Abbrucharbeiten im Eggarten stoppen bis FFH-Verträglichkeitsprüfung vorliegt
Antrag Stadtrats-Mitglieder Sonja Haider und Tobias Ruff (ÖDP) vom 2.9.2019
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr.(I) Elisabeth Merk:
In Ihrem Antrag fordern Sie, im Eggarten die Abbrucharbeiten und die Vorbereitungen dazu wie Entrümpelungen von Gebäuden zu stoppen, bis durch eine FFH-Verträglichkeitsprüfung deren naturschutzrechtliche Zulässigkeit festgestellt ist. Zur Begründung wird angegeben, dass im Eggarten mindestens vier Fledermausarten vorkommen und alle heimischen Fledermausarten im Anhang der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) aufgeführt und damit streng geschützt sind. Einige Arten haben ihre Wochenstuben, Tages- oder Winterquartiere in alten Häusern oder deren Dachstühlen. Deshalb stellen Abbrucharbeiten, Entrümpelungen oder dergleichen unter Umständen eine erhebliche Gefährdung für die Populationen der vorkommenden Fledermäuse dar, was eine verbotene Verschlechterung im Sinne der FFH-Richtlinie darstelle.
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und §22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt, weil der Antrag den Vollzug artenschutzrechtlicher Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes bzw. der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie betrifft. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Zu Ihrem Antrag vom 2.9.2019 teilt Ihnen das Referat für Stadtplanung und Bauordnung Folgendes mit:
Für das am 24.7.2019 in der Vollversammlung des Stadtrates beschlossene Strukturkonzept für die Eggarten-Siedlung (Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 14757) wurde 2017 und 2018 eine Bestandserfassung der Fauna durchgeführt, vor allem in Hinblick auf streng geschützte Arten, die wie Fledermäuse in Anhang IV der FFH-Richtlinie aufgeführt sind. Es wurden in mehreren Durchgängen die Lautäußerungen der Tiere im Bereich der Eggarten-Siedlung aufgezeichnet.
Dabei wurden Rufe folgenden Fledermausarten oder Gattungen festgestellt:-Breitflügelfledermaus
-Großer Abendsegler
-Großes Mausohr
-Kleine Bartfledermaus
-Langohr-Art, vermutlich Braunes Landohr
-Mückenfledermaus
-Myotis-Arten (nicht näher bestimmt)
-Rauhautfledermaus/Weißrandfledermaus
-Wasserfledermaus
-Zwergfledermaus
Laut gutachterlicher Einschätzung können etwa vier der erfassten Fledermausarten aufgrund der Art und Häufigkeit ihrer Rufe und aufgrund ihrer Lebensweise Quartiere in der Eggarten-Siedlung besitzen. Insbesondere für die Rauhautfledermaus ist mit relativ großer Wahrscheinlichkeit eine Quartiernutzung zu erwarten. Auch die Weißrandfledermaus, die Mückenfledermaus und die Zwergfledermaus können Quartiere in der Eggarten-Siedlung nutzen. Bei den anderen Arten ist eine Quartiernutzung unwahrscheinlich; sie nutzen die Eggarten-Siedlung zur Nahrungssuche oder nur zum Überfliegen.
Die Eggarten-Siedlung liegt nicht in einem Schutzgebiet gemäß der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Gebiet). Es ist auch nicht erkennbar, dass die jeweils über 3 km entfernten, benachbarten FFH-Gebiete in ihren für die Erhaltungsziele oder ihren Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigt werden können, wenn sich die Fledermausaktivitäten in der Eggarten-Siedlung durch Bebauung oder anderes menschliches Handeln im Zusammenhang mit der Bebauungsplanung ver-ändern. Deshalb ist eine FFH-Verträglichkeitsprüfung für den Bebauungsplan Eggarten-Siedlung aller Voraussicht nach nicht erforderlich.
Der strenge Schutz der Fledermausarten ergibt sich aus Anhang IV der FFH-Richtlinie sowie aus den Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes zum besonderen Artenschutz. Fledermäuse dürfen deshalb nicht verletzt, getötet oder erheblich gestört werden. Außerdem dürfen ihre Fortpflanzungs- und Ruhestätten (Quartiere) nicht zerstört werden.
Die Pflicht, artenschutzrechtliche Verbote zu beachten, besteht auch ohne gesonderte Aufforderung durch die Naturschutzbehörden sowie unabhängig von Anträgen und Genehmigungen. Die Einhaltung dieser Vorschriften liegt in der Verantwortung derjenigen, die Entrümpelungsmaßnahmen undAbriss von Gebäuden veranlassen oder durchführen. Es sind die jeweils erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um artenschutzrechtliche Verbotstatbestände zu vermeiden.
Auf Empfehlung des Referats für Stadtplanung und Bauordnung wurden und werden die entsprechenden Gebäude vorab von einem fachkundigen Biologen untersucht. Entsprechende Dokumentationen liegen vor. Die Nachsuche erfolgt spezifisch auf Fledermausquartiere und Fledermausspuren. Bislang konnten in der Eggarten-Siedlung noch keine Fledermaus-Quartiere in Bäumen oder Gebäuden nachgewiesen werden.
Soweit artenschutzrechtliche Verbote nicht durch geeignete Maßnahmen vermieden werden können, ist eine Ausnahmegenehmigung erforderlich, die bei der höheren Naturschutzbehörde (Regierung von Oberbayern) zu beantragen ist.
Für den Bebauungsplan ist eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vorgesehen, um die Auswirkungen der zukünftigen Bebauung auf sämtliche prüfungsrelevanten Arten, darunter Fledermausarten einzuschätzen und geeignete Maßnahmen vorzubereiten, mit denen artenschutzrechtliche Verbotstatbestände vermieden oder im Wege der Ausnahme kompensiert werden können. Für diese Prüfung liegen mit den durchgeführten und noch andauernden Kartierungen und den Dokumentationen der ortsansässigen Bürgerinnen und Bürger über vorkommende Arten umfangreiche Grundlagen vor.
Aus Sicht des Referates für Stadtplanung und Bauordnung werden deshalb die erforderlichen Verfahrensschritte und Maßnahmen durchgeführt, um den Schutz der Fledermäuse in der Eggarten-Siedlung zu gewährleisten. Dies gilt auch für die Entrümpelungs- und Abbrucharbeiten, weshalb keine Veranlassung besteht, die Grundstückseigentümer um Einstellung dieser – wie oben aufgeführt – genehmigungsfreien Arbeiten zu bitten.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.