Wie viel zusätzlicher Wohnraum wurde durch die Lokalbaukommission verhindert?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Johann Altmann, Dr. Josef Assal, Eva Maria Caim, Richard Progl und Mario Schmidbauer vom 26.1.2018
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr.(I) Elisabeth Merk:
Mit Schreiben vom 26.1.2018 haben Sie gemäß § 68 GeschO folgende Anfrage an Herrn Oberbürgermeister gestellt, die vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung wie folgt beantwortet wird.
Wir bedanken uns für die zweimalig gewährte Fristverlängerung vom 30.6.2018 und 28.2.2019. Leider konnte auch die zuletzt gewährte Fristverlängerung bis 30.9.2019 aufgrund eines Büroversehens nicht eingehalten werden. Wir bitten hierfür um Entschuldigung.
In Ihrer Anfrage führen Sie Folgendes aus:
Obwohl dringend Wohnraum in München geschaffen werden müsse, würden immer wieder Bauanträge durch die Lokalbaukommission abgelehnt, mit denen zusätzlicher Wohnraum durch z.B. Dachgeschossausbau oder Wohnungen im Tiefparterre entstehen sollten. Damit würden Chancen vergeben, in einem verträglichen Maß und ohne Nachverdichtung zusätzliche Wohnungen zu erhalten, bzw. den Druck der extremen Nachverdichtung bei anderen Baumaßnahmen vermindern. Angeregt wird, durch auch unkonventionelle Lösungen, zu einer Entspannung des Münchner Wohnungsmarktes beizutragen.
Vor Beantwortung der Einzelfragen, möchten wir Folgendes ausführen: Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung – Lokalbaukommission sieht sich als Baugenehmigungsbehörde, nicht als Bauverhinderungsbehörde. Das heißt, dass wir jede Bauherrin und jeden Bauherrn auf dem Weg zu einem genehmigungsfähigen Bauvorhaben begleiten wollen. Wenn nicht alle Vorschriften eingehalten werden, ist in manchen Fällen die Erteilung von Abweichungen, Ausnahmen oder Befreiungen möglich. Scheidet dies aus Rücksicht auf die Nachbarn oder die Interessen der Allgemeinheit aus, beraten wir Bauherrinnen und Bauherrn umfangreich und suchen gemeinsam nach Alternativen. Insofern nehmen wir als Referat für Stadtplanung und Bauordnung – Lokalbaukommission für uns in Anspruch, einen bestmöglichen Beitrag zu einer regen und für alle Beteiligten verträglichen Bautätigkeit zu leisten.
Die gestellten Fragen zu statistischen Auswertungen sind leider nur zum Teil beantwortbar. Grundsätzlich ist Voraussetzung jeder automatisierten elektronischen Auswertung die Hinterlegung der Daten in eindeutiger undauswertbarer Form, meist durch Ankreuz- oder Klickfelder oder eindeutige Begriffe. Da es sich bei Baugenehmigungsverfahren um sehr komplexe Verfahren handelt, die sehr unterschiedlich ablaufen, weil häufig Änderungen vorgenommen werden, ein Austausch zwischen Antragsteller und Behörde (Beratung) stattfindet und auch zeitlich und örtlich individualisierte, einzelfallbezogene Annahmen getroffen werden, ist die Abbildung in eindeutigen, auswertbaren Parametern nur begrenzt möglich.
Konkret ist bei Bauanträgen die von Ihnen abgefragte statistische Auswertung aus folgenden Gründen nur zum Teil möglich: Zwar werden sämtliche Bauanträge elektronisch erfasst und bearbeitet, aber nach einer Ablehnung wird der jeweilige Vorgang abgeschlossen. Bei Einreichung eines geänderten Antrags auf demselben Grundstück wird ein neuer Vorgang eröffnet. Die Vorgänge können nicht für eine Auswertung miteinander verknüpft werden, allenfalls wäre eine händische Auswertung nach Adressen- bzw. Flurnummernvergleich möglich. Dies würde angesichts der inmitten stehenden Vorgangszahlen einen erheblichen Aufwand auslösen.
Ein zweiter Aspekt ist Folgender: Sind Anträge nicht genehmigungsfähig, wird der Antragsteller vor Ablehnung hierauf hingewiesen und bekommt eine Frist zur Zurückziehung des Antrags. Häufig wird diese Frist von den Antragstellern dazu genutzt, den Antrag zu ändern. In diesem Fall kommt es zu keiner Ablehnung, sondern es wird nun über den geänderten Antrag entschieden. Da die Änderungen meist nach Beratung durch die Lokalbaukommission vorgenommen werden, können die Anträge dann häufig genehmigt werden. Diese Konstellation wird nicht auswertbar erfasst, sondern wäre nur durch händische Auswertung sämtlicher Bauanträge zu ermitteln.
Dies vorausgeschickt, können die einzelnen Fragen wie folgt beantwortet werden:
Frage 1:
Wie viele Bauanträge privater Antragsteller, die zusätzlichen Wohnraum schaffen wollten, wurden in den letzten fünf Jahren abgelehnt? Bitte unterteilen in zusätzliche, abgeschlossene Wohnungen und zusätzlichen Wohnraum in vorhandenen Wohnungen.
