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Antrag Stadtrats-Mitglieder Johann Sauerer, Sebastian Schall und Dorothea Wiepcke (CSU-Fraktion) vom 13.11.2018
Antwort Referat für Arbeit und Wirtschaft:
In Ihrem Antrag wird die Verwaltung gebeten, ein Konzept für ein einfaches und kostentransparentes Laden von Elektromobilen an E-Ladesäulen auszuarbeiten, um die Elektromobilität verbraucherfreundlicher zu machen. Sie nennen fünf Prinzipien, auf denen dieses Konzept basieren soll. Gemäß Zuständigkeit wurde der Antrag an mich weitergeleitet. Das Thema des Antrags fällt in den operativen Geschäftsbereich der Stadtwerke München (SWM). Ihr Einverständnis vorausgesetzt, erlaube ich mir, Ihren Antrag als Brief zu beantworten.
Zu Ihrem Antrag kann ich Ihnen aufgrund der Stellungnahme der SWM und meiner Sachbearbeiter Folgendes mitteilen:
Die Landeshauptstadt München fördert den Aufbau öffentlicher Ladeinfrastruktur im Rahmen des „Integrierten Handlungsprogramms zur Förderung der Elektromobilität in München“ (IHFEM). In Summe sollen bis zu 550 Ladestationen – 1.100 Ladepunkte – bis Ende 2019 errichtet werden, in den Jahren 2017 und 2018 wurden davon bereits 350 Stationen installiert. Die Ausbauplanung erfolgt federführend durch das Referat für Stadtplanung und Bauordnung in Zusammenarbeit mit dem Referat für Arbeit und Wirtschaft, dem Kreisverwaltungsreferat, dem Baureferat, dem Referat für Umwelt und Gesundheit sowie den Stadtwerken München (SWM). Die SWM sind mit der Errichtung und dem Betrieb der öffentlichen Ladeinfrastruktur betraut. Da es sich ausschließlich um öffentlich zugängliche Ladepunkte handelt, fallen diese in den Anwendungsbereich der sogenannten „Ladesäulenverordnung“ (LSV). Die LSV ist eine vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie erlassene Verordnung, mit der die europäischen Vorgaben der Richtlinie 2014/94/EU in Bezug auf öffentliche Ladepunkte für Elektromobile in deutsches Recht umgesetzt werden. Die LSV trat am 17. März 2016 in Kraft, die letzte Änderung trat am 14. Juni 2017 in Kraft. Die Verordnung regelt die technischen Mindestanforderungen an den sicheren und interoperablen Aufbau und Betrieb von öffentlich zugänglichen Ladepunkten für Elektromobile. Mit den Vorgaben soll der Ausbau von Stromtankstellen in Deutschland beschleunigt, Rechtssicherheit geschaffen und die Interoperabilität der Systeme sichergestellt werden.
Zu Prinzip 1:
Preismodelle auf Basis von Kilowattstunden: Nur einheitliche, transparente Preismodelle, die auf der tatsächlich abgegebenen Strommenge basieren, erlauben den Verbrauchern, Preise zu vergleichen. Zusätzliche Preisbestandteile, die das Park- beziehungsweise Ladeverhalten steuern, müssen transparent ausgewiesen werden.
Antwort:
Die Stadtwerke München bekleiden bei der städtischen Ladeinfrastruktur die Rolle des „Charge-Point Operator“ (CPO). Dieser Ladestationsbetreiber ist für die technische Instandhaltung, die Stromversorgung und den Zugang zu seiner Ladeinfrastruktur verantwortlich. Die Kunden- und Vertragsbeziehung zu den Ladesäulen-Nutzern hält der sogenannte „E-Mobility-Provider“ (EMP). Ladeinfrastrukturbetreiber und EMPs schließen sich zu Ladeverbünden zusammen. Dieses sog. „Roaming“ wird nicht durch die LSV auferlegt, ist jedoch bei Inanspruchnahme von Fördermitteln für öffentliche Ladeinfrastruktur des Bundes sowie des Freistaats verpflichtend bereitzustellen. Das Roaming hat für den Nutzer den Vorteil, dass er mit der Ladekarte seines EMP an allen Ladepunkten des Verbundes laden kann – und das europaweit. Die Stadtwerke München sind seit Jahren Mitglied im Stadtwerke-Verbund „Ladenetz“, das aktuell tausende von Ladepunkten und über 170 EMP umfasst, darunter ChargeNow von BMW, The Mobility House sowie die Stadtwerke Rosenheim, Weilheim, Augsburg, Fürstenfeldbruck und Ingolstadt. Nutzer der SWM Ladestationen sind folglich nicht gezwungen, Kunde der SWM zu werden. Sie sind Kunde des Ladekarten-Anbieters und zahlen den mit diesem vertraglich vereinbarten Tarif. Umgekehrt haben die SWM keine Einflussmöglichkeit auf die Tarifgestaltung anderer EMP. Im Wettbewerb um attraktive Ladetarife gibt es unterschiedliche Modelle – u.a. Abrechnung nach Zeit, kWh oder Pauschale. Nutzer öffentlicher Ladeinfrastruktur können somit aus einer großen Bandbreite den für ihr Ladeverhalten passenden Tarif auswählen. Beispielsweise kann bei regelmäßigem Laden an öffentlichen Ladepunkten eine Ladekarte mit monatlichem Pauschalbetrag günstiger sein als eine verbrauchsabhängige Abrechnung nach kWh. Auf dem Markt gibt es zudem Anbieter, die beim Kauf eines E-Fahrzeugs die Ladekosten der Kunden eine Zeitlang übernehmen (Ladekarte VW Charge & Fuel).
