Artenvielfalt in München 5: Kein Tricksen mehr bei Ausgleichsflächen – wirksame Vollzugskontrolle bei der Anlage und Pflege von Kompensationsflächen
Antrag Stadtrats-Mitglieder Paul Bickelbacher, Herbert Danner, Katrin Habenschaden, Anna Hanusch, Sabine Krieger und Angelika Pilz-Strasser (Fraktion Die Grünen – Rosa Liste) vom 18.4.2019
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr.(I) Elisabeth Merk:
Ihr oben genannter Antrag beinhaltet, dass die Landeshauptstadt München die Anlage vorgeschriebener Ausgleichsflächen dokumentiert und die nachhaltige Pflege der Flächen kontrolliert.
Zur Begründung führen Sie an, dass der vorgeschriebene Ausgleich für Eingriffe in Natur und Landschaft oft verspätet oder gar nicht vorgenommen wird und eine Kontrolle der Pflege und des ökologischen Zustandes nicht stattfindet. Schlecht gepflegte Ausgleichsflächen könnten erneut als Ausgleichsfläche aufgewertet werden, wodurch der Landeshauptstadt München sowie ihren Bürgerinnen und Bürgern wertvolle Flächen für den Arten- und Biotopschutz verloren gehen.
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und §22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt, weil für die Herstellung und Pflege von Ausgleichsflächen sowie für die Dokumentationspflichten klare rechtliche Vorgaben und Instrumente bestehen, die eingehalten beziehungsweise genutzt werden. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Zu Ihrem Antrag vom 18.4.2019 teilt das Referat für Stadtplanung und Bauordnung Folgendes mit:
Für alle Flächen, auf denen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für Eingriffe in Natur und Landschaft durchzuführen sind, ist die Erfassung in einem Kompensationsverzeichnis (Ökoflächenkataster) erforderlich. Dieses enthält Grundinformationen zu den Maßnahmen, darunter zu den Herstellungs- und Pflegezielen aber auch den Bezug zu dem ursächlichen Eingriff, so dass langfristig ein Rückgriff auf die Verantwortlichen möglich ist.Eine Mehrfachverwertung von Ausgleichsflächen durch Verschlechterung des Zustandes ist somit ausgeschlossen. Rechtlich zulässig ist es allerdings, eine bereits fertig hergestellte Kompensationsfläche zusätzlich aufzuwerten.
Die Daten des Ökoflächenkatasters stehen an den Arbeitsplätzen der zuständigen Personen in der unteren Naturschutzbehörde zur Verfügung, so dass bei den fälligen Bezirksgängen auch die betroffenen Flächen und Maßnahmen mit kontrolliert werden können.
Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung sieht vor, dass die mit einem Vorhaben verbundenen Beeinträchtigungen der Funktionen des Naturhaushaltes in gleichartiger Weise (Ausgleichsmaßnahmen) oder in gleichwertiger Weise (Ersatzmaßnahmen) wiederherzustellen sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wiederherzustellen oder neu zu gestalten ist. Seit 2010 genießen Ausgleichsmaßnahmen rechtlich keinen Vorrang mehr gegenüber Ersatzmaßnahmen. Ein genehmigter Eingriff muss nicht unbedingt verwirklicht werden oder er kann auch teilweise verwirklicht werden. Deshalb besteht die Verpflichtung zur Durchführung der Kompensationsmaßnahmen erst dann, wenn der Eingriff wirkt und soweit, wie die Funktionen des Naturhaushaltes tatsächlich beeinträchtigt werden, so dass eine zeitliche Verzögerung der Wiederherstellung beeinträchtigter Funktionen systemimmanent ist.
