Dächer auf städtischen Immobilien nutzbar machen
Antrag Stadtrats-Mitglieder Johann Altmann, Dr. Josef Assal, Eva Caim, Richard Progl, Mario Schmidbauer und Andre Wächter (Fraktion Bayernpartei) vom 25.4.2019
Antwort Kommunalreferentin Kristina Frank:
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, teile ich Ihnen auf diesem Wege zu Ihrem Antrag Folgendes mit:
In Ihrem Antrag fordern Sie, anhand konkreter best practice Beispiele darzustellen, wie die Dächer auf städtischen Neu- und Bestandsbauten am besten genutzt werden können. Zudem fordern Sie, Potenziale aufzuzeigen, die noch nicht ausgeschöpft werden, Ideen, die sich in der Planungsphase befinden sowie Nutzungen, die bereits realisiert wurden und von der Münchner Bevölkerung gut angenommen werden.
Zunächst ist festzuhalten, dass auch aus Sicht des Kommunalreferates (KR) die sich auf Dachflächen bietenden Potenziale verstärkt genutzt werden sollten, um damit, bei zunehmender baulicher Verdichtung, neue Flächenressourcen zu erschließen. Die Öffnung von städtischen Dachflächen leistet einen Beitrag, um u.a. das Angebot für kulturelle oder sportliche Veranstaltungen zu erweitern.
1. Kommunalreferat
Die jeweils individuelle Umsetzung in dem vom KR, aber auch vom Referat für Bildung und Sport (RBS) verwalteten Immobilienbestand orientiert sich an den örtlichen Gegebenheiten sowie an einhergehenden Sicherheitsauflagen, die an den Betreiber gerichtet werden müssen, wenn die Dächer zugänglich gemacht werden sollen. Viele Dächer sind aufgrund ihrer baulichen Beschaffenheit schwierig geeignet, um begangen zu werden. Anforderungen an Statik, Rettungswege, Absturzsicherungen oder auch bestehende Unfallgefahren aufgrund der Oberflächenstruktur lassen eine Nutzung bei Bestandsgebäuden nicht immer zu.
Sofern die baurechtlichen Gegebenheiten eine Nutzung zulassen, muss die Zugänglichkeit und Kontrolle der Besucherzahlen gewährleistet sein. So finden beispielsweise die Bestimmungen aus der Versammlungsstättenverordnung ab einer Besucherzahl von 200 Personen Anwendung. Hieraus ergeben sich gesonderte, erhöhte Anforderungen, u.a. was Beleuchtung, Flucht- und Rettungswege und nachzuweisenden Stellplätze betrifft.Bereits im Jahr 2018 hat das Kommunalreferat gezeigt, dass die Öffnung von Dächern städtischer Gebäude dennoch gelingen kann. In einem Pilotprojekt wurde die Dachterrasse des Verwaltungsbaus Roßmarkt 3 für Yoga geöffnet. Die Nutzung für sportliche Aktivitäten war so erfolgreich, dass im Jahr 2019 – für die Sommermonate von Juni bis September – die Dachterrasse im Roßmarkt 3 für wöchentliche Yogastunden ausgeschrieben wurde. Die Nutzung erfreut sich großer Beliebtheit.
Geplant ist, das Dach des Roßmarktes 3 künftig auch für weitere Nutzungen zur Verfügung zu stellen. Hierzu wurden erste Prüfungen bereits in Auftrag gegeben.
Um auch Dächer weiterer städtischer Immobilien für die Allgemeinheit zu öffnen, wurden bereits Gespräche mit dem RBS (s.u.) und dem Referat für Arbeit und Wirtschaft geführt. Gespräche mit weiteren Referaten sollen zeitnah folgen.
