Beteiligung der LH München an der „Koordinierungsgruppe Bedrohungsmanagement“
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Anja Berger, Jutta Koller, Dominik Krause, Angelika Pilz-Strasser und Dr. Florian Roth (Fraktion Die Grünen – rosa liste) vom 11.12.2018
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle:
Ihre Anfrage vom 11.12.2018 wurde im Auftrag von Herrn Oberbürgermeister Reiter dem Kreisverwaltungsreferat zur Beantwortung zugeleitet.
Ihrer Anfrage schicken Sie folgenden Sachverhalt voraus:
„Laut Berichterstattung der Münchner Abendzeitung arbeitet das Kreisverwaltungsreferat im Rahmen der ‚Koordinierungsgruppe Bedrohungsmanagement‘ gemeinsam mit der Münchner Polizei derzeit an einem Konzept für ein kommunales Bedrohungsmanagement.1 Dabei werden laut des Presseberichts bereits jetzt einzelne Personen, die potentiell straffällig werden könnten, in den Fokus gerückt. Dieses Vorgehen stellt eine deutliche Änderung der bisherigen städtischen Linie, insbesondere des Kreisverwaltungsreferats, dar, bei der vor allem eine liberale Haltung im Vordergrund stand. Das wirft die Frage auf, wieso das Kreisverwaltungsreferat bereits jetzt im Rahmen der Koordinierungsgruppe an der Diskussion über die Risikobewertung einzelner Personen teilnimmt, ohne den Stadtrat über diese neue Ausrichtung informiert und eine Beschlussfassung dazu herbei geführt zu haben.
Frage 1:
Wieso wurde der Stadtrat bisher nicht über die Mitarbeit des Kreisverwaltungsreferats in der „Koordinierungsgruppe Bedrohungsmanagement“ informiert und mit einem Beschluss für die Beauftragung der Entwicklung eines Konzepts zum Bedrohungsmanagement und der Mitarbeit in Einzelfall-Diskussionen befasst? Gibt es jenseits einer solchen Beschlussfassung bereits einen politischen Auftrag, dies zu tun?
Antwort:
In der Nachbereitung von Gewalttaten fällt auf, dass sich oftmals zwar verschiedene Institutionen im Vorfeld mit einer gefährlichen Person befassthatten, eine strukturierte Vernetzung jedoch in den wenigsten Fällen stattgefunden hat.
Daher hat das Polizeipräsidium München bereits auf der gemeinsamen Besprechung des Oberbürgermeisters mit dem Polizeipräsidenten im Sommer 2017 den Aufbau eines Bedrohungsmanagements thematisiert, um einen stufenhaften Prozess vom Erkennen gefährlicher Personen bis hin zur Abwehr einer Gefahr zu entwickeln. Zielvorstellung des Polizeipräsidiums München ist dabei eine bestmögliche Vernetzung aller relevanter Sicherheitsbehörden.
Anfang 2018 erging sodann die Bitte des Polizeipräsidiums München an den Oberbürgermeister, sich an dem Projekt zu beteiligen.
Nach einem Auftaktgespräch am 9.3.2018 lud das Polizeipräsidium München am 4.5.2018, 13.7.2018, 25.10.2018 und am 12.12.2018 Vertreter des Isar-Amper-Klinikums München Ost, des Landratsamtes München, der Regierung von Oberbayern, der Staatsanwaltschaft sowie der Landeshauptstadt München (Sozialreferat, Referat für Bildung und Sport, Referat für Gesundheit und Umwelt, Kreisverwaltungsreferat) zu ‚Workshops‘ ein.
Im Rahmen dieser Besprechungen und Workshops wurden die Inhalte und Ziele eines Bedrohungsmanagements (siehe dazu Ausführungen des Polizeipräsidiums München zu Frage 2) sowie die Möglichkeiten der Umsetzung vorgestellt.
