Verkauf von pestizidfreien regionalen Weihnachtsbäumen auf städtischen Flächen
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Rathaus Umschau 136 / 2019, veröffentlicht am 19.07.2019
Verkauf von pestizidfreien regionalen Weihnachtsbäumen auf städtischen Flächen
Antrag Stadtrats-Mitglieder Paul Bickelbacher, Herbert Danner, Katrin Habenschaden, Sabine Krieger, Sabine Nallinger und Angelika Pilz-Strasser (Fraktion Die Grünen – rosa liste) vom 18.12.2018
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle:
Sie beantragten, dass die Stadt München städtische Flächen zum Weihnachtsbaumverkauf ab Herbst 2019 zu 20 Prozent nur mehr an Anbieter, die unbehandelte (pestizidfreie) Weihnachtsbäume anbieten, vergeben möge und dabei bevorzugt an solche Anbieter mit kurzen Transportwegen (Bayern und Österreich). In den Folgejahren solle der Prozentsatz um je 20 Prozent dieses Sortiments steigen, so dass im Jahr 2023 auf städtischen Flächen zu 100 Prozent unbehandelte, meist regionale, Weihnachtsbäume angeboten würden. Die Änderung der Vergabepraxis solle an mögliche Interessenten schnellstmöglich kommuniziert werden. Als Begründung hierzu führten Sie insbesondere aus:
„Eine Studie des Bundes Naturschutz (BN) und des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. (BUND) hat Ende 2017 ergeben, dass an 13 von 17 Weihnachtsbäumen Rückstände von Pestiziden nachgewiesen wurden. Insgesamt wurden in dieser Studie neun verschiedene Pestizide nachgewiesen, teilweise bis zu vier Pestizide gleichzeitig mit besonders signifikanten und gefährlichen Wirkstoffen.
Der oftmals vorgebrachte Hinweis auf die geringen und dadurch für den Menschen ungefährlichen Mengen an Pestizidrückständen verkennt die Tatsache, dass es wissenschaftlich nicht erforscht ist, wie sich diese angeblich ungefährlichen Pestizidrückstände in kleinen, warmen Räumen verhalten (chemische Reaktionen) und inwiefern Allergiker und Asthmatiker davon betroffen wären.
Ebenso relevant ist die Tatsache, dass diese Pestizide über Umwege in das Grundwasser gelangen und somit weiterreichende, womöglich heute noch nicht ganz abzusehende, schwerwiegende Folgen nach sich ziehen können.
Die Landeshauptstadt München hat als Grundstückseigentümerin einerseits die Möglichkeit und andererseits auch die Verantwortung gegenüber der Münchener Bevölkerung, hier steuernd einzuwirken. Zudem wächst laut einem Fernsehbericht von Plus/Minus am 5.12.2018 die Nachfrage nach unbehandelten Weihnachtsbäumen und die Preise sind kaum höher. Wir bitten, wie in der Geschäftsordnung des Stadtrats vorgesehen, um eine fristgemäße Bearbeitung unseres Antrages.“ Ihr Antrag bezieht sich in erster Linie auf den Vollzug des Sondernutzungsrechts, insbesondere des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes (Bay-StrWG), der Richtlinien für Sondernutzungen an den öffentlichen Straßen der Landeshauptstadt München (SoNuRL) sowie der Satzung über die Benutzung der städtischen öffentlichen Grünanlagen (Grünanlagensatzung). Der Vollzug dieser Regelungen als hoheitliche Aufgabe ist dem eigenen Wirkungskreis der Landeshauptstadt München zuzuordnen und stellt eine laufende Verwaltungsangelegenheit dar, die vom Kreisverwaltungsreferat wahrzunehmen ist.
Der Inhalt Ihres Antrags betrifft insoweit eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung dieser Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Zu Ihrem Antrag vom 18.12.2018 teile ich Ihnen in Abstimmung mit dem Oberbürgermeister Folgendes mit:
Umweltbelange sind für die Landeshauptstadt München ein besonderes Anliegen. Im Zusammenhang mit Weihnachtsbäumen wird aus diesem
Grund auf dem offiziellen Stadtportal muenchen.de auf die Alternative von Bio-Weihnachtsbäumen hingewiesen und darauf, an welchen Zertifikaten man diese erkennen kann, außerdem wird dort auf Verkaufsstellen aufmerksam gemacht, an denen Weihnachtsbäume aus der Region erhältlich sind.