2. Referat für Bildung und Sport
Das RBS als Verwalter aller öffentlichen Schulen, Kindertageseinrichtungen und Schulsportanlagen Münchens strebt ebenfalls an, bei Planungen verstärkt die Dachflächen für eine Nutzung durch Pausenbereiche, aber auch für Sportplätze zu berücksichtigen. Insbesondere die großen Dachflächen von Dreifachsporthallen eignen sich, um dort z.B. sog. Allwetterplätze zu situieren. Bei dem im Bau befindlichen Erweiterungsbau des Asam-Gymnasiums wurde dies beispielsweise bereits berücksichtigt. Der große Allwetterplatz auf dem Dach der Dreifachsporthalle soll dann als Sportplatz und als zusätzliche Pausenfläche dienen. Ein weiteres Beispiel ist die Planung der Erweiterung/des Neubaus Grund- und Mittelschule Schrobenhausener Straße, bei welcher das Dach der geplanten Dreifachsporthalle als dringend notwendige Pausenfläche nutzbar gemacht wird.
Überlegungen zur Öffnung und Nutzung von Dächern der bestehenden Schulgebäude haben aus Sicht des RBS Grenzen. Diese liegen in den o.g. Gründen.
3. Baureferat (BAU)
Das BAU hat keine aktuelle Stellungnahme abgegeben. Im Rahmen einer früheren Stellungnahme aus dem Jahr 2016 äußerte sich das BAU zu dieser vom KR abgefragten Thematik wie folgt:
„Das BAU bestätigt, dass bereits bisher in den Planungen von Schulbauten, insbesondere bei beengten Grundstücksverhältnissen, geprüft wird, ob zur Umsetzung des jeweils vorgesehenen Raumprogramms die Nutzung der Dächer mit einbezogen werden muss. Dies geschieht i. d. R. bei Neubauten, Erweiterungen im Bestand und Generalinstandsetzungen.
Es weist jedoch gleichzeitig auf den höheren technischen und wirtschaftlichen Aufwand für genutzte Dächer hin (Zugänge, Statik, Konstruktion, Sicherheitsaspekte etc.).
(…)
Grundsätzlich werden bei allen Baumaßnahmen die Möglichkeiten zur Begrünung von Flachdächern geprüft. In der Regel werden begrünte Flachdächer realisiert.“
4. Städtische Wohnungsbaugesellschaften
Die städtischen Wohnungsbaugesellschaften GEWOFAG und GWG wurden ebenfalls um Stellungnahme zu Ihrem Antrag gebeten. Beide Wohnungsbaugesellschaften hatten bereits im Rahmen eines früheren Stadtratsantrages zur Öffnung der Dächer von Pilotprojekten an der Hochäckerstraße und am Ackermannbogen berichtet, bei denen erstmals im geförderten Wohnungsbau Dachgärten für gemeinschaftliche Nutzungen hergestellt wurden. Aus diesen Pilotprojekten sollen Erfahrungen in der Organisation bzw. Betreuung und im Unterhalt nutzbarer Dächer gewonnen werden. Beide Gesellschaften haben höhere Herstellungs- und Bewirtschaftungskosten im Vergleich zu ebenerdigen Freiflächen festgestellt, und zusätzlich Hürden durch Rahmenbedingungen und Vorgaben für den geförderten Wohnungsbau bestehen.
Die GEWOFAG teilte aktuell zudem Folgendes mit:
„Die in den Privathaushalten lebenden Münchner sollten in ihrem Privatleben und Sicherheitsbedürfnis im Privatleben nicht durch eine Öffnung der Häuser beeinträchtigt werden.“
Die GWG nimmt zu Ihrem Antrag wie folgt Stellung:
„Einer öffentlichen Nutzung bzw. Teilnutzung der Dächer des städtischen Wohnungsbestandes oder dessen Neubau, der in der Verwaltung der GWG München ist, stehen wir aufgeschlossen gegenüber, möchten jedoch auf die sich dabei ergebenden Problematiken hinweisen. Es handelt sich hier meist nicht nur um öffentliche Gebäude, sondern um Wohnraum für einen beschränkten Benutzerkreis, der einen Anspruch auf Wahrung seiner Privatsphäre (Wohnung und dazugehörende Nebenräume) hat. Dieser kann gestört werden, sollte eine öffentliche Nutzung ermöglicht werden. Es stellen sich weitere Fragen, wie z.B. Zutrittskontrolle, Einhaltung der zulässigen Personenzahl, zusätzliche Lärmquellen.
