Würdiger Umgang mit dem ehemaligen KZ-Außenlager Dachau
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Rathaus Umschau 19 / 2019, veröffentlicht am 28.01.2019
Würdiger Umgang mit dem ehemaligen KZ-Außenlager Dachau
Antrag Stadtrats-Mitglieder Katrin Habenschaden und Dr. Florian Roth (Fraktion Die Grünen – rosa liste) vom 24.9.2015
Antwort Kulturreferent Dr. Hans-Georg Küppers:
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, teile ich Ihnen auf diesem Wege zu Ihrem Antrag vom 24.9.2015 Folgendes mit:
Mit oben genannten Antrag fordern Sie einen würdigen Umgang mit dem Gelände des ehemaligen KZ-Außenlager Allach BMW.
Das Kulturreferat stellt sich der Verantwortung, die Erinnerung an das Außenlager Allach und die Nachkriegsgeschichte besser sichtbar werden zu lassen. Bereits seit 2007 steht das größte erhaltene Relikt des ehemaligen Außenlagers, die sogenannte Sanitärbaracke, unter Denkmalschutz. Damit ist der Erhalt dieses historischen Gebäudes gesichert. Darüber hinaus steht das Kulturreferat mit dem Eigentümer des Gebäudes in Kontakt. Der Eigentümer ist sich der historischen Bedeutung der Baracke bewusst und versichert, dass diese bei künftigen Planungen und Maßnahmen auf dem Gelände berücksichtigt wird. Bezüglich Nachverdichtungsplänen der Siedlung Ludwigsfeld ist das Kulturreferat mit dem Planungsreferat in Kontakt, um auch dort das Bewusstsein für einen sehr behutsamen Umgang mit dem historischen Ort zu stärken.
Ebenso steht das Kulturreferat mit der KZ-Gedenkstätte Dachau und der Stiftung Bayerischer Gedenkstätten in engem Austausch, um die örtlichen Gegebenheiten zu überprüfen und die historische Bedeutung des ehemaligen KZ Außenlagers Allach BMW wie auch seiner Nachkriegsgeschichte sicht- und wahrnehmbar zu gestalten. Eine wichtige Etappe war die gemeinsame Beauftragung einer Machbarkeitsstudie 2016, die überprüfen sollte, welche Formen der Dokumentation und des Gedenkens in Ludwigsfeld realisierbar sind. Das Ergebnis, das am 6. Juni 2018 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, bündelt erstmals die historische wie gegenwärti ge Ausgangslage und stellt Perspektiven aller relevanter Akteure dar.
Die Studie finden Sie online unter: http://www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Kulturreferat/Stadtgeschichte/KZ-Aussenlager-Allach.html
Uns als Co-Auftraggebern der Studie war es besonders wichtig, dass alle Beteiligten und insbesondere die Überlebenden und ihre Vertretungen gehört und ihre Perspektiven in der Studie berücksichtigt werden. Darum haben wir auch frühzeitig das Comité International de Dachau und die La-gergemeinschaft Dachau eingebunden. Die durchweg positiven Reaktionen auf die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie aus dem Akteursumfeld – jenseits von unterschiedlichen Standpunkten im Einzelnen – sieht das Kulturreferat als Erfolg des partizipativen Ansatzes der Studie.
Am 6. Juni 2018 haben KZ-Gedenkstätte und Kulturreferat Handlungsfelder benannt, die in den nächsten Monaten und Jahren umgesetzt werden sollen:
- Beauftragung zweier wissenschaftlichen Studien zur KZ-Außenlagergeschichte und zur Nachkriegsgeschichte.
- Breitenwirksame Veröffentlichung in Form einer Broschüre (Vergleiche die Broschüre des Kulturreferats zum Oktoberfest-Attentat 1980, mittlerweile erschienen in der dritten überarbeiteten Auflage und kostenlos auch als Download erhältlich unter: http://www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Kulturreferat/Stadtgeschichte/Oktoberfest-Attentat.html) und Realisierung einer Sonderausstellung zu den Grabungen und Funden auf dem Gelände 2017.
- Einbindung des historischen Orts Ludwigsfeld in übergeordnete Print- und Digitalmedien. Geplant ist beispielsweise eine Aktualisierung des KulturGeschichtsPfads 24 und eine Verbesserung des Angebots im NS-Dokumentationszentrum München.
- Initiierung eines Jugendbildungsprojekts durch die KZ Gedenkstätte Dachau unter anderem mit BMW/MTU.
