Die Münchner Bürgerbüros entlasten – Wie kann eine Zusammenarbeit mit den angrenzenden Gemeinden erfolgen?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Anja Burkhardt (CSU-Fraktion) und Marian Offman (damals CSU-Fraktion) vom 23.5.2019
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle:
Ihre Anfrage vom 23.5.2019 wurde im Auftrag von Herrn Oberbürgermeister Dieter Reiter dem Kreisverwaltungsreferat zur Beantwortung zugeleitet.
Ihrer Anfrage schicken Sie folgenden Sachverhalt voraus:
„Dem KVR kommt bei der Wahrnehmung und Bewertung der Leistungen der Münchner Stadtverwaltung eine grundlegende Bedeutung zu. Unzumutbare Wartezeiten frustrieren nicht nur die KVR-Mitarbeiter und führen zu erhöhten Fehlzeiten, sondern führen auch zu einem negativen Bild der gesamten Stadtverwaltung bei den Münchnerinnen und Münchnern. Dabei hat das KVR mehrere Maßnahmen ergriffen, um die anfallende Arbeit bewältigen zu können. So werden z.B. Termine in den Bürgerbüros und der Führerscheinstelle online vergeben, damit kein Vorsprechender mehrere Stunden Wartezeit am Vorsprachetag einplanen muss, um sein Anliegen erledigen zu können. Die Realität zeigt aber, dass die anfallenden Arbeiten damit nicht in den Griff zu bekommen sind. Anstatt mehrerer unakzeptabler Stunden Wartezeit am Vorsprachetag, warten die Münchnerinnen und Münchner nun monatelang zuhause auf einen Vorsprachetermin. Diese Wartezeiten sind für die Betroffenen nicht nur lästig, sie führen mitunter auch zu rechtlich zu prüfenden Umständen (beeinflussen die Wartezeiten beispielsweise das Wählerverzeichnis) oder massiven persönlichen Benachteiligungen (z.B. bei Änderungen von Fahrerlaubnissen). Vielfach las- sen sich Behördengänge auch nicht monatelang im Voraus planen.
Fakt ist: ln mehreren Aufgabenbereichen sind Termine auf Monate hin ausgebucht. Die seit Kurzem wieder möglichen Spontanbesuche erfor- dern wie früher mitunter unangemessene Wartezeiten am Vorsprachetag. Das entspricht nicht dem Service, den sich die Bürgerinnen und Bürger vorstellen und auch nicht dem Anspruch des KVR. Zudem weckt das Bevölkerungswachstum Münchens ebenfalls nicht die Hoffnung, dass sich die Situation befriedigend entwickelt.
Zu vielen Themen arbeitet die Metropolregion München inzwischen immer enger zusammen. Wenn die Aufgaben und Kosten klar abgegrenzt und de- finiert werden können, sollte für beide Seiten eine Win-win-Situation ent-stehen. Einen weiteren positiven Effekt hätte die Umsetzung dieser ldee: Die Verkehrsinfrastruktur in der lnnenstadt würde ebenfalls entlastet. Ein genaueres Betrachten ist sie jedenfalls wert.“
Zu den im Einzelnen gestellten Fragen teile ich Ihnen Folgendes mit:
Frage 1:
Besteht die Möglichkeit, gemeinsam mit den an München angrenzenden Gemeinden ein Pilotprojekt zu entwickeln, so dass Bürgerangelegenheiten von Münchnerinnen und Münchnern auch dort erledigt werden können?
Antwort:
Für den Vollzug des Melderechts sowie des Pass- und Ausweisrechts sind die Gemeinden zuständig, in denen die Personen mit Hauptwohnung gemeldet sind. Nach dem Pass- und Ausweisrecht muss im Ausnahmefall eine unzuständige Behörde dann tätig werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Wird der wichtige Grund allerdings von der unzuständigen Behörde verneint, muss und darf sie nicht tätig werden.
Weiterhin ist es zwingend vorgeschrieben, dass die andere Passbehörde, bevor sie tätig wird, eine Ermächtigung der zuständigen Behörde einholt. Das Erfordernis eines wichtigen Grundes, einer vor einem Tätigwerden einzuholenden Ermächtigung der originär zuständigen Behörde, weitere Abstimmungserfordernisse und unterschiedliche Erreichbarkeiten/Öffnungszeiten in den Behörden stehen einer möglichen Beschleunigung entgegen. Es ist auch zu beachten, dass bei Ausstellung durch eine unzuständige Behörde die doppelte Gebühr für den Pass/Ausweis anfällt.
Wenn eine Abgabe tatsächlich erfolgt und die Bürgerin/der Bürger bereit ist, die doppelte Gebühr zu entrichten, führt dies bei der abgebenden Behörde zu zusätzlicher Mehrarbeit:
Im Anschluss an eine Handlung durch eine andere Behörde muss eine aufwändige manuelle Nachbearbeitung im eigenen Passregister erfolgen. Durch den Wegfall von Vorsprachen zur Pass- und Ausweisbeantragung würde zwar eine Entlastung bei den persönlichen Vorsprachen eintreten, der zusätzliche Aufwand zur Erteilung einer Ermächtigung und die erforderlichen Nacharbeiten zur Aktualisierung des Registers würden diese Entlastung aber wieder aufheben.
