Schulradwoche zur Verkehrsfrüherziehung bei Kindern Radspielplätze zur Verkehrsfrüherziehung bei Kindern Anträge Stadtrats-Mitglieder Sonja Haider und Tobias Ruff (ÖDP) vom 14.12.2018
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle:
In Ihren oben genannten Anträgen führen Sie aus, dass es wichtig sei, dass Kinder das Fahrradfahren frühzeitig lernen und auch einüben, damit alle Kinder das Radfahren als etwas Positives ohne Angst erleben. Außerdem sollten Kinder auf Radspielplätzen im geschützten Raum auf potenzielle Gefahren und das notwendige Verhalten im Straßenverkehr vorbereitet werden.
Ihr Anträge lauten:„Die Münchener Schulen werden aufgefordert, die Einführung einer Schulradwoche, analog zu den bereits vorhandenen Wintersport- oder Schwimmwochen, zu prüfen und umzusetzen.“
„Die Stadtverwaltung wird aufgefordert, mögliche Standorte für Radspiel- plätze zur Früherziehung und Verkehrsschulung für Kinder zu prüfen und baldmöglichst umzusetzen.“
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, erlaube ich mir, in Abstimmung mit dem Oberbürgermeister, dem Referat für Arbeit und Wirtschaft sowie dem Baureferat, Ihre Anträge auf dem Schriftwege zu beantworten.
Eine pilothafte Umsetzung der geforderten Aktivitäten ist im Rahmen des EU-Projekts METAMORPHOSIS (www.metamorphosis-project.eu), vgl. Bekanntgabe Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 09410 vom 26.9.2017 sowie mit Mitteln der Nahmobilitätspauschale bereits geplant. Zielsetzung von ME-TAMORPHOSIS ist eine Transformation von Städten hin zu mehr Kinderfreundlichkeit.
Hintergrund Untersuchungen der Deutschen Verkehrswacht und der Unfallforschung der Versicherer (UDV) zeigen, dass immer mehr Kinder im Grundschulalter psychomotorische Schwächen aufweisen (vgl. https://www.verkehrswacht-medien-service.de/studie-psychomot-defizite-2009.html). Dies gilt insbesondere für Kinder, die in Städten wohnen. Besonders deutlich treten diese Tendenzen im Kontext der Fahrradprüfung zutage. Die Fahrradprüfung wird von der polizeilichen Jugendverkehrsschule (JVS)durchgeführt und von nahezu allen Grundschülerinnen und Grundschülern in den vierten Klassen absolviert. Im Laufe der letzten Jahre hat sich die Durchfallquote in München deutlich erhöht, in einzelnen Schulen beträgt sie inzwischen 60%. Ursachen dafür sind in erster Linie zunehmender Bewegungsmangel, zunehmendes Übergewicht sowie Überbehütung. Im Rahmen des Mobilitätsmanagements gibt es daher bereits zielgruppenspezifische Angebote zur Verkehrsfrüherziehung. Zu diesen Angeboten gehören beispielsweise die städtischen Projekte „Auf-die-Räder-fertig-los“ oder die „Schultournee“ zur Festigung des Erlernten aus der Fahrradprüfung. Ergänzend dazu bieten auch weitere Akteure, wie zum Beispiel die Verkehrswacht, Radfahrtrainings in Grundschulen an. Diese Angebote sind jedoch allesamt so konzipiert, dass die teilnehmenden Kinder bereits ein gewisses Kompetenzniveau beim Radfahren aufweisen müssen. An Schulen mit sehr hohen Durchfallquoten bei der Fahrradprüfung ist es daher sinnvoll, ein deutlich intensiveres und pädagogisch angepasstes Konzept anzubieten. Vor dem Hintergrund, dass sich der Radverkehr in München, gemeinsam mit den anderen Verkehrsmitteln des Umweltverbundes, zu einem wichtigen Baustein urbaner Mobilität entwickelt, sollen den oben beschriebenen Entwicklungen Maßnahmen entgegengesetzt werden. Denn das Radeln birgt auch Risiken, die mit Hilfe von Radl-Trainingsmöglichkeiten minimiert werden sollen.
