Folgerungen aus rückläufigen Flüchtlingszahlen für die Personalbewirtschaftung bei der Landeshauptstadt München?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Johann Altmann, Dr. Josef Assal, Eva Caim, Richard Progl und Mario Schmidbauer (Fraktion Bayernpartei) vom 24.8.2018
Antwort Stephanie Jacobs, Referentin für Gesundheit und Umwelt:
Ihrer Anfrage liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
„Im März 2017 ging das städtische Sozialreferat von einem Zugang von 3.000 Flüchtlingen pro Jahr (Königsteiner Schlüssel) für München aus. Asylsuchende müssen spätestens am dritten Tag nach Aufnahme in die Ersteinrichtungen vom Gesundheitsamt untersucht werden sowie Impfungen angeboten und durchgeführt werden. Die Impfungen der Flüchtlinge sind von besonderer Bedeutung, um einem Ausbruch von Infektionskrankheiten und damit einem Übergreifen auf die Münchner Bevölkerung entgegenzuwirken. Die Untersuchungszahlen sind insbesondere seit 2016 rückläufig und stellten sich im ersten Quartal 2017 wie folgt dar: Januar 354, Februar 351, März 259 usw.
Das für die Untersuchungen/Impfungen notwendige Personal wurde in den letzten Jahren aufgestockt, ist aber befristet beschäftigt worden. Grund hierfür war, dass das Personal- und Organisationsreferat des Öfteren die fehlende Stellenbemessung angemahnt hat, um den tatsächlichen Personalbedarf feststellen zu können.
Von Seiten der Regierung von Oberbayern wurde eine Personalkapazität für 75 Untersuchungen pro Tag bis Ende 2018 für notwendig erachtet. Die Kosten der Impfungen werden der Regierung von Oberbayern von der Landeshauptstadt München (35 Euro pro Impfung) in Rechnung gestellt. Der Stadtrat hat dieser Befristung von 14,5 Stellen bis Ende 2018 zugestimmt. Der weitere Bedarf an Impfkapazität bzw. Personalkapazität ab 2019 soll nun im Rahmen einer Berichterstattung dem Stadtrat zur Kenntnis gebracht werden.“
Herr Oberbürgermeister Reiter hat mir Ihre Anfrage zur Beantwortung zugeleitet. Zunächst bedanke ich mich für die Fristverlängerung. Die darin aufgeworfenen Fragen beantworte ich unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der Regierung von Oberbayern und des Sozialreferats wie folgt:
Frage 1:
Wie viele Flüchtlinge sind 2017 und im 1. Halbjahr 2018 in München aufgenommen worden?
Antwort:
Die Regierung von Oberbayern hat hierzu mitgeteilt, dass im Zeitraum 1.1. bis 31.12.2017 im Ankunftszentrum in München knapp 13.000 Personen und im Zeitraum 1.1. bis 30.6.2018 knapp 5.500 Personen aufgenommen wurden. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass sich die Halbjahreszugänge nicht ohne weiteres auf einen Ganzjahreswert hochrechnen lassen.
Frage 2:
Wie hat sich der Impfstatus der Flüchtlinge entwickelt?
Antwort:
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich der Impfstatus der Flüchtlinge in Erstaufnahme- und Gemeinschaftsunterkünften positiv entwickelt hat. Auch ist in dem angefragten Zeitraum kein nennenswerter Infektionsausbruch an impfpräventablen Krankheiten in Gemeinschaftsunterkünften in München vorgekommen, was durchaus auch an der hohen Impfbereitschaft gelegen hat.
Wie schon in Beantwortung des Antrags Nr. 14-20/A 04135 vom 1.6.2018 von der Bayernpartei ausgeführt, wurde bei rund 99% aller Asylsuchenden, die im Anschluss an die Erst-Untersuchung nach § 62 Asylgesetz vorgestellt werden, Impflücken festgestellt. Soweit Einverständnis besteht, wird die Grundimmunisierung zu diesem Zeitpunkt begonnen. Alle Asylsuchenden erhalten Impfausweise und weitergehende Impfempfehlungen, auch wenn sie anschließend aus München abverlegt werden.
Für die Teilnahme an Folgeimpfungen liegen dem Referat für Gesundheit und Umwelt vor: Im Zeitraum 04/2016 bis 07/2018 wurden wiederholt Impfpasskontrollen in den Gemeinschaftsunterkünften durchgeführt. Dabei erhielten 3.879 Asylbewerberinnen und Asylbewerber Impfberatungen und Impfempfehlungen. 1.223 Personen erhielten eine Erst-Impfung und 1.260 Personen in Gemeinschaftsunterkünften nahmen an Folgeimpfungen teil1. Insgesamt 554 Personen konnten vollständig grundimmunisiert werden. Es wurden deutlich mehr Impfempfehlungen ausgesprochen als Impfungen durchgeführt, da sich insbesondere versicherte Flüchtlinge (z.B. nach 15 Monaten ununterbrochenem und nicht selbst verschuldetem Aufenthalt in Deutschland) bei ihrer Hausärztin/ ihrem Hausarzt impfen lassen können. Über diese Impfungen liegen keine Daten vor.