Antwort:
Die Zahl der Ablehnungen ist niedrig: So wurden im Jahr 2018 von annähernd 6.000 Bauanträgen nur ca. 150 abgelehnt. Diese Zahl bezieht sich allerdings auf alle Bauanträge, nicht nur auf Wohnbauvorhaben und kann auch Vorhaben enthalten, die aufgrund eines weiteren Antrags in geänderter Form genehmigt wurden.Zum Vergleich: Im selben Jahr wurden ca. 12.580 Wohneinheiten genehmigt. Die (endgültig) abgelehnten Wohneinheiten werden nicht erfasst.
Frage 2:
Aus welchen Gründen wurden die Anträge abgelehnt?
Antwort:
Bauanträge werden genehmigt, wenn die öffentlich-rechtlichen Anforderungen eingehalten sind; entsprechend werden sie abgelehnt, wenn die öffentlich-rechtlichen Anforderungen nicht eingehalten sind. Die jeweiligen Gründe werden nicht statistisch auswertbar erfasst.
Eine interne Abfrage nach den häufigsten Ablehnungsgründen hat jedoch ergeben, dass Vorhaben zumeist endgültig abgelehnt werden, wenn sie im Vergleich zur Nachbarbebauung überdimensioniert sind oder die Art der Nutzung nicht gebietsverträglich ist. Im Hinblick auf die Nachbarbebauung sind häufig die „kleinen“ Bauvorhaben tatsächlich problematischer als größere Vorhaben, weil die Umgebung deutlich kritischer auf die Größe und mögliche Emissionen neuer Vorhaben reagiert. Auch gegen die Erteilung von Abweichungen vom Abstandsflächenrecht sperren sich die Nachbarn in typischen Wohngebieten mit Ein- und Zweifamilienhäusern häufig vehement. Auch der Stadtrat hat dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung aufgegeben, in diesen Bereichen (Gartenstadtgebieten) restriktiv zu genehmigen und zu verhindern, dass Quartiere zu sehr in Bewegung geraten. Teilweise wird auch versucht, Kellerräume durch Abgrabungen o.ä. als Wohnraum nutzbar zu machen. Hier stellen sich dann immer wieder wohnungshygienische oder brandschutztechnische Probleme, die nicht gelöst werden können oder die Freiräume werden durch überdimensionierte Abgrabungen und Lichtgräben überproportional beschnitten.
Frage 3:
Wie viele dieser Anträge wurden abgeändert nochmals eingereicht und dann genehmigt? Wie viele Quadratmeter zusätzlicher Wohnraum wurde durch die Abänderung nicht realisiert?
Antwort:
Im Jahr 2018 wurden 1.012 Änderungsanträge eingereicht. Wohnbauvorhaben werden hier nicht separat erfasst. In dieser Zahl sind aber nicht nur Vorhaben enthalten, die zuvor abgelehnt wurden, sondern auch Vorhaben, die vom Antragsteller unaufgefordert in veränderter Form eingereicht wurden. Eine Unterscheidung dieser Gruppen bei der Auswertung wäre nur händisch möglich.Ein Größenvergleich der beantragten Quadratmeter zwischen den ursprünglichen Anträgen und den eingereichten Tekturen wird nicht statistisch auswertbar erfasst. Die detaillierten Auswertungen des statistischen Amts (statistisches Jahrbuch) beziehen sich nur auf Genehmigungen, nicht auf die wenigen Ablehnungen, die im übrigen meist Folgeanträge nach sich ziehen. Wirklich endgültige Ablehnungen gibt es vor allem im Außenbereich und in den Gartenstädten bei rückwärtiger Bebauung.
Frage 4:
Wie viele Anträge wurden final abgelehnt? Wie viele beantragte Wohnungen konnten dadurch nicht gebaut werden? Wie viel zusätzlicher Wohnraum in vorhandene Wohnungen konnte dadurch nicht geschaffen werden?
Antwort:
Nach einer Ablehnung ist eine Änderung der Anträge nicht mehr möglich, der jeweilige Vorgang wird abgeschlossen. In einem geringen Teil der Fälle wird dann von dem Bauvorhaben Abstand genommen, in einem anderen Teil wird ein abgeändertes Vorhaben eingereicht. Da in letzterem Fall ein neuer Vorgang eröffnet wird (neuer Antrag), ist keine automatisierte Verknüpfung mit dem vorhergehenden abgelehnten Antrag möglich (siehe oben die Vorbemerkung).
Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung – Lokalbaukommission geht davon aus, dass realisierbare Vorhaben auch genehmigt werden und dass daher die Frage, wie viele qm Wohnraum durch die Lokalbaukommission verhindert wird, nicht zielführend ist. Abgelehnte Bauvorhaben sind in der Regel nicht zulässig. Eine händische Auswertung hat ergeben, dass z.B. im Jahr 2018 nur in ca. 8 Fällen abgelehnte Bauanträge zu Wohnbauvorhaben vom Gericht aufgehoben wurden. Im selben Zeitraum wurden allein im Aufgabenbereich des Referats für Stadtplanung und Bauordnung – Lokalbaukommission über 560 Gerichtsverfahren abgeschlossen (insgesamt, nicht nur Wohnbauvorhaben). Das zeigt, dass die rechtliche Bewertung des Referats für Stadtplanung und Bauordnung – Lokalbaukommission in den weit überwiegenden Fällen zutreffend ist.