In diesem Zusammenhang erfolgte bei dem Workshop am 4.5.2018 ein Vortrag des Leiters des Institutes für Psychologie und Bedrohungsmanagement, Herrn Dr. Jens Hoffmann. Herr Dr. Hoffmann beschrieb die Aufgabe eines Bedrohungsmanagements grundsätzlich damit, Personen und Situationen, die das Potential einer gewalttätigen Eskalation in sich bergen, zu erkennen, einzuschätzen und zu entschärfen. Die Auswertungen von Gewalttaten in der Vergangenheit (Terrorakte, Attentate im schulischen Bereich oder Politikern gegenüber, Stalking-Fälle, Fälle von Gewalttaten im häuslichen Bereich oder durch Arbeitskollegen) haben seinen Angaben zufolge ergeben, dass es auf dem Weg zur Gewalt immer Warnsignale gebe und zielgerichtete Gewalt das Ergebnis eines nachvollziehbaren und oftmals erkennbaren Prozesses von Gedanken und Verhalten sei. Sogenannte ‚Erstbewerter‘, die entsprechend geschult sind, seien in den verschiedenen Organisationseinheiten die ersten Ansprechpartner und in der Lage, eine substanzielle Drohung sowie den Stand der unterschiedlichen Eskalationsstufen der gewaltbereiten Person zu erkennen. Eine strukturierte Vernetzung der beteiligten Stellen könne dazu beitragen, Gewalttaten zu verhindern.
Aufgabe der Sicherheitsbehörden und damit auch des Kreisverwaltungsreferates der Landeshauptstadt München ist es, die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch Gefahrenabwehr und Störungsbeseitigung aufrechtzuerhalten. Unter diesem Aspekt sowie dem Ziel, dem hohen Sicherheitsstandard in München sowie dem Sicherheitsgefühl der Münchner Bevölkerung gerecht zu werden, erfolgte die Teilnahme des Kreisverwaltungsreferates an den genannten Veranstaltungen des Polizeipräsidiums München.
Zu betonen ist, dass seitens der Landeshauptstadt München kein regelndes Konzept für eine behördenübergreifende Zusammenarbeit im Rahmen eines Bedrohungsmangagements entworfen beziehungsweise eingeführt wurde. Aktuell wird von der Fachdienststelle des Kreisverwaltungsreferates sowie den übrigen Referaten evaluiert, ob die Einrichtung eines Bedrohungsmanagements – bei Beachtung der rechtlichen Vorgaben, insbesondere des Datenschutzes – für die Landeshauptstadt München erforderlich, zweckmäßig und machbar ist.
Die Mitarbeit des Kreisverwaltungsreferates bei Einzelfall-Diskussionen ergibt sich aus der bestehenden gesetzlichen Regelung und den daraus folgenden Aufgaben:
Grundsätzlich haben sowohl die Polizei als auch die Sicherheitsbehörden (Gemeinden, Landratsämter, Regierungen und das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr, Artikel 6 LStVG) im Wesentlichen die gleiche Aufgabe, nämlich die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch Abwehr von Gefahren aufrechtzuerhalten (Artikel 6 LStVG, Artikel 2 Abs. 1 PAG). Die Polizei wird dann tätig, soweit ihr die Abwehr der Gefahr durch eine andere Behörde nicht oder nicht rechtzeitig möglich erscheint (Artikel 3 PAG, Subsidiaritätsgrundsatz). Ist die Gefahrenabwehr durch eine Sicherheitsbehörde möglich, wird diese im Rahmen des Entschließungsermessens von der Polizei informiert und entscheidet dann ihrerseits, ob sie die Angelegenheit selbst übernimmt oder an eine Spezialbehörde abgibt. Weite Teile des Verwaltungsrechts sind dem Bereich des Sicherheitsrechts zuzuordnen.
Dem Kreisverwaltungsreferat sowie den anderen städtischen Referaten werden daher von der Polizei regelmäßig Vorgänge zur zuständigen weiteren Bearbeitung übermittelt (zum Beispiel im Bereich der AllgemeinenGefahrenabwehr Ordnungswidrigkeitenanzeigen, Anträge für Aufenthalts- und Betretungsverbote, etc.). Sofern die einzelne Fallgestaltung keine sofortigen und eindeutigen Lösungsansätze erkennen lassen, bieten sich interdisziplinäre Besprechungen am ‚Runden Tisch‘ an. Aus den genannten Gründen gehörten und gehören die erwähnten einzelfallbezogenen Besprechungen mit der Polizei zu den originären Aufgaben der verschiedenen städtischen Referate, unabhängig von der Konzeptionierung eines Bedrohungsmanagements. Ein politischer Auftrag hierfür ist daher nicht erforderlich, da es sich um eine laufende Angelegenheit handelt. Im Übrigen wird auf die Ausführungen des Polizeipräsidiums München zu Frage 3 Buchstabe a verwiesen.