Die SWM treten mit Herausgabe einer eigenen Ladekarte auch selbst als EMP auf. Seit Anfang 2016 gilt für die SWM Ladekarte ein monatlicher Grundpreis i.H.v. 10,12 Euro brutto, zusätzlich fallen 1,80 Euro brutto pro Ladestunde an. Im April 2019 wird eine Umstellung auf verbrauchsabhängige Abrechnung auf Basis von Kilowattstunden umgesetzt. Die Steuerung des Park- und Ladeverhaltens erfolgt mittels Parkregulierung und Verkehrsüberwachung. 2018 wurden alle Parkplätze an E-Ladesäulen neu beschildert und der Text der Beschilderung an neue zeitliche Bestimmungen angepasst. Kommunale Verkehrsüberwachung und Polizei kontrollieren die Ladepunkte gezielt.
Zu Prinzip 2:
Transparenz: Vor jedem Laden müssen Verbraucher alle Informationen er- halten, um möglichst genau die Kosten des Ladevorgangs abschätzen zu können. Mindestens die Preise für spontanes Laden ohne Abonnement müssen transparent – wie an jeder herkömmlichen Tankstelle - direkt an der Ladesäule ausgewiesen werden.
Antwort:
Wie in den Ausführungen zu Prinzip 1 dargestellt, ist Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge nicht in allen Punkten deckungsgleich zum Tankstellensystem für Verbrennungsfahrzeuge gestaltet. Aktuell haben mehr als 170 Ladekarten-Anbieter Zugang zu den SWM Ladestationen. Die Ladeinfrastruktur-Nutzer zahlen den Tarif Ihres jeweiligen Ladekarten-Anbieters. Beim Laden mittels Ladekarte muss der Nutzer jedoch nicht jedes Mal zwischen einer Vielzahl an Anbietern und Tarifen auswählen. Vielmehr ist der Tarif bereits im Ladekarten-Vertrag zwischen Nutzer und Anbieter (EMP) festgelegt. Änderungen am Preismodell müssen die gesetzlichen Vorlauffristen einhalten, so werden z.B. die Kunden der SWM Ladekarte über die Umstellung auf kWh-basierte Abrechnung mindestens 6 Wochen vorher schriftlich informiert.
Beim spontanen bzw. punktuellen oder adhoc-Laden hat der Nutzer keinen laufenden Vertrag z.B. für eine Ladekarte. Will er trotzdem an einer Ladesäule „spontan“ laden, benötigt er neben einer Zugangsmöglichkeit auch Informationen zum Preis des Ladevorgangs. An den SWM Ladestationen kann der Ladevorgang auch mittels Smartphone gestartet werden. Vor dem Starten des Ladevorgangs erhält der Nutzer die notwendigen Preisinformationen. Aktuell fallen bei Wechselstrom/AC Ladung: 7 Euro brutto je Ladevorgang/Session und bei Gleichstrom/Schnell/DC-Ladung 10 Euro brutto je Ladevorgang/Session an. Das Preismodell für spontanes Laden an SWM Ladestationen wird ebenfalls im 1. Quartal 2019 auf Kilowattstunden umgestellt.
Zu Prinzip 3:
Möglichst Vereinheitlichung der Zugangssysteme.
Antwort:
Alle SWM Ladestationen verfügen über ein einheitliches Zugangssystem, das den Vorgaben der LSV entspricht. Dies betrifft neben der Regelung zum spontanen Laden (vgl. Frage 4) auch die Vorgabe von genormten Stecker- und Kupplungssystemen nach DIN EN 62196 Teil 2 und 3.
Zu Prinzip 4:
Spontanes Laden ohne Abonnement an allen Ladesäulen: Ladesäulen, die ab 2017 in Betrieb genommen wurden, müssen Kunden ohne Abonnement das spontane Laden erlauben. Bei älteren Ladesäulen ist dies unter Umständen noch nicht möglich. Spontanes Laden sollte mittelfristig verpflichtend an allen Ladesäulen im Bestand angeboten werden.
