Belastung von Münchner Gewässern und Lebensmitteln mit dem Umweltgift PFC
Anfrage Stadtrat Tobias Ruff (ÖDP) vom 1.10.2019
Antwort Stephanie Jacobs, Referentin für Gesundheit und Umwelt:
Ihrer Anfrage liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
„Messungen des Wasserwirtschaftsamtes München haben ergeben, dass die nördlich von München gelegenen Flüsse Moosach und Mauka mit perfluorierten Alkylsubstanzen (PFC) belastet sind. Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit gab eine Verzehrwarnung für belastete Fische aus den beiden Gewässern heraus. Auch im Grundwasser, welches die beiden Flüsse speist, wurden, z.B. südlich der Gemeinde Eching, deutlich erhöhte Werte gemessen. Damit deutet sich an, dass die Quelle der Belastung weiter südlich auf Münchner Stadtgebiet liegt. Möglicherweise sind dann auch dort das Grundwasser und damit Baggerseen und Quellbäche kontaminiert.“
Herr Oberbürgermeister Reiter hat mir Ihre Anfrage zur Beantwortung zugeleitet. Die darin aufgeworfenen Fragen beantworte ich unter Berücksichtigung der Stellungnahmen des Wasserwirtschaftsamtes München und des Bayer. Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit wie folgt:
Frage 1:
Gibt es Erkenntnisse zu PFC-Belastungen von Münchner Gewässern und in München gewonnener Lebensmittel?
Antwort:
Die bayerische Wasserwirtschaft betreibt ein umfangreiches chemisches und biologisches Monitoring, um den Zustand der Gewässer zu überwachen. Dafür gibt es verschiedene Messnetze. Eines davon, das Projekt Monitoring-Offensive Schadstoffe (MOSAIC), dient der Anpassung des chemischen Monitorings an die Vorgaben der Oberflächengewässerverordnung. Es werden damit erstmalig und flächendeckend eine große Anzahl Flusswasserkörper auf prioritäre und flussgebietsspezifische Stoffe untersucht, um einen bayernweiten Überblick zu deren Nachweis und Konzentrationen zu erhalten. Pflanzenschutzmittel und perfluorierte Schadstoffe sind im Untersuchungsrahmen enthalten. Während der Projektlaufzeit von 2017 - 2024 werden jährlich ca. 90 Messstellen mehrmals pro Jahr beprobt. Die Messstellen liegen dabei in der Regel am unteren Ende des Flusswasserkörpers, um möglichst alle Belastungseinflüsse zu erfassen. Die Isarwurde daher z.B. in Moosburg unterhalb des Amperkanals im Jahre 2017 beprobt und nicht in München. Auch andere Flüsse, wie z.B. die Würm bzw. Bäche oder die Baggerseen in München wurden noch nicht im o.a. Monitoringprogramm untersucht.
Gleichfalls liegen dem RGU keinerlei Erkenntnisse des Bayer. Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit oder anderer Behörden über die Belastung von in München gewonnenen Lebensmitteln vor.
Frage 2:
Wurden in der Vergangenheit in München oberflächennahes Grundwasser, stehende und fließende Gewässer auf PFC-Belastungen hin untersucht? Wurden Fische auf PFC-Belastungen hin untersucht?
Antwort:
In der Vergangenheit wurde unseres Wissens nur das oberflächennahe Grundwasser 2015 im Bereich der Feuerwache 2 (Sendling-Aidenbachstraße 7) auf PFC untersucht. Die Untersuchungen erfolgten im Rahmen eines vom Bayerischen Landesamt für Wasserwirtschaft veranlassten bayernweiten Monitorings „Ermittlung und Identifikation von PFC-Kontaminationen aus Löschschäumen und weiteren umweltrelevanten Einsatzbereichen“.
