Intelligente Verkehrsführung erproben – Kreisverkehr statt Kreuzung
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Rathaus Umschau 175 / 2019, veröffentlicht am 13.09.2019
Intelligente Verkehrsführung erproben – Kreisverkehr statt Kreuzung
Antrag Stadtrats-Mitglieder Johann Altmann, Dr. Josef Assal, Eva Caim, Richard Progl, Mario Schmidbauer und Andre Wächter (Fraktion Bayernpartei) vom 12.6.2019
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle:
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist.
Ihr Antrag lautet, die Stadtverwaltung solle an einer großen, viel befahrenen Hauptverkehrskreuzung, z.B. an der Landshuter Allee/Landsberger Straße oder an einem anderen überlasteten Knotenpunkt, einen Kreisverkehr anstatt einer ampelgesteuerten Kreuzung einrichten.
Als Begründung führen Sie dabei an, dass Kreisverkehre seit einigen Jahren eine enorme „Renaissance“ erleben. Die Vorteile von Kreisverkehren lägen dabei auf der Hand und seien mittlerweile auch wissenschaftlich erwiesen.
Das Kreisverwaltungsreferat als Straßenverkehrsbehörde trifft Maßnahmen auf öffentlichem Verkehrsgrund nach den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung (StVO). Der Vollzug der Straßenverkehrsordnung ist eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist rechtlich nicht möglich.
Ich erlaube mir daher, Ihren Antrag in Abstimmung mit dem Oberbürgermeister auf dem Schriftweg zu beantworten.
Zu Ihrem Antrag teile ich Ihnen Folgendes mit:
Grundsätzlich sind Kreisverkehre bei kleineren bis mittleren Verkehrsbelastungen (< 20.000 Kfz pro Tag) für den motorisierten Individualverkehr eine gute Alternative zu Kreuzungen mit Lichtsignalanlagen. Sie eignen sich besonders für die Verkehrsregelung außerorts oder an Stadtrandlagen mit wenig Querungsaufkommen von Fuß- bzw. Radverkehr.
Innerorts stehen der Errichtung von großen Kreisverkehren aber eine Reihe von Problemstellungen gegenüber. Auf der von Ihnen zitierten Website www.polizei.bayern.de/muenchen/verkehr/recht/index.html/2139 werden daher auch die Grenzen und einige Probleme von Kreisverkehren deutlich benannt:Zitat:
„...Kreisverkehre sind jedoch kein Allheilmittel. Ihren Zweck erfüllen sie nur dort optimal, wo die Verkehrsobergrenze ca. 20.000 Fahrzeuge pro Tag nicht überschreitet und möglichst alle zuführenden Straßen eine annähernd gleiche Verkehrsbelastung haben.
Ein Kritikpunkt ist die unbefriedigende Radfahrersicherheit auf der Kreisfahrbahn. Dies gilt vor allem, wenn Radfahrer mit größeren Fahrzeugen zusammentreffen und räumliche Enge sowie toter Winkel zu gefährlichen Situationen führen können.
Große Kreisverkehrsanlagen mit mehreren Fahrstreifen stellen hohe Anforderungen an die Kraftfahrer. Hier wurde beobachtet, dass sich bei Staubildungen an den Zufahrten aufgrund hohen Verkehrsaufkommens die Zahl der Auffahrunfälle erhöhen kann. Bei starkem Verkehr kann es vermehrt zu Vorfahrts- und Abbiegeunfällen beim Ein- bzw. Ausfahren kommen. Die bauliche Größe bringt eine gewisse Unübersichtlichkeit mit sich und kann bei ortsfremden Kraftfahrern zu Orientierungsschwierigkeiten und Unsicherheit führen. Unvorsichtige und abrupte Fahrspurwechsel führen vermehrt zu Kollisionen mit anderen Kreisbenutzern. Eine frühzeitige, besonders deutliche und übersichtliche Wegweisung vor dem Kreis sowie an seinen Ausfahrtästen erweist sich hier als unabdingbar.