Bei der Entscheidung über die Vergabe von Verkaufsplätzen für Christbäume auf öffentlichem Grund ist das Kreisverwaltungsreferat als Sondernutzungsbehörde rechtlich an die Zielsetzung des BayStrWG gebunden und hat seine diesbezüglichen Entscheidungen deshalb unter straßenrechtlichen Gesichtspunkten zu treffen.
Der Verkauf natürlich gewachsener Christbäume stellt nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 SoNuRL grundsätzlich eine erlaubnisfähige Sondernutzung dar. Eine Versagung der beantragten Erlaubnis kann nach § 8 SoNuRL etwa im Hinblick auf zu erwartende Beeinträchtigungen der Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs oder anderer nicht hinzunehmender Einschränkungen des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs erfolgen. Zu nennen wären hierbei fehlende Durchgangsbreiten für Fußgänger oder die Verhinderung der ordnungsgemäßen Durchführung von Straßenreinigungsarbeiten oder des Winterdienstes.Belange, die keine sachliche Beziehung zur Straße oder ihrem Umfeld haben, können die Ablehnung einer Sondernutzungserlaubnis nach dem Willen des Normgebers dagegen nicht rechtfertigen. Dies gilt leider auch für Umweltbelange. Es besteht ein Anspruch der Bewerber um eine Sondernutzungserlaubnis auf fehlerfreien Ermessensgebrauch im Einzelfall (Art. 40 BayVwVfG). Da der Gesetzgeber diese Erteilung generell für zulässig erachtet, ist bei Nichtvorliegen eines Versagungsgrundes eine Ermessensreduzierung auf Null gegeben und der Bewerber hat einen Anspruch auf die Erteilung der von ihm begehrten Sondernutzungserlaubnis.
Die ausreichend hohe Zahl an Verkaufsplätzen auf öffentlichem Grund hat bislang jedoch ohnehin eine Auswahl zwischen verschiedenen Bewerbern entbehrlich gemacht, sodass nach jetzigem Stand auch jeder Anbieter pestizidfreier regionaler Weihnachtsbäume zum Zuge kommt, der bei der Stadt München einen Antrag auf eine Sondernutzungserlaubnis zum Christbaumverkauf stellt. Die Gruppe solcher Anbieter stellt jedoch einen so kleinen Teil der Bewerber dar, dass eine hinsichtlich der vorgeschlagenen Quote dem vorliegenden Antrag entsprechende Vergabepraxis zwingend eine deutliche Reduzierung der Gesamtzahl an Verkaufsplätzen zur Folge hätte, ohne dass dies zu einem höheren Angebot an pestizidfreien regionalen Weihnachtsbäumen führen würde.
Ähnlich stellt sich die Lage für den Christbaumverkauf in städtischen Grünanlagen dar: Hier wäre eine Berücksichtigung ökologischer Kriterien bei einer Bewerberauswahl grundsätzlich zwar rechtlich vorstellbar. Beispielsweise könnte eine Veränderung der Verwaltungspraxis dergestalt erfolgen, dass Ausnahmegenehmigungen nur noch an Bewerber mit einem Bio-Siegel der EU vergeben werden, jedoch werden auch in Grünanlagen die Standortkapazitäten derzeit aufgrund fehlender Anträge nicht ausgeschöpft, sodass jedem Bewerber um einen Verkaufsplatz nach pflichtgemäßer Ausübung des Verwaltungsermessens auch eine Ausnahmegenehmigung nach § 2 Abs. 2 Nr. 1, § 3 Grünanlagensatzung erteilt werden kann.
Die Verkaufsstandorte an der Theresienwiese werden vertraglich vom Referat für Arbeit und Wirtschaft vergeben. Um die vier Standplätze der Theresienwiese bewerben sich dabei stets vier Kandidaten, sodass auch hier eine Auswahlentscheidung entbehrlich ist.
Beim Christbaumverkauf auf Privatgrund wird das Kreisverwaltungsreferat im Rahmen der Bewerberauswahl ohnehin nicht tätig, sondern entscheidet lediglich über die Erteilung von Verkaufserlaubnissen im Sinne des § 55aAbs. 1 Nr. 1 GewO sowie Ausnahmen vom Ladenschlussgesetz nach § 20 Abs. 2a LadSchlG.
Das Kreisverwaltungsreferat sieht im Ergebnis mithin schon mangels entsprechender Bewerberzahlen keine Möglichkeit, einen Verkauf von pestizidfreien regionalen Weihnachtsbäumen auf städtischen Flächen rechtlich zu erzwingen, mangels Konkurrenzsituationen aber auch keine Notwendigkeit für eine entsprechende Privilegierung.