Frage 2:
Was ist Inhalt und Ziel des Konzepts, das erarbeitet werden soll?
Antwort des Polizeipräsidiums München:
„Die mögliche Verhinderung von schweren zielgerichteten Gewaltdelikten durch gefährliche Personen ist gesetzliche Aufgabe der Sicherheitsbehörden. In der Nachbereitung entsprechender Gewalttaten fällt auf, dass sich oftmals zwar verschiedene Institutionen/Behörden (zum Beispiel Gesundheitsamt, Ausländerbehörde, Isar-Amper-Klinikum, Polizei) im Vorfeld mit der betreffenden Person befasst hatten, eine möglichst frühzeitige Vernetzung beziehungsweise intensive Absprachen der involvierten Stellen jedoch nur in wenigen Fällen stattgefunden haben (vgl. Kommentar von Kristina Böker/SWR zum Urteil von Staufen: https://www.tagesschau.de/ multimedia/video/video-434485.html).
Ziel des Bedrohungsmanagements ist es daher, relevante Personen anhand von festgelegten wissenschaftlichen Faktoren bereits frühzeitig zu erkennen und fachlich fundiert sowie interdisziplinär einzuschätzen. Dabei orientieren wir uns stark am Bedrohungsmanagementsystem von Dr. Jens Hoffmann vom Institut für Psychologie und Bedrohungsmanagement in Darmstadt. Dies hat jede Behörde zunächst für sich gesehen zu leisten. Hierzu sind speziell geschulte Erstbewerter vorgesehen. Nach Möglichkeit trifft jede Behörde, in der eine potentiell gefährliche Person bekannt geworden ist, geeignete Maßnahmen, um eine Zuspitzung/Eskalation der Situation möglichst früh zu verhindern. Durch eine engere behördenübergreifende Kooperation sollen in der Folge die bestmöglichen Vorgehensweisen aufeinander abgestimmt werden, um der Person Hilfen zukommen zu lassen und dadurch eine Entschärfung der Situation herbeizuführen und so mögliche Taten zu verhindern und Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren.“
Frage 3:
Bezüglich der diskutierten Risiko-Analyse über einzelne Personen:
a) Wie wurden die Einzelfälle identifiziert, die in der Koordinierungsgruppe bereits diskutiert wurden? Ist aus Sicht des Kreisverwaltungsreferats die in der Berichterstattung zitierte Auswahl bereits ein solches Identifikationskriterium („Es geht auch darum, aufs Bauchgefühl zu hören. Wenn man den Eindruck hat: Mit dem stimmt was nicht, ist es wichtig, ihn nicht aus dem Blick zu verlieren.“)?
b) Hat die LH München hier Daten zur Verfügung gestellt? Falls ja: inwiefern ist das mit den städtischen Datenschutzrichtlinien und gesetzlichen Vorgaben vereinbar?
c) Wie wird die Liste der „Risiko-Personen“ erfasst? Wo und wie werden die diskutierten Analysen zu diesen Personen festgehalten? Welche Behörden haben darauf Zugriff?
Antwort:
Antwort des Polizeipräsidiums München zu Buchstabe a)
„Die in dem Artikel der AZ zitierte Koordinierungsgruppe ist eine Arbeitsgruppe innerhalb des Polizeipräsidiums München. Ob die anderen Behörden mittlerweile vergleichbare Strukturen etabliert haben bzw. etablieren, obliegt ihnen jeweils selbst. Hierüber können wir keine Aussage treffen.
Die ca. 100 Fälle, von denen die Rede war, sind in erster Linie polizeiintern geprüft worden. Die Personen wurden von Polizeibeamten der Koordinierungsgruppe gemeldet, weil sie sich im Rahmen der Einsatzbewältigung oder Ermittlungen sowohl durch die Qualität als auch die Quantität des deliktischen Auftretens bzw. durch ihr Verhalten vom üblichen polizeilichen Gegenüber bei Weitem abheben.
