E-Tretroller (1)
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Professor Dr. Jörg Hoffmann, Dr. Michael Mattar, Gabriele Neff, Thomas Ranft und Wolfgang Zeilnhofer (damals Fraktion FDP – HUT) vom 25.7.2019
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle:
Ihrer Anfrage legen Sie folgenden Sachverhalt zu Grunde:
„Die E-Tretroller sind nun in München angekommen. Der anfänglichen Euphorie ist zunehmende Skepsis gewichen. Allerdings gibt es aus unserer Sicht noch erhebliche Informationsdefizite der (potentiellen) Nutzer. Beige- tragen hat dazu eine wenig logische Zulassungsregelung des Bundes. Es ist schleierhaft, warum E-Tretroller mit einer maximalen Geschwindigkeit von 20 Km/h völlig anders behandelt werden als beispielsweise Pedelecs oder E-Fahrräder, die bis zu 25 km/h fahren können.“
Herr Oberbürgermeister Reiter hat mir Ihre Anfrage zur Beantwortung zugeleitet. Die darin aufgeworfenen Fragen beantworte ich wie folgt:
Frage 1:
Sieht die Landeshauptstadt München die unterschiedliche Behandlung von Pedelecs, E-Fahrrädern und E-Tretrollern (Versicherungspflicht, Alkoholgrenzen) für nachvollziehbar und gerechtfertigt an?
Antwort:
Der Bundesgesetzgeber begründet die unterschiedliche Behandlung von Pedelecs, S-Pedelecs, E-Fahrrädern und E-Tretrollern anhand des Antriebs mit Muskel- bzw. Motorkraft in Verbindung mit den motorisiert unterstützten Höchstgeschwindigkeiten.
Unter den verschiedenen Fahrzeugarten ist Folgendes zu verstehen:
-Pedelecs
Pedelecs werden unterstützend zur Muskelkraft mit einem Elektromotor angetrieben. Die elektrische Unterstützung bei der Fortbewegung entsteht durch das Treten der Pedale. Bei einer Unterstützungsleistung bis zu 25 km/h handelt es sich um Fahrräder mit elektronischer Unterstützung, die verkehrsrechtlich den Fahrrädern gleichgestellt sind. Dies gilt auch dann, wenn eine Beschleunigung des Fahrzeuges auf eine Geschwindigkeit von bis zu 6 km/h ohne gleichzeitiges Treten möglich ist.-S-Pedelecs
Bei sogenannten S-Pedelecs handelt es sich um Kraftfahrzeuge mit Elektro-Hilfsantrieb, die bei kombiniertem Einsatz von Muskel- und Motorkraft eine Geschwindigkeit von bis zu 45 km/h erreichen und daher als Kleinkraftrad eingestuft werden.
-E-Fahrräder
Bei reinen E-Fahrrädern ist dagegen für die Fortbewegung kein Treten der Pedale erforderlich. Wie bei Pedelecs hängt auch bei E-Bikes die konkrete Einstufung und die in der Folge geltenden Regeln von der motorisiert unterstützten Höchstgeschwindigkeit ab. E-Fahrräder bis maximal 20 km/h Höchstgeschwindigkeit gelten als Leichtmofas, E-Bikes bis maximal 25 km/h als Mofa und E-Fahrräder bis 45 km/h als Kleinkrafträder.
In jedem Fall handelt es sich jedoch um ein Kraftfahrzeug.
Zu beachten ist dabei, dass in der öffentlichen Wahrnehmung sowohl Pedelecs, S-Pedelecs als auch reine E-Fahrräder oft undifferenziert als sogenannte E-Bikes bzw. E-Fahrräder bezeichnet werden. S-Pedelecs und E-Fahrräder gelten rechtlich jedoch ebenso wie E-Tretroller als Kraftfahrzeug mit den vorgesehenen Folgen auf Basis der bestehenden gesetzlichen Regelungen (z.B. zu Versicherungspflicht , Alkoholgrenzen oder der zulässigen Verkehrsflächen).
Die gesetzlich vorgesehene Differenzierung zwischen den vorstehend aufgeführten Verkehrsmitteln ist anhand des maßgeblichen Unterscheidungsmerkmals des Muskel- bzw. Motorantriebs in Verbindung mit der Unterstützungsleistung schlüssig und nachvollziehbar.
Hinsichtlich der Alkoholgrenzen und die Versicherungspflichten erscheint eine unterschiedliche Behandlung von E-Tretrollern, S-Pedelecs und E-Fahrrädern im Vergleich zu Fahrrädern und Pedelecs auch gerechtfertigt. Der Antrieb ohne eigenes körperliches Zutun und die mit S-Pedelecs relativ einfach erreichbare hohe Geschwindigkeit von bis zu 45 km/h bringen ein deutlich höheres Risiko für die Verkehrssicherheit als rein mit Muskelkraft betriebene Fahrräder oder Pedelecs mit Unterstützungsleistungen bis maximal 25 km/h mit sich.
