava und im Flüchtlingslager al Hol bittet. Sie weisen darauf hin, dass der Ausschuss für Arbeit und Wirtschaft kürzlich einem Kooperationsvorhaben mit der jordanischen Stadt Gharb Irbid zugestimmt hat, welche über 13.000 syrische Flüchtlinge aufgenommen hat. Weiter verweisen Sie auf die Einrichtung eines Spendenkontos für den Wiederaufbau der zerstörten Kirche „Notre Dame“ durch den Oberbürgermeister.
Die in Ihrer Anfrage gestellten Fragen können wie folgt beantwortet werden:
Frage 1:
Was steht einem Spendenaufruf „Humanitäre Hilfe für Kobane“ noch entgegen?
Antwort:
Eine Verwendung kommunaler Mittel für Entwicklungshilfe ist kompetenzrechtlich grundsätzlich nur im Rahmen einer kommunalen Partnerschaft möglich. Nach einer Befriedung in Syrien kann die Landeshauptstadt München im Rahmen der kommunalen Entwicklungszusammenarbeit sicherlich syrische Kommunen beim Wiederaufbau unterstützen. Allerdings lässt die Lage in Syrien bis heute keine sinnvollen Wiederaufbaumaßnahmenzu. Die erwähnten Aktivitäten von medico international sind als Nothilfemaßnahmen zur Linderung der Not der dortigen Bevölkerung und der Binnenflüchtlinge, aber nicht als Beitrag zum Wiederaufbau zu betrachten. Auch Engagement Global, die Durchführungsorganisation des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, die im Rahmen des Programms „Initiative Nahost“ die Aktivitäten der deutschen Kommunen in den Anrainerstaaten Syriens unterstützt, legt bisher keine Programme für Kooperationen mit syrischen Kommunen auf.
Auf die Thematik und den Stadtratsantrag vom 8.5.2015 wird ausführlicher in einer Vorlage für den Ausschuss für Arbeit und Wirtschaft am 16.7.2019 und die Vollversammlung am 24.7.2019 eingegangen (Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 15155).
Frage 2:
Könnte analog zur Kooperation mit der Jordanischen Stadt Gharb Irbid auch eine Spende über medico international für das Projekt „Ein Krankenhaus in Rojava“ und für das Krankenhaus im Flüchtlingslager al Hol transferiert werden?
Antwort:
Eine Analogie zu der Kooperation mit der jordanischen Stadt Gharb Irbid wird nicht gesehen, da in Jordanien – im Gegensatz zu Syrien – eine fachliche kommunale Zusammenarbeit möglich ist. Die für diese Projektpartnerschaft benötigten finanziellen Mittel werden über das Förderprogramm „Initiative Nahost“ beantragt. Es ist nicht vorgesehen, dafür Münchner Spenden einzusetzen.
Frage 3:
Könnte analog zum Spendenaufruf „Notre Dame“ auch die hier eingegangenen Spenden aus städtischen Mitteln verdoppelt werden?
Antwort:
Auch hier wird keine Analogie gesehen. Der Einrichtung des Spendenkontos zum Wiederaufbau von Notre Dame liegt kein entwicklungspolitisches Engagement zugrunde, sondern ist – nach dem zugrunde liegenden Stadtratsantrag – als „Geste der Solidarität“ zu verstehen.
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen hiermit zufriedenstellend beantworten konnte.