Aus den vorstehend genannten Gründen macht es derzeit keinen Sinn, ein Pilotprojekt zu entwickeln.
Frage 2:
Welche rechtlichen Hürden bestehen und wie lässt sich für das hierfür erforderliche Personal, die Nutzung von Räumlichkeiten in Zusammenarbeit mit den Gemeinden eine Lösung finden. Da insbesondere die getrennten Melderegister eine besondere Herausforderung darstellen, ist darauf zu achten, dass für die KVR-Mitarbeiter kein zusätzlicher Bürokratieaufwand entsteht. Maßnahmen auf der Basis einer deutlich voranschreitenden Entwicklung in der Digitalisierung sind selbstverständlich zu präferieren.
Antwort:
Es bestehen folgende gesetzliche Regelungen und organisatorische Voraussetzungen in den einzelnen Rechtsgebieten:
-Meldewesen
Im Meldewesen ist es derzeit rechtlich nicht möglich, das Melderegister einer anderen Gemeinde fortzuschreiben. Somit können keine melderechtlichen Vorgänge (An-, Um-, Abmeldung) in einer anderen Gemeinde bearbeitet werden.
-Pass- und Ausweiswesen
Die Ausstellung eines Pass- bzw. Personalausweises durch eine örtlich unzuständige Behörde (andere Gemeinde) ist im Ausnahmefall möglich. Aber auch hier ist kein Zugriff einer anderen Gemeinde auf das Register möglich. Wie bereits zu Frage 1 ausgeführt, hat dies erhebliche Nacharbeiten bei beiden Behörden zur Folge. Bei der örtlich unzuständigen und der abgebenden Behörde sind Parallelerfassungen und später manuelle Nachtragungen erforderlich.
-Beglaubigungen
Aktuell gibt es nur eine Dienstleistung, die auch außerhalb des Bürgerbüros durchgeführt werden könnte: Beglaubigungen von Unterschriften und Dokumenten können von jeder siegelführenden Behörde vorgenommen werden.
Die Personalsituation in den Bürgerbüros des Kreisverwaltungsreferats ist aktuell sehr angespannt. Eine hohe Fluktuationsrate, aber auch der Fachkräftemangel sind zu beachten. Eine Entlastung in den Bürgerbüros könnte in diesem Zusammenhang nur durch eine personalneutrale Aufgabenverlagerung erreicht werden. Die Entsendung von Personal, die Nutzung anderer Räumlichkeiten und Fachverfahren, würde daher keine Entlastung darstellen, sondern vielmehr wegen der erforderlichen Organisationsaufwände und Abstimmungserfordernisse zu einem unverhältnismäßigen Mehraufwand führen.
Durch künftige Online-Dienstleistungen besteht ein großes Potenzial, dass die Bürgerinnen und Bürger ihre behördlichen Dienstleistungen sogar von Zuhause aus beantragen und erhalten können. Hierzu bedarf es in vielen Fällen gesetzlicher Änderungen, für die sich das Kreisverwaltungsreferat sehr einsetzt und hierfür in den jeweiligen Arbeitsgruppen auf Bundesebene mitwirkt.
Als Beispiel kann die Ummeldung einer Wohnung angeführt werden. Im Anschluss an die Ummeldung muss auch die Adresse im Personalausweis geändert werden. Damit die Bürgerinnen und Bürger nach einer Online-Ummeldung nicht doch noch wegen der Adressänderung auf dem Ausweisdokument und der Änderung im elektronischen Chip in der Behörde vorsprechen müssen, muss das Personalausweisgesetz geändert werden. Ohne diese rechtliche Änderung ist eine Online-Ummeldung für potentielle Nutzerinnen und Nutzer nicht attraktiv.
Frage 3:
Wie kann das Referat für Informationstechnologie (RIT) eingebunden wer- den, um beratend die Prozesse mit ihren digitalen, technischen Notwendigkeiten zu begleiten und zu entwickeln?
Antwort:
Das IT-Referat (RIT) ist bereits in vielfältiger Weise im Rahmen der Digitalisierung der Geschäftsprozesse eingebunden. So findet unter anderem ein regelmäßiger Austausch im Rahmen des E/O-Government-Projektes und im Rahmen der stadtweiten und KVR-spezifischen Digitalisierungsstrategie statt. Aber auch in konkreten Einzelmaßnahmen zur weiteren Digitalisierung der Geschäftsprozesse des Kreisverwaltungsreferats ist das RIT im Rahmen der Anforderungsbearbeitung und der technischen Machbarkeit beratend immer involviert. Bereits jetzt können im Rahmen vorhandener technischer Möglichkeiten, z.B. durch den Einsatz mobiler Endgeräte sog. Full-VPN-Clients oder bereits vorhandener E-Government-Lösungen, Verwaltungsvorgänge der LHM aus technischer Sicht ortsunabhängig angeboten werden.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen zufriedenstellend beantworten.