Nur in wenigen Fällen, insbesondere wenn wir im Rahmen der Risikoanalyse zu dem Ergebnis kommen, dass von einer Person eine Gefahr ausgeht und polizeiliche Maßnahmen alleine nicht erfolgversprechend sind, werden behördenübergreifende Runde Tische einberufen. Hier werden ausschließlich die Vertreter von den Behörden geladen, die bei der Hilfe und Entschärfung der Situation sinnvoll erscheinen.
Um die Rahmenbedingungen für ein behördenübergreifendes Bedrohungsmanagement und einen einheitlichen Sprachgebrauch festzulegen, wird das Thema Bedrohungsmanagement parallel zu den praktischen Fällen auf der Metaebene bearbeitet. Hier sind, wie im Zeitungsartikel beschrieben, bislang verschiedene außerpolizeiliche Behörden/Institutionen involviert.“
Antwort des Kreisverwaltungsreferates zu Buchstabe a)
Bei der Koordinierungsgruppe handelt es sich um eine Arbeitsgruppe innerhalb des Polizeipräsidiums München. Das Kreisverwaltungsreferat war daher an der Auswahl der Einzelfälle und bei der Festlegung der Identifikationsmerkmale nicht beteiligt.
Antwort zu Buchstabe b)
Für die Fälle, die im Rahmen der behördenübergreifenden Runden Tische besprochen wurden, hat das Kreisverwaltungsreferat keine Daten zur Verfügung gestellt. Es wurden lediglich Möglichkeiten zur Problemlösung, die in den eigenen Zuständigkeitsbereich fallen, vorgebracht. Nach Kenntnisstand des Kreisverwaltungsreferats wurden dem Polizeipräsidium München in diesem Zusammenhang auch von Dienststellen anderer Referate keine Daten übermittelt.
Antwort zu Buchstabe c)
Es gibt keine Datenerfassung im Rahmen eines behördenübergreifenden Bedrohungsmanagements.
Grundsätzlich werden alle Anzeigen und Mitteilungen des Polizeipräsidiums München, die dem Kreisverwaltungsreferat, Abteilung Sicherheit und Ordnung – Allgemeine Gefahrenabwehr, im Rahmen der Aufgabenerfüllung zur Verfügung gestellt werden, in Papier- beziehungsweise Digitalform in den Ordnern der Abteilung abgelegt. Die Aufbewahrungspflicht für sicherheitsrechtliche Unterlagen beträgt zehn Jahre. Dies gilt auch für die von der Polizei zur Verfügung gestellten Risikoanalysen. Andere Behörden oder Dienststellen der Landeshauptstadt München haben auf diese Archive keinen Zugriff.
Frage 4:
Welche städtischen Referate und jeweiligen Abteilungen sind an der Arbeitsgruppe zu welchen Themen beteiligt?
Antwort:
Wie in der Antwort zu Frage 1 ausgeführt wurde, sind weite Teile des Verwaltungsrechts dem Sicherheitsrecht zuzuordnen. An den Workshops nahmen daher bislang Mitarbeiter/Innen des Sozialreferates, Referates für Gesundheit und Umwelt, Referates für Bildung und Sport sowie des Kreisverwaltungsreferates teil.Da die Aufgabenverteilung innerhalb der Referate aufgrund der Größe der Stadtverwaltung für Außenstehende nicht immer ersichtlich ist, bat das Polizeipräsidium München das Kreisverwaltungsreferat, innerhalb der Münchner Stadtverwaltung diejenigen Einrichtungen und Abteilungen zu identifizieren, die bereits über Handlungskonzepte zur Gefahrenabwehr verfügen. Zur Vereinfachung hat das Polizeipräsidium München vorgeschlagen, eine/n zentralen Ansprechpartner/in innerhalb der Stadtverwaltung zu benennen, der/die die entsprechenden Kontakte zu den zuständigen Referaten und Dienststellen vermittelt. Damit soll sichergestellt werden, dass zu den konkreten Fallbesprechungen auch die Mitarbeiter/Innen der städtischen Referate beigezogen werden, deren Kompetenz effektive und systematische Lösungsansätze zulassen. Die Entscheidung, ob beziehungsweise bei welcher Dienststelle der/die zentrale Ansprechpartner/in angesiedelt wird, ist derzeit noch offen und wird im Einvernehmen der Referate getroffen.