Antwort:
Das Vorhalten einer Möglichkeit für spontanes Laden ist gemäß der LSV für alle ab dem 14. Dezember 2017 neu errichteten Ladestationen verpflichtend. Die Stadtwerke München haben im Vorgriff auf die LSV bereits seit April 2017 an allen neu errichteten und bestehenden Ladesäulen das spontane Laden entsprechend §4 der LSV mittels eines gängigen webbasierten Systems eingerichtet. Kunden ohne Abonnement können mit ihrem Smartphone über die kostenlose MVG more App oder über den auf den Ladestationen angebrachten Quicklink die Direktbezahlmöglichkeit „Ladepay“ aufrufen, den Ladepunkt freischalten und bezahlen. An älteren Ladesäulen war diese Funktion nicht durchgängig nachträglich integrierbar. Im Zuge des städtischen Ausbauprogramms konnten die wenigen betroffenen Ladesäulen ausgetauscht werden. An allen SWM Ladesäulen im Bestand steht die Möglichkeit zum spontanen Laden zur Verfügung.
Zu Prinzip 5:
Laden sollte künftig auch problemlos für E-Roller und E-Bikes ermöglicht werden und die Ladestationen sollten von der Infrastruktur entsprechend angepasst werden.
Antwort:
-Beim Aufbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge haben wir verschiedene gesetzliche Vorgaben wie die LSV, den Parkraum/ die Parkraumüberwachung und die Ladetechnik umzusetzen und zu
beachten. Gemäß § 3 der LSV gilt:-Beim Aufbau von Normalladepunkten, an denen das Wechselstromladen möglich ist, muss aus Gründen der Interoperabilität jeder Ladepunkt mindestens mit Steckdosen oder mit Steckdosen und Fahr-
zeugkupplungen jeweils des Typs 2 gemäß der Norm DIN EN 62196-2, Ausgabe Dezember 2014, ausgerüstet werden.
-Beim Aufbau von Normal- und Schnellladepunkten, an denen das Gleichstromladen möglich ist, muss aus Gründen der Interoperabilität jeder Ladepunkt mindestens mit Kupplungen des Typs Combo 2 gemäß der Norm DIN EN 62196-3, Ausgabe Juli 2012, ausgerüstet werden.
Ein Ladepunkt wird als Einrichtung definiert, an der zur gleichen Zeit nur ein Elektromobil aufgeladen werden kann. Alle SWM Ladestationen erfüllen diese Vorgaben. Die Richtlinie 2014/94/EU und die LSV adressieren den Ausbau von Infrastruktur für alternative Antriebe mit Fokus auf die Fahrzeugklassen M1, N1 und teilweise N2. Entsprechend sind die Standards und die Ausstattung der Ladeinfrastruktur vornehmlich an Pkw und Nutzfahrzeugen orientiert. E-Zweiräder und E-Leichtfahrzeuge verfügen nur zum Teil über einen korrespondieren Ladeanschluss. Insbesondere bei E-Motorrädern gibt es bereits heute einzelne Modelle, die über den passenden Standard verfügen und an den Stationen laden können.
Für E-Roller und E-Bikes ist ein EU-weiter Standard für die Ladeschnittstelle bislang ausstehend. Weitere Aspekte sind beim Laden von E-Zweirädern nach Einschätzung der SWM relevant:
-Die Reichweiten handelsüblicher E-Zweiräder von 40-80 km machen eine Zwischenladung von Privaträdern zumindest im städtischen Kontext obsolet, die Akkus können in der Regel bequem zuhause an der Steckdose geladen werden
-Besitzer von E-Rädern haben das Bedürfnis nach einer sicheren Abstellmöglichkeit für die oftmals teuren Räder, welche an (Pkw-)Ladepunkten im öffentlichen Raum durch das Fehlen z.B. von abschließbaren Radboxen nicht gegeben wäre
-Handelsübliche Ladegeräte von E-Zweirädern sind meist nicht für das Laden im Freien geeignet (zu geringe Schutzklasse) und können durch Dritte entfernt werden (Diebstahlgefahr)
Gerade vor dem Hintergrund der Aufenthaltsqualität, aber auch der sicheren Nutzung des öffentlichen Raums rund um die Ladesäule darf die Frage gestellt werden, ob tatsächlich der öffentliche Raum dafür sinnvoll ist, oder ob für E-Roller bzw. E-Bikes Laden im privaten Raum mit öffentlicher Zugänglichkeit eine bessere Alternative wäre. Öffentlich zugängliche Ladesäulen werden dann genutzt, wenn der Nutzer das Fahrzeug während derLadezeit sicher abstellen und sich selbst entfernen kann (Bsp. E-Ladesäule für Pkw), oder wenn er die Ladezeit direkt vor Ort sinnvoll verbringen kann (z.B. Lademöglichkeiten für E-Bikes im Tourismusbereichen, am Restaurant etc.) und dabei geschützt ist z.B. vor Regen.
Die SWM/MVG unterstützen die Verbreitung von Elektrorädern daher alternativ durch die Erprobung verschiedener Modelle im Mietradsystem MVG Rad – dem MVG eRad und dem MVG eTrike.
Ich bitte Sie, von den vorstehenden Ausführungen Kenntnis zu nehmen, und hoffe, dass Ihr Antrag zufriedenstellend beantwortet ist und als erledigt gelten darf.