Corso Leopold: Alkohol- und Tabakwerbung auf einem Familienfest
unterbinden
Antrag Stadtrat Tobias Ruff (ÖDP) vom 31.5.2019
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle:
Mit Schreiben vom 31.5.2019 haben Sie den o.g. Antrag gestellt und konkret beantragt:
„Die Landeshauptstadt München setzt sich mit den ihr zu Verfügung stehenden Mitteln dafür ein, dass auf dem Corso Leopold zukünftig keine Werbeveranstaltungen für Produkte durchgeführt werden, die nach dem Jugendschutzgesetz Beschränkungen unterliegen.“ Zur Begründung Ihres Antrages tragen Sie vor:
„Von der ursprünglichen Idee, dass mehrmals im Jahr der Autoverkehr von der Leopoldstraße ausgeschlossen wird, um Anwohnerinnen und Anwoh- ner sowie Bürgerinnen und Bürger zum Flanieren und Genießen einzuladen, ist mittlerweile nicht mehr viel übrig. Längst bilden Kunst und Kultur nicht mehr den Schwerpunkt. Stattdessen hat sich der Corso Leopold zwischen Georgenstraße und Münchner Freiheit zu einer lärmenden, kommerziellen Partymeile entwickelt. Kultur und Politik sind kaum mehr als ein willkommenes Feigenblatt.
Den Gipfel dieser Entwicklung stellen Promotionstände dar, auf denen Hersteller von Zigaretten und Alkoholika ihre Produkte offensiv anpreisen. Selbstverständlich soll es auch weiterhin auf Münchner Straßenfesten möglich sein, ein Bier zu trinken oder unter freiem Himmel zu rauchen. Es ist jedoch nicht hinnehmbar, dass auf Festen mit Angeboten für Kinder und Jugendliche Produkte auf eigens eingerichteten Ständen beworben wer- den, welche der Bundesgesetzgeber im Jugendschutzgesetz als gefährlich einstuft.“
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadträte nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Die Genehmigung von Veranstaltungen nach § 29 Abs. 2 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) liegt in der Zuständigkeit des Kreisverwaltungsreferats. Der Inhalt des Antrags betrifft damit eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist nicht möglich. Ich erlaube mir daher, Ihren Antrag in Abstimmung mit dem Oberbürgermeister auf dem Schriftwege wie folgt zu beantworten:Ihren Antrag habe ich zum Anlass genommen, den Corso Leopold e.V., Veranstalter des Corso Leopolds, sowie das städtische Jugendamt einzubinden.
Der Corso Leopold e.V. hat mit E-Mail vom 15.7.2019 Folgendes mitgeteilt:
„Das Ziel, den Tabak- und Alkoholkonsum nicht zu fördern, teilen wir und können den Antrag der ÖDP insofern nachvollziehen. Wir als Veranstalter haben allerdings auch das Ziel, Kunst, Kultur und Künstler zu fördern. Dabei müssen wir ohne finanzielle Verluste auskommen – ein Kunststück angesichts permanent steigender Kosten. Die riesige Veranstaltung wird durch einen sehr großen Einsatz ehrenamtlicher Arbeit des Vereins organisiert. Eine entsprechende Anerkennung seitens der Stadtpolitik würden wir begrüßen.