Die Ausschreibungen der wissenschaftlichen Studien sind im September 2018 erfolgt und eine Beauftragung ist noch im Januar 2019 geplant. Die Vorbereitungen für eine Sonderausstellung in der KZ Gedenkstätte Dachau haben begonnen.
Für eine in der Machbarkeitsstudie vorgeschlagene Gedenkplattform sind aktuell die Voraussetzungen noch nicht abschließend geklärt. Ein künftiges Angebot vor Ort soll nicht in Konkurrenz zu den bestehenden Einrichtungen (KZ Gedenkstätte Dachau, NS-Dokumentationszentrum unter anderem) stehen, sondern in die existierenden Erinnerungsorte/-landschaften eingebettet werden. Federführend durch die Expertise im Bereich Außenlager ist die KZ-Gedenkstätte Dachau/Stiftung Bayerische Gedenkstätten. Eine Beteiligung beziehungsweise Unterstützung durch die Landeshauptstadt München wird vom Kulturreferat vorbehaltlich aller notwendigen politischen und behördlichen Entscheidungen angestrebt. KZ-Gedenkstätte Dachau und Kulturreferat sind bezüglich eines Angebots vor Ort auch mit den Eigentümern und dem Planungsreferat in regem Austausch für eineallseits trag- und realisierbare Lösung. Auch künftig ist es uns wichtig, den Weg zu einem würdigen Gedenken vor Ort transparent und offen zu führen. Darum werden wir alle Beteiligten, den Bezirksausschuss und die Öffentlichkeit weiterhin über die Fortschritte informieren.
Zum Sachstand der Grabungen auf dem Gelände kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Dieter Reiter beauftragte am 14. Oktober 2015 den Gründungsdirektor des NS-Dokumentationszentrums Professor Dr.-Ing. Winfried Nerdinger mit der Einberufung eines „Runden Tisches“, um das weitere Vorgehen hinsichtlich der Vermutung von Massengräbern auf dem Gelände des ehemaligen KZ-Außenlagers in der Granatstraße mit sämtlichen relevanten Akteuren zu thematisieren. Auf Vorschlag des Oberbürgermeisters wurden zur konstituierenden Sitzung am 19.4.2016 eingeladen: Vertretungen der IKG von München und Oberbayern, Abteilung Denkmalschutz des Planungsreferats der Landeshauptstadt München, KZ-Gedenkstätte Dachau, Projektgemeinschaft Granatstraße 12, Landesamt für Denkmalpflege, Vertreter der historischen Stadtteilarbeit, Stiftung bayerische Gedenkstätten, Kulturreferat, Abteilung 1 Stadtgeschichte.
Ab Frühjahr 2016 wurde das betroffene Areal mit kontinuierlicher wissenschaftlicher Begleitung des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege fachgerecht vollflächig archäologisch durch ein Büro für Archäologie untersucht. 2017 wurden zwölf Skelette gefunden und in der üblichen wissenschaftlichen Vorgehensweise geborgen, dokumentiert und anthropologisch untersucht und unter Aufsicht des Landesamts für Denkmalpflege in zwölf Särgen einzeln umgebettet. Die Beteiligten des Rundes Tisches haben einvernehmlich entschieden, die zwölf Skelette auf dem Waldfriedhof Dachau zu bestatten. Am 15.12.2017 fand unter Mitwirkung des Kulturreferates die Bestattung in einer multireligiösen Zeremonie im Beisein von Überlebendenverbänden statt.
Hinsichtlich Überlegungen zur künftigen Nutzung des Fundortes ist das Kulturreferat im Kontakt mit dem Comité International de Dachau, der Lagergemeinschaft Dachau, der KZ Gedenkstätte Dachau, der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, dem Eigentümer und dem Planungsreferat. Dabei ist es uns wichtig, gemeinsam eine würdige Form des Erinnerns zu entwickeln. Da die Planungen zur künftigen Nutzung noch nicht abgeschlossen sind, können dazu noch keine abschließenden Aussagen getroffen werden. Gleichwohl deuten alle Gespräche in eine gute und einvernehmliche Rich-tung, da allen Beteiligten die Bedeutung des historischen Ortes ein großes Anliegen ist.
Ich bitte Sie, von den vorstehenden Ausführungen Kenntnis zu nehmen, und hoffe, dass Ihr Antrag zufriedenstellend beantwortet ist und als erledigt gelten darf.