Rechtsgutachten für ehemalige GBW-Wohnungen: Kann der Zuwendungszweck der Förderdarlehen noch erreicht werden?
Antrag Stadtrats-Mitglieder Paul Bickelbacher, Herbert Danner, Katrin Habenschaden, Anna Hanusch (Fraktion Die Grünen – Rosa Liste) und Cetin Oraner, Brigitte Wolf (Die Linke) vom 6.8.2019
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr.(I) Elisabeth Merk:
Am 6.8.2019 stellten Sie den Antrag „Rechtsgutachten für ehemalige GBW-Wohnungen: Kann der Zuwendungszweck der Förderdarlehen noch erreicht werden?“.
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages, die Vergabe von Lieferungen und Leistungen, worunter auch die Beauftragung eines Rechtsgutachtens fällt, betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und §22 Abs. 1 Nr. 3 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt. So wie die Beauftragung an sich unter diese Regelung fällt, ist auch die Entscheidung darüber, ob ein Rechtsgutachten überhaupt beauftragt wird, von dieser Regelung abgedeckt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Zu Ihrem Antrag vom 6.8.2019 teilt Ihnen das Referat für Stadtplanung und Bauordnung Folgendes mit:
Sie beantragen die Beauftragung eines Rechtsgutachtens zur Klärung folgender Fragestellung:
„Kann der Förderzweck (Bewilligungsbescheid HA III/11 vom 6.9.2004) für die Wohnungen der Dawonia (früher GBW-AG) in der Adams-Lehmann- Straße (83-95) noch erreicht werden, wenn die Wohnungen nach dem Urteil des LG-München (Az: 14 S 19531/17) freifinanziertem Wohnraum gleichgestellt sind und sich damit der Rechtsrahmen für Mieterhöhungen dieser Wohnung nach den Vorgaben des BGB richtet?“
Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung ist nach Prüfung des Falles der Auffassung, dass der Förderzweck des Bewilligungsbescheids vom 6.9.2004 für die Wohnanlage Adams-Lehmann-Straße 83-95 auch heute erfüllt ist und sieht daher keine Notwendigkeit, ein Rechtsgutachten zu beauftragen. Dazu im Einzelnen:Die Wohnanlage Adams-Lehmann-Straße 83 – 95 wurde 2004 staatlich einkommensorientiert gefördert.
Die Einkommensorientierte Förderung (EOF) ist ein Teil des Bayerischen Wohnungsbauprogramms des Freistaates Bayern, das die Errichtung von Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern unterstützt. Förderfähig sind Maßnahmen zur Unterstützung von Haushalten bei der Versorgung mit angemessenem Wohnraum, mit dem Ziel Haushalte zu unterstützen, die sich am Markt nicht angemessen mit Wohnraum versorgen können. Deshalb darf geförderter Wohnraum nach Maßgabe der Förderentscheidung nur Wohnungssuchenden überlassen werden, deren Wohnberechtigung sich aus einem vorgelegten Wohnberechtigungsschein oder einer Benennung durch die zuständige Stelle ergibt.
Gemäß Bewilligungsbescheid vom 6.9.2004 wurde der Neubau von 104 Wohnungen mit Belegungs-/Mietbindung gefördert. 69 Mietwohnungen wurden zur Belegung mit Haushalten der damaligen Einkommensstufe 1 und 35 Mietwohnungen zur Belegung mit Haushalten bis zur damaligen Einkommensstufe 3 gebunden. Diese Belegungsbindungen entsprechen den heutigen Einkommensstufen I und II.
Die Erstbelegung nach Bezugsfertigkeit in 2008 erfolgte entsprechend den Belegungsbindungen nur mit Haushalten der Einkommensstufen I und II. Auch die heutige Belegung der Wohnungen entspricht dieser Struktur. Allerdings bekämen nicht wenige der Haushalte der Wohnanlage Adams-Lehmann-Straße nach aktuellen Einkommensverhältnissen heute gar keinen Berechtigungsschein zum Bezug dieser Wohnungen.
Neben der Versorgung mit Wohnraum (vgl. oben) sieht die EOF auch eine Zusatzförderung der Mieterhaushalte hinsichtlich der zu entrichtenden Miete vor. Der Grundgedanke zur Erstvermietungsmiete in der EOF lautet Orientierung an der „örtlich durchschnittlichen Miete“. Die wohnberechtigten Mieterhaushalte, die sich die im Bewilligungsbescheid festgeschriebene Erstvermietungsmiete nicht leisten können, erhalten eine einkommensorientierte Zusatzförderung. Dies gilt für Haushalte der Einkommensstufen I bis III. Daher erhalten diese Mieterhaushalte auf Antrag einen Mietzuschuss; in Einkommensstufe I in Höhe von 3,75 Euro/m² Wohnfläche, in Einkommensstufe II in Höhe von 2,75 Euro/m² Wohnfläche und in Einkommensstufe III in Höhe von 1,75 Euro/m² Wohnfläche. Dieser Mietzuschuss muss im Abstand von 36 Monaten neu beantragt und überprüft werden.
In der Wohnanlage Adams-Lehmann-Straße erhielten zum Bezugszeitpunkt in 2008 alle Haushalte einen Mietzuschuss. Derzeit erhält nur noch ca. dieHälfte der Mieterhaushalte der Wohnanlage einen Zuschuss. Die übrigen Haushalte erhalten aufgrund ihres Einkommens nach aktuellem Stand keine Zusatzförderung mehr, müssen aber trotz Fehlbelegung nicht die Wohnung wechseln.
Die EOF ist bei ihrer Einführung 2001 als investorenfreundliches Programm initiiert worden, um die Bereitschaft zum Bau von Sozialwohnungen zu fördern, was in der seinerzeitigen Ausgestaltung des Förderprogramms auch deutlich wird. Hinsichtlich der Begrenzung der Mieterhöhungen wurden keine besonderen Regelungen aufgenommen, sondern auf die allgemein auch für den freifinanzierten Wohnraum geltenden Vorschriften (§§ 558, 559 BGB) verwiesen.
Dies führt bei der 2004 geförderten Wohnanlage in der Adams-Lehmann-Straße dazu, dass Mieterhöhungen nach BGB zulässig sind und auch bereits vorgenommen wurden. Dennoch liegt die Durchschnittsmiete von 11,40 Euro/m²Wfl. im Schnitt 2,50 Euro/m² Wfl. unter der ortsüblichen Vergleichsmiete für nicht sozial gebundene Wohnungen (2017: 13,90 bis 14,20 Euro/m²).
Unter Berücksichtigung des einkommensabhängigen Zuschusses liegt die real zu leistende Miete, bezogen auf eine Durchschnittsmiete von 11,40 Euro/m² Wfl., sogar nur zwischen 7,65 Euro/m² Wfl. pro Monat für Haushalte in E I und 9,65 Euro/m² Wfl. pro Monat für Haushalte in EIII.
Auch wenn sich die Mieten im Laufe der Bindungsdauer der EOF an die ortsüblichen Vergleichsmieten annähern, bleiben die tatsächlich zu zahlenden Mieten für diejenigen Mieterhaushalte, die einen einkommensabhängigen Zuschuss erhalten, immer noch deutlich unter der ortsüblichen Vergleichsmiete.
Im Übrigen verweisen wir auf die Ausführungen in der Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 14028 „Mieterhöhungspraxis der GBW bei EOF-Wohnungen“ vom 27.3.2019.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.