Die gesetzliche Grundlage lässt bei öffentlichen Veranstaltungen Werbung für Tabak und Alkohol zu. Die Veranstaltung ist aktuell auf das Sponsoring der Firmen auch dieser Branchen angewiesen. Sollte der Corso Leopold eine auskömmliche finanzielle Ausstattung bekommen, z.B. durch die Landeshauptstadt München, verzichtet er gerne auf diese Form der Werbung. Bis dahin freuen wir uns über das lebhafte Interesse der politischen Parteien, Teil unserer Veranstaltung zu sein und so viele Bürger wie sonst nirgendwo ansprechen zu können.“
Das Stadtjugendamt hat mit Schreiben vom 27.8.2019 Folgendes mitgeteilt:
„Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor schädigendem Alkohol- und Tabakkonsum ist ein zentrales Schwerpunktthema des Jugendschutzes. Das Jugendschutzgesetz beinhaltet demnach klare Verbote in Bezug auf die Abgabe von alkoholischen Getränken und Tabakwaren an Kinder und Jugendliche sowie die Gestattung des Konsums in der Öffentlichkeit. Auch gibt es Zeit- und Aufenthaltsbeschränkungen an öffentlichen Orten, wie beispielsweise in Gaststätten oder bei Tanzveranstaltungen, die sich insbesondere auch aus dem Schutz vor schädigendem Alkohol- und Tabakkonsum begründen.
Hinsichtlich der Werbung für Alkohol- und Tabakwaren auf öffentlichen Veranstaltungen, wie dem Corso Leopold, sieht das Jugendschutzgesetz keine Verbote oder einschränkende Bestimmungen vor.
Die Hersteller einschlägiger Produkte, z.B. von alkoholischen Getränken, haben jedoch gemeinsam mit dem Zentralverband der deutschen Wer-bewirtschaft (ZAW) grundsätzliche Verhaltensregeln aufgestellt, die vom Deutschen Werberat überwacht werden.
Demnach soll beispielsweise die kommerzielle Kommunikation für alkoholische Getränke Kinder und Jugendliche weder zum Trinken alkoholischer Getränke auffordern, noch trinkende bzw. zum Trinken auffordernde Kinder oder Jugendliche zeigen. Auch soll die kommerzielle Kommunikation keine Aussagen enthalten, in denen Kinder oder Jugendliche als noch nicht alt genug für den Konsum alkoholischer Getränke angesprochen und dadurch zum Trinken provoziert werden.
Dem Stadtjugendamt liegen derzeit keine Kenntnisse vor, die eine Verletzung der grundsätzlichen Verhaltensregeln seitens der auf dem Corso Leopold vertretenden Hersteller nahe legen. Sofern entsprechende Hinweise bekannt werden, wird das Stadtjugendamt die Einreichung einer Beschwerde beim Deutschen Werberat prüfen und ggf. anregen.
Darüber hinaus kann das Stadtjugendamt bei einer öffentlichen Veranstaltung Alters- oder Zeitbegrenzungen für Kinder und Jugendliche anordnen, wenn von der Veranstaltung eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen ausgeht. Dabei müssen die ggf. festgelegten Begrenzungen nach Abwägung des öffentlichen Interesses am Schutz von Kindern und Jugendlichen und den wirtschaftlichen Interessen des Veranstalters erforderlich und angemessen sein.
Bei der Beurteilung ist damit ausschlaggebend, dass eine erhebliche Gefährdung von Kindern und/oder Jugendlichen wahrscheinlich ist. Dem Stadtjugendamt liegen derzeit jedoch keine Erkenntnisse vor, – wie z.B. umfangreiche Verstöße gegen die Jugendschutzbestimmungen zur Abgabe von alkoholischen Getränken und Tabakwaren an Kinder und Jugendliche oder die Gestattung des entsprechenden Konsums – die die Annahme einer offensichtlichen und erheblichen Gefährdungslage begründen würde.
In der Gesamtbetrachtung kommen wir daher zu der Einschätzung, dass das bestehende Veranstaltungskonzept ‚Corso Leopold‘ eine Beeinträchtigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls anwesender Kinder und Jugendlicher ausschließt.“
Ergänzend hierzu lässt sich festhalten, dass das Kreisverwaltungsreferat sicherheitsrechtliche Aspekte im Genehmigungsverfahren prüft. Die inhaltliche Auswahl der Stände obliegt ausschließlich dem Veranstalter.Ich darf Sie um Kenntnisnahme dieser Ausführungen bitten und gehe davon aus, dass diese Angelegenheit damit erledigt ist.