Die Ergebnisse zeigten geringe Belastungen an PFC, die deutlich unter den vom Bayerischen Landesamt für Umwelt empfohlenen Schwellenwerten der „Leitlinie zur vorläufigen Bewertung von PFC-Verunreinigungen in Wasser und Boden“ (LfU, Stand April 2017) lagen. Die Feuerwache konnte nicht als Verursacher der geringfügigen Belastung identifiziert werden, da auch Belastungen im Zustrom gemessen wurden. Aufgrund der geringfügigen Werte wurden vom Wasserwirtschaftsamt München keine weiteren Maßnahmen veranlasst.
Beprobungen von Fischen auf eine PFC-Belastung in der Landeshauptstadt München sind uns nicht bekannt. Bisher hat das Wasserwirtschaftsamt München nur in den belasteten Oberflächengewässern außerhalb Münchens Analysen durchführen lassen.
Frage 3:
Sind seit dem Bekanntwerden der Belastungen im Landkreis Freising auch in München Proben genommen worden? Wenn ja, lässt sich die Quelle der PFC Belastung räumlich eingrenzen?
Antwort:
Das Wasserwirtschaftsamt München hat aufgrund der Ergebnisse der Oberflächengewässer Moosach und Mauka am 27.8.2019 den Grundwasserstrom unmittelbar am Stadtrand von München an sechs Messstellen beprobt. Dabei wies eine Messstelle in der Nähe der Panzerwiese (KP 936) eine Belastung an Perfluoroktansulfonsäure (PFOS) von 0,140 µg/l auf. Die PFOS-Konzentration überschreitet den vorläufigen Schwellenwert von 0,10 µg/l nach der vorher genannten Leitlinie.
Derzeit laufen weitere Grundwasserbeprobungen durch das Wasserwirtschaftsamt München zwischen der nördlichen Stadtgrenze und dem Frankfurter Ring um die Schadensquelle enger eingrenzen zu können.
Frage 4:
Können auch pflanzliche Lebensmittel durch landwirtschaftliche und gartenbauliche Bewässerung oder hochstehendes Grundwasser in Verbindung mit tiefreichenden Wurzeln (z.B. Wein) mit PFC belastet sein?
Antwort:
Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit untersucht regelmäßig Lebensmittel u.a. auf PFC und veröffentlicht seine Untersuchungsergebnisse (https://www.lgl.bayern.de/lebensmittel/chemie/kontamination/pfas/index.htm).
In dem Forschungsprojekt „Nachweis und Eintrag perfluorierter Tenside (PFT) aus dem Boden in pflanzliche Lebensmittel“ wurden Kartoffeln, Karotten und Gurken auf Böden angebaut, denen unterschiedliche Mengen an PFC zugesetzt wurden. Nach der Ernte wurde untersucht, wie sich die Stoffe in den Pflanzen verteilt hatten. Es zeigte sich, dass PFC tatsächlich aus dem Boden in die Pflanzen übergehen und höhere Mengen im Boden auch zu höheren Gehalten in den Pflanzen führen. Der stärkste Übergang findet jeweils in den grünen Pflanzenteilen statt (Kartoffel- bzw. Karottenkraut und Stängel wie Blätter der Gurkenpflanze), während die verzehrbaren Anteile (Kartoffelknolle, Karottenrübe und Salatgurke) geringere Konzentrationen aufweisen (Quelle: https://www.lgl.bayern.de/lebensmittel/warengruppen/wc_25_frischgemuese/ue_2008_gemuese_pft.htm). Dabei zeigte sich auch, dass die PFC-Aufnahmerate der verschiedenen Substanzen in Abhängigkeit von der Gemüseart unterschiedlich ist.
Ein direkter Vergleich der vom Wasserwirtschaftsamt München im Grund- und Oberflächenwasser gemessenen PFC-Gehalte mit der PFC-Konzentration im Boden beim Modellversuch des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittesicherheit ist nicht möglich. Jedoch ist aufgrund der Ergebnisse anderer Studien und der am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vorliegenden Messergebnisseaus anderen Regionen mit lokalen PFC-Belastungen nicht zu erwarten, dass bei den niedrigen vom Wasserwirtschaftsamt berichteten Gehalten im Grund- und Oberflächenwasser ein relevanter Übergang auf Gemüse stattfindet.