Für Eingriffe in Natur und Landschaft, die aus der Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung von Bauleitplänen resultieren, erfolgt der Ausgleich durch Darstellungen oder Festsetzungen in den jeweiligen Plänen oder durch vertragliche Vereinbarungen. Soweit solche Ausgleichsflächen außerhalb der jeweiligen Planungsgebiete liegen, macht die Landeshauptstadt München von der gesetzlichen Möglichkeit Gebrauch, Ausgleichsflächen auf eigenen Grundstücken bereitzustellen (Ökokontomaßnahmen), soweit sie verfügbar sind. Sowohl in den beiden städtischen Ökokonten Eschenrieder Moos und Moosschwaige ist die fachgerechte Herstellung und Pflege durch die zuständigen Stellen im Baureferat und Kommunalreferat ebenso gewährleistet wie eine laufende Kontrolle der Zielerfüllung. Das Gleiche gilt für das vom Heideflächenverein Münchner Norden e.V. betreute interkommunale Ökokonto Fröttmaninger Heide. Ausgleichsflächen aus der Bebauungsplanung stellen mit zur Zeit über 480 ha den größten Anteil derartiger Flächen in München.
Private Investoren werden durch städtebauliche Verträge zu einem Monitoring ihrer Ausgleichsflächen verpflichtet.Soweit ein Vorhaben einer behördlichen Zulassung oder einer Anzeige an eine Behörde bedarf oder von einer Behörde durchgeführt wird, ist diese Behörde auch dafür zuständig, dass die zum Vorhaben gehörenden Vermeidungs- und Kompensationsmaßnahmen für Eingriffe in Natur und Landschaft einschließlich der erforderlichen Unterhaltungsmaßnahmen frist- und sachgerecht durchgeführt werden.
Aufgrund von Baugenehmigungsverfahren gibt es in München derzeit etwa 80 ha Flächen mit Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen (Kompensationsflächen). Die Herstellung der Kompensationsflächen wird über Auflagen in den Genehmigungen gesichert. Die Lokalbaukommission prüft die fachgerechte Herstellung im Rahmen formeller Abnahmetermine. Die Kontrolle der fachgerechten Pflege und der Erhalt der Flächen erfolgt im Rahmen von Bezirksgängen der unteren Naturschutzbehörde und im Rahmen ihrer Kapazitäten zusätzlich durch Stichproben.
Bei Eingriffen, für die keine Zulassung oder Anzeige nach anderen Rechtsvorschriften erforderlich ist, ist die untere Naturschutzbehörde für die Kontrolle der Kompensationsflächen zuständig. Dies betrifft münchenweit etwa 10 ha. Hier wird die fachgerechte Herstellung und Pflege durch die untere Naturschutzbehörde kontrolliert.
Die Kompensationsflächen aufgrund von Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren umfassen derzeit etwa 200 ha im Stadtgebiet München. Im Wesentlichen stammen diese Flächen aus Infrastrukturvorhaben der Bahn und der Straßenverwaltungen. Für die Kontrolle dieser Ausgleichsflächen ist die Landeshauptstadt München nicht zuständig. Im Rahmen der eigenen Kontrollen werden immer wieder auch diese Kompensationsflächen kontrolliert und bei Auffälligkeiten die zuständigen Behörden und die Vorhabensträger um Nachbesserung gebeten. Eine systematische Übernahme der Aufgabe anderer Behörden ist jedoch nicht möglich.
Insgesamt ist für denjenigen Anteil der Kompensationsflächen in München, der im Verantwortungsbereich der Landeshauptstadt liegt, die rechtzeitige und fachgerechte Herstellung, die fachgerechte Pflege sowie die Kontrolle der Zielerreichung nach verschiedenen Optimierungen nunmehr grundsätzlich organisatorisch gewährleistet. Dennoch sind Fehlentwicklungen z.B. durch fehlerhafte Monitoringberichte nicht völlig auzuschließen. Auch wären Informationen zu Ausgleichsflächen stadtexterner Behörden hilfreich. Aus diesem Grund wird im Beschluss zur Biodiversitätsstrategie vom 19.12.2018 im Handlungsfeld 19 die Bündelung aller Informationenzu Kompensationsflächen beim Referat für Gesundheit und Umwelt angestrebt. Diese Maßnahme soll Datenlücken schließen und einen Gesamtüberblick ermöglichen.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.