Frage 3:
Wie viele Untersuchungen/Impfungen pro Tag wurden 2017 und im 1. Halbjahr 2018 durchgeführt?
Antwort:
Die Zahlen für die Impfungen können folgendermaßen beziffert werden: Im Jahr 2017 wurden an 188 Impftagen bei 4.399 Personen 7.151 Impfungen durchgeführt (38 Impfungen/Tag). Im ersten Halbjahr 2018 wurden an 119 Impftagen bei 2.636 Personen 4.793 Impfungen durchgeführt (40,3 Impfungen/Tag). Oftmals erfolgen 2 Impfungen gleichzeitig.
Die Zahlen der Untersuchungen nach § 62 AsylG und § 36 IfSG können folgendermaßen beziffert werden:
Im Jahr 2017 wurden an 248 Arbeitstagen 5.258 Untersuchungen nach § 62 Asylgesetz (AsylG) durchgeführt. Die Schwankungsbreite pro Tag lag zwischen 2 und 77 Untersuchungen.
Im Zeitraum 1.1. bis 31.8.2018 wurden an 167 Tagen 3.851 Untersuchungen durchgeführt, wobei die Schwankungsbreite zwischen 3 und 75 Untersuchungen pro Tag lag.
Ebenfalls zu den Aufgaben des RGU gehört die Untersuchung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge (umF) zum Ausschluss einer anstekkungsfähigen Lungentuberkulose gemäß § 36 Infektionsschutzgesetz (IfSG) im Auftrag des Sozialreferats. Im Jahr 2017 wurden 283 umF untersucht. Im Zeitraum vom 1.1. bis 31.8.2018 wurden 89 Untersuchungen nach § 36 IfSG bei umF durchgeführt.
Die Regierung von Oberbayern hat aktuell eine vorzuhaltende Untersuchungskapazität von 50 Untersuchungen pro Arbeitstag gefordert.
Frage 4:
Wurden für die vorgehaltenen Personalstellen nun wie gefordert Stellenbemessungen durchgeführt und wenn ja, mit welchem Ergebnis?
Antwort:
Eine Stellenbemessung wurde gemäß städtischem Leitfaden zur Stellenbemessung und entsprechendem Stadtratsauftrag durchgeführt.
Die geforderten 50 Untersuchungen pro Tag können mit dem bereits vorhandenen (1 VZÄ Arzt) nach der Bemessung sichergestellt werden. Die Stellenbemessung hatte damit keine weitere notwendige Personalmehrung als Ergebnis.
Im Rahmen der Umsetzung der Sitzungsvorlage „Haushaltsplan 2019 Eckdatenbeschluss“ (Nr. 14-20/V 11494) vom 25.7.2018 sind die vorhandenen befristeten Stellen auf dem Büroweg entfristet worden.
Frage 5:
Bitte geben Sie eine Darstellung der Gesamterlöse sowie der Personal- und Sachkosten für 2016 und 2017.
Antwort:
Die Erlöse in 2017 sind im Vergleich zu 2016 stark zurückgegangen. Dies liegt einerseits am Rückgang der Untersuchungszahlen. Anderseits wurden in 2016 auch noch Vorgänge aus dem Jahr 2015 abgerechnet, die aufgrund der hohen Arbeitsauslastung in 2015 nicht mehr dem Haushaltsjahr 2015 zugeordnet werden konnten.
Ein Teil der Sachkosten kann der Regierung von Oberbayern in Rechnung gestellt werden. Es handelt sich hier um die Kosten der Impfstoffe. Diese wurden (vgl. Frage 6) von der Regierung von Oberbayern zu 100% zurückerstattet.
Die Sachkosten zwischen 2016 und 2017 haben sich nur unwesentlich verändert. Der größte Kostenfaktor ist der Aufwand für den zusätzlich eingerichteten Bewachungsdienst. Dieser Posten bleibt unverändert, unabhängig von den Untersuchungszahlen. Die Abrechnung dieser Kosten wird derzeit noch mit dem Sozialreferat geklärt.
Mit Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 12347 „Umsetzung der Bayerischen Impfstrategie“ wurde die Schaffung eines „Impfkompetenzzentrums“ in der Schwanthaler Straße 69 beschlossen. Durch die Bündelung aller Impfangebote kann kosteneffizienter gearbeitet werden. Damit werden auch die Kosten für den zusätzlichen Bewachungsdienst entfallen, da ein entsprechender Sicherheitsdienst in der Schwanthaler Straße 69 schon eingerichtet ist.
Frage 6:
Wurden die für die Regierung von Oberbayern durch die Landeshauptstadt München erbrachten Leistungen nach § 62 Asylgesetz für 2016/2017 vollständig erstattet?
Antwort:
Das Sozialreferat hat hierzu mit Schreiben vom 13.9.2018 mitgeteilt, dass die Regierung von Oberbayern alle Kostenerstattungen in voller Höhe anerkannt und die Kosten ohne Abzüge erstattet hat.
1 Die Zahl der Folgeimpfungen umfasst auch Personen, die an anderer Stelle (z. B. Im Rahmen der Erstuntersuchung nach § 62 Asylgesetz) eine Erst-Impfung erhielten.