Aus technischer Sicht ist eine Nutzung von Dächern nur bei Flachdächern möglich. Häufig sind Flachdächer bereits begrünt, um den ökologischen Ausgleich herzustellen, bei einer Nutzung als Terrasse muss auf eine Dachbegrünung verzichtet werden. Im durch die GWG München verwalteten städtischen Wohnungsbestand sind überwiegend Steildächer vorhanden, teilweise bereits mit Dachgeschosswohnungen ausgebaut. Hier schließt sich eine öffentliche Nutzung bereits aus. Auf Steildächern könnten jedoch Photovoltaikanlagen installiert werden.
Sollte eine Nutzung als öffentlich zugängliche Terrasse ermöglicht werden können, so sind weitere Notwendigkeiten, wie Prüfung auf statische Tragfähigkeit, Anpassung der Dachkonstruktion, Zugangsschaffung zum Dach, Anbringen von Absturzsicherungen, Beleuchtung, Gestaltung der Flucht- und Rettungswege und Brandschutzmaßnahmen zu berücksichtigen. Diese Maßnahmen bringen erhebliche Zusatz- und Unterhaltskosten mit sich.
Für Neubauten mit Flachdächern und Dachterrassen müssen bereits in der Planung die oben genannten technischen Anforderungen eingeplant werden. Die Mehrkosten in Erstellung und Unterhalt können unserer Meinung nach nicht auf die Mieter der jeweiligen Gebäude umgelegt werden, sondern sind – wenn es sich um öffentliche Nutzungen handelt – über städtische Haushaltsmittel zu finanzieren.“
5. Referat für Stadtplanung und Bauordnung (PLAN)
Beim PLAN liegt aufgrund seiner Zuständigkeit ein wesentlicher Schwerpunkt auf der Nutzbarmachung von Dächern im Wohnungsbau. Im Rahmen von Bebauungsplänen mit Grünordnung und damit verbundenen Städtebaulichen Verträgen können dafür Regelungen getroffen werden. Dabei stehen Gemeinschafts-Dachgärten im Vordergrund, die von allen Bewohnerinnen und Bewohnern der jeweiligen Häuser genutzt werden und die Identifikation mit der Hausgemeinschaft stärken können. Eine Zugänglichkeit dieser Dachflächen für die Allgemeinheit im Sinne eines öffentlichen Raumes ist nicht vorgesehen, da dies zu Nutzungskonflikten führen würde.
Nach Angaben des PLAN wird die erweiterte Nutzung von Dachflächen im Baugenehmigungsverfahren bei Einzelgenehmigungen jedoch grundsätzlich positiv gesehen.
6. Zusammenfassung
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Nutzung von Dachflächen in München zur Schaffung von Freiräumen bei immer knapper werdenden Flächen weiterhin zu fokussieren und im Rahmen der Möglichkeiten umzusetzen ist. Die Erschließung von Dächern ist auf einem guten Weg. Neben einer Reihe von Dachgarten-Projekten, insbesondere für gemeinschaftliche Nutzungen im Wohnungsbau, wird beispielsweise auch die Idee der Bienenhaltung auf innerstädtischen Dachflächen umgesetzt.
Bezüglich der Öffnung von Dächern für die Bürgerschaft bzw. für die Öffentlichkeit besteht innerhalb der Fachdienststellen Einigkeit und Bereitschaft, vorhandene Potenziale innerhalb der oben genannten Gründe zu nutzen.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.