Ziele und Umsetzungsmaßnahmen Der Kreislauf von Bewegungsmangel, Unsicherheit auf dem Fahrrad und noch weniger Bewegung soll durchbrochen werden. Für Schulen mit gesondertem Bedarf sollen pädagogische Konzepte angeboten werden, um die Kinder bestmöglich auf das Radeln sowie auf die Fahrradprüfung vorzubereiten. Radfahrende Kinder und Erwachsene jeder Altersgruppe sollen zu sicheren Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmern werden. Um dies zu erreichen, soll den o.g. Anträgen mit folgenden zwei Maßnahmen entsprochen werden:
Radl-Übungsplätze: -Pilotierung: Ab April 2020 bis Ende Juni 2020 auf der Theresienwiese -Etwaige Verstetigung und Ausweitung nach einer Auswertung der Pilotierungsphase
Intensiv-Radl-Workshops: -Pilotierung: Herbst 2019-Etwaige Verstetigung und Ausweitung nach einer Auswertung der Pilotierungsphase
Die Maßnahmen werden im Folgenden näher beschrieben:
Radl-Übungsplatz auf der Theresienwiese In zentraler Lage soll ein Schonraum in Form eines Radl-Übungsplatzes eingerichtet werden. Dort sollen kleine und große Münchnerinnen und Münchner das Radeln üben können, damit sie im realen Straßenverkehr sicher agieren und Unfälle vermieden werden. Der Radl-Übungsplatz soll als Begegnungsraum mit einer hohen Aufenthaltsqualität konzipiert werden, wo sich Menschen aller Generationen treffen können.
Der Radl-Übungsplatz soll Raum für zwei Nutzungen bieten: -Interessierte sollen auf Eigeninitiative das Radfahren anhand von Straßenmarkierungen üben können. -Es sollen in regelmäßigen Abständen Radl-Workshops für unterschiedliche Zielgruppen (beispielsweise Kinder, Senioren oder Frauen mit Migrationshintergrund) angeboten werden.
Auf Anfrage des KVR hat das Referat für Arbeit und Wirtschaft einen Bereich für die Pilotierung eines Radl-Übungsplatzes auf der Theresienwiese zugewiesen, auf dem keine Alltags-Radlrouten entlangführen. Mit Hilfe von Straßenmarkierungen sollen Alltagssituationen im Straßenverkehr sowie die Geschicklichkeit auf dem Rad trainiert werden können. Beispiele dafür sind etwa rechts-vor-links-Situationen, Slalom-Strecken oder das „Schneckenrennen“, bei dem es darum geht, möglichst langsam vom Start in das Ziel zu radeln. Es sollen während des Pilotzeitraums ca. zweimal wöchentlich Radl-Workshops angeboten werden.
Im Zuge der Konzepterarbeitung wird darauf geachtet, dass sowohl die lokalen Begebenheiten als auch die einzuhaltenden Vorschriften und Normen in Bezug auf die Sicherheit eingehalten werden. Diesbezüglich ist das KVR bereits in Kontakt mit dem Referat für Bildung und Sport sowie mit dem Baureferat und bezieht auch die referatsinterne Expertise mit ein, wie etwa die der Polizei. Zur Inbetriebnahme des Radl-Übungsplatzes soll es ein Eröffnungsfest geben, bei dem Aktivitäten und Angebote zeigen, wie der Radl-Übungsplatz genutzt werden kann. Unter Berücksichtigung der Erfahrungswerte aus der Pilotphase wird das Konzept für Radl-Übungsplätze durch das KVR weiter ausgearbeitet. Im Zuge der Weiterentwicklung des Konzeptes ist denkbar, auch Gerätschaf-ten vor Ort bereitzustellen, die über mehrere Monate dort verbleiben. Beispiele für derartige Gerätschaften sind etwa ein „Gleistrainer“ oder ein „Toter-Winkel“-Modell, welches aufzeigt, welchen Bereich Lkw-Fahrerinnen und -Fahrer von ihrem Führerhäuschen aus sehen können – und welchen nicht.
Intensiv-Radl-Workshops an Grundschulen mit gesondertem Bedarf Im Herbst 2019 werden im Rahmen des EU-Projektes METAMORPHOSIS Intensiv-Radl-Workshops in einer Grundschule in Neuperlach mit pädagogisch und technisch versiertem Personal durchgeführt. Dabei wird gezielt das Radfahren praktiziert, sodass die teilnehmenden Kinder sowohl auf Alltags-Situationen im Straßenverkehr als auch auf die Fahrradprüfung vorbereitet werden. Zudem beinhalten die Workshops einen Baustein, in dem die Kinder lernen, wie ein Fahrrad auf Verkehrssicherheit zu überprüfen ist. Unter Berücksichtigung der Erfahrungswerte aus der Pilotphase wird das Konzept für die Intensiv-Radl-Workshops weiter ausgearbeitet.
Ich bitte, von den Ausführungen Kenntnis zu nehmen und gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.