Beim Ausfahren, das bei Kreisverkehrsanlagen mit großem Durchmesser und entsprechenden Fahrbahnbreiten sowie breiten Ausfahrtspuren mit erheblich höheren Geschwindigkeiten möglich ist als bei einem kleinen, kompakten Kreisverkehr, übersehen viele Kraftfahrer oder wissen schlicht nicht, dass sie Abbieger sind und daher auf die Ausfahrtspur querende Fußgänger besondere Rücksicht nehmen und sogar warten müssen...“
Der von Ihnen genannte Knotenpunkt „Landshuter Allee/Landsberger Straße“ („Landsberger Straße/Trappentreustraße“ im weiteren Verlauf über die Donnersberger Brücke zur Landshuter Allee) übersteigt die o.g. Verkehrsobergrenze von ca. 20.000 Kfz/Tag mit ca. 31.000 Kfz/Tag im Zuge der Trappentreustraße bzw. 33.000 Kfz/Tag in der Landsberger Straße deutlich.
Für den Fuß- und Radverkehr ist eine höhengleiche Querung (z.B. zu den Bus- und Trambahnhaltestellen) solch hochfrequentierter Streckenzüge ohne signalgesicherte Furten nicht möglich.Darüber hinaus bieten Lichtsignalanlagen auch die Möglichkeit, den ÖPNV zu priorisieren bzw. einen dauerhaften Takt-Fahrplanbetrieb überhaupt erst zu ermöglichen.
Ein flüssiger Verkehrsablauf kann sich in einem Kreisverkehr nur dann einstellen, wenn die vorhandene Verkehrsbelastung geringer ist, als die maximal mögliche Kapazität des Kreisverkehrs. Diese ist neben dem Durchmesser, Anzahl von Fahrspuren auch von den jeweiligen Verkehrsströmen (Belastung pro Fahrtrichtung) abhängig.
Der Platzbedarf eines großen Kreisverkehrs (nicht verkehrlich verwertbare Kreisfläche in der Mitte) ist in der Regel deutlich größer, als bei einer signalisierten Kreuzung mit der selben Kapazität.
Müssen Kreisverkehre nachträglich aufgrund fehlender Verkehrssicherheit von Fuß- und Radwegfurten oder auch ÖPNV-Trassen signalisiert werden, ergibt sich eine deutlich schlechtere Leistungsbilanz, als bei einer signalisierten Kreuzung.
Lichtsignalanlagen dienen der Verkehrsregelung und vor allem der Verkehrssicherheit. Nachts könnten aufgrund des geringeren Verkehrsaufkommens Lichtsignalanlagen häufig abgeschaltet werden. In der Praxis müssen aber leider einige dieser Signalanlagen trotz eines vergleichsweise niedrigen Verkehrsaufkommens aufgrund von Unfällen z.B. durch nicht angepasste Geschwindigkeit in Verbindung mit Vorfahrtsverstößen durchgängig in Betrieb gehalten werden.
Die meisten Lichtsignalanlagen im Stadtgebiet von München verfügen über Detektionseinrichtungen, mit deren Hilfe die Grünzeitdauer der Fahrbeziehungen an die jeweilige Verkehrssituation angepasst werden kann.
Zudem ermöglichen Zusatzeinrichtungen wie taktile und akustische Signalgeber auch Menschen mit Beeinträchtigungen in der Sehfähigkeit eine sichere Querung von stark befahrenen Straßen.
Diese sicherheitsrelevanten Vorteile bieten (unsignalisierte) große Kreisverkehre nicht.
Selbstverständlich wird das Kreisverwaltungsreferat als Straßenverkehrs- und Sicherheitsbehörde insbesondere im Rahmen von Neuplanungen an dafür geeigneten Stellen auch weiterhin die Errichtung von Kreisverkehren unterstützen.Zuletzt wurden im Gewerbegebiet Freiham Süd, am Knotenpunkt Fasangarten-/Minnewitstraße und am Kißkaltplatz Kreisverkehre neu eingerichtet.
Am Knotenpunkt Paul-Gerhardt-Allee/Hermine-Von-Parish-Straße (Neubaugebiet) ist ebenfalls ein Kreisverkehr vorgesehen.
Ich hoffe, dass ich mit diesen Ausführungen deutlich machen konnte, warum sich die Verwaltung Ihrer Argumentation nicht anschließen kann, und gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.