Die unterschiedlichen Regelungen zu den zulässigen Verkehrsflächen von E-Tretrollern im Vergleich zu Fahrrädern sind aus Sicht des Kreisverwaltungsreferats bei der Evaluierung der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung durch den Bundesgesetzgeber näher zu betrachten. Dies gilt beispiels-weise hinsichtlich der Vorgabe zur zwingenden Nutzung von baulichen Radwegen durch E-Tretroller unabhängig von einer bestehenden Radwegebenutzungspflicht. Weiterhin dürfen für den Radverkehr freigegebene Gehwege oder für den Radverkehr in Gegenrichtung geöffnete Einbahnstraßen nicht automatisch von E-Tretrollern genutzt werden. Auch wenn es aus Verkehrssicherheitsaspekten für dieses neue Verkehrsmittel sinnvoll ist, nicht von Anfang an alle für den Radverkehr vorgesehenen Verkehrsflächen für das Kraftfahrzeug E-Tretroller freizugeben, so wird es im Hinblick auf eine für Verkehrsteilnehmer gut verständliche Regelung und einer möglichst sparsamen Beschilderung („Schilderwald“) erforderlich sein, dies anhand von Erfahrungswerten zu überprüfen.
Frage 2:
Warum dürfen E-Tretroller nicht überall dort fahren, wo Pedelecs/E-Fahrrä- der erlaubt sind?
Antwort:
Die für E-Tretroller vorgesehenen Verkehrsflächen sind vom Bundesgesetzgeber in der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung geregelt. Im Hinblick auf die unter Ziffer 1 dargestellten Unterschiede zwischen E-Fahrrädern und Pedelecs ist darauf hinzuweisen, dass reine E-Fahrräder und S-Pedelecs auch nicht überall fahren dürfen, wo etwa Fahrräder und Pedelecs bis 25 km/h Unterstützungsleistung zulässig sind. Auf Radwegen dürfen S-Pedelecs und reine E-Fahrräder über 25 km/h beispielsweise innerorts nicht fahren. E-Fahrrädern bis 25 km/h ist dies nur erlaubt, wenn die Nutzung mittels Verkehrszeichen „E-Bikes frei“ bzw. „Mofa frei“ explizit freigegeben ist.
Von der im Einzelfall möglichen Freigabe von Verkehrsflächen für E-Tretroller über die Regelungen in der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung hinaus, wurde seitens des Kreisverwaltungsreferats bisher kein Gebrauch gemacht. Zum einen gilt es zunächst, Erfahrungswerte zu diesem neuen Verkehrsmittel zu sammeln. Zum anderen ist zu prüfen, inwiefern für die Freigabe von zusätzlichen Verkehrsflächen auf die im Radverkehr herangezogenen Kriterien zurückgegriffen werden kann oder neue zu entwickeln sind. Zudem ist etwa bei der Freigabe von Gehwegen oder Fußgängerzonen zu klären, ob dies im zu prüfenden Abschnitt mit der straßenrechtlichen Widmung im Einklang steht oder auch diesbezüglich eine Änderung erfolgen müsste.
Frage 3:
Welche Möglichkeiten hat die Verwaltung das Abstellen von E-Tretrollern und Fahrrädern stärker zu regeln, um Fußgänger weniger zu belästigen?
Antwort:
In der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung sind für Kommunen zu E-Tretroller-Sharing-Angeboten keine gesonderten Regelungsmöglichkeiten vorgesehen. Das reine Abstellen von Elektrotretrollern zur gewerblichen Vermietung ist – genau wie bei Fahrrädern – so genannter Gemeingebrauch von öffentlichem Verkehrsgrund und braucht keine Genehmigung. Die E-Tretroller können überall abgestellt werden, wo sie aufgrund der allgemein geltenden verkehrsrechtlichen Vorschriften kein Sicherheitsrisiko sind und keine Behinderung darstellen.
Der Landeshauptstadt München ist es rechtlich daher nicht möglich, den Anbietern oder Nutzerinnen und Nutzern verbindliche und sanktionsfähige Vorgaben zu machen. Auf Basis der am 14.6.2019 veröffentlichten Freiwilligen Selbstverpflichtungserklärung wirkt die Stadtverwaltung im Austausch mit den Anbietern jedoch fortlaufend auf Verbesserungen zum Abstell- und Nutzungsverhalten von E-Tretrollern hin.