Frage 5:
Die bayerische Landesregierung hat den mittlerweile beschlossenen Gesetzesentwurf zum Bayerischen Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz nach massiver Kritik deutlich entschärft. So wurde auf eine Zentraldatei für die Erfassung sämtlicher zwangsweise in der Psychiatrie untergebrachten Personen verzichtet und lediglich ein anonymisiertes Meldeverfahren beschlossen. Laut Berichterstattung werden genau solche Fälle nun in der Koordinierungsgruppe diskutiert. Auf welcher Datenbasis findet dies statt?
Antwort:
Artikel 27 Abs. 4 BayPsychKHG lautet: „Die zuständige Kreisverwaltungsbehörde, die Polizeidienststelle, in deren Zuständigkeitsbereich das Bedürfnis für die Unterbringung aufgetreten ist, und gegebenenfalls die Bewährungshilfe sind durch die Einrichtung rechtzeitig von der bevorstehenden Beendigung der Unterbringung zu benachrichtigen, es sei denn, die gerichtliche Unterbringung war ausschließlich auf Grund von Selbstgefährdung erfolgt. Der Kreisverwaltungsbehörde und der Polizeidienststelle sind dabei notwendige Informationen für eine Gefährdungseinschätzung zu übermitteln.“
Dem Gesetzestext zufolge sind die zuständigen Stellen von einer Entlassung zu informieren. Dies geschieht mit Formblatt, das als Anlage ein Teil der vorläufigen Verwaltungsvorschriften zum BayPsychKHG ist. Sofern davon auszugehen ist, dass von den betroffenen Personen nach Beendigung der Unterbringung weiterhin eine Fremdgefährdung ausgeht, sind sowohl die Polizei als auch die Kreisverwaltungsbehörden verpflichtet zu prüfen, ob Maßnahmen zur Gefahrenabwehr nach dem PAG oder dem LStVG zuergreifen sind. Denkbar sind zum Beispiel Fälle, bei denen die Entlassung nach einer Beziehungstat (Stalking) erfolgt und sich die Tat nicht auf eine psychische Erkrankung zurückführen lässt, aber dennoch die Aggression und Gewaltbereitschaft gegenüber dem Opfer erkennbar ist. Die Zahl dieser Fälle, von denen weiterhin eine Fremdgefährdung ausgeht, wird auf den mittleren zweistelligen Bereich geschätzt. Grundlage für die Mitteilung an die Polizei und die Kreisverwaltungsbehörden ist das BayPsychKHG.
Frage 6:
Die Polizei München nutzt seit 2014 das Programm „Precobs“ zur statistischen Vorhersage von Verbrechen. Laut damaliger Aussage der Polizei München suche man mit dem Programm „[...] Massenphänomene, keine Individuen“. Doch prinzipiell ist dies möglich: so wird in anderen Ländern wie beispielsweise den USA auch auf abfotografierte Nummernschilder oder Funkzellenabfragen von Handys zugegriffen. Inwiefern ist die Aussage der Polizei München, das Programm nicht zur Erfassung von einzelnen Personen zu nutzen, noch aktuell? Ergibt sich durch die momentane Arbeit in der „Koordinierungsgruppe Bedrohungsmanagement“ eine Änderung an diesem Prozedere?
Antwort des Polizeipräsidiums München:
„Das Bedrohungsmanagement befasst sich mit Hochrisikofällen, also mit Personen, die unter Umständen eine Gefahr für Leib oder Leben anderer Personen darstellen.
Precobs ist eine Analysesoftware, die im Rahmen der Einbruchsprävention zum Einsatz kommt. An der grundlegenden Ausrichtung von Precobs hat sich seit 2014 nichts geändert.
Das Bedrohungsmanagement und Precobs stehen in keinerlei Zusammenhang und beeinflussen sich somit in keiner Weise gegenseitig.“
Frage 7:
Kann die Risiko-Analyse über einzelne Personen dazu genutzt werden, Personen auf Grundlage des neuen Polizeiaufgabengesetzes präventiv in Gewahrsam zu nehmen?
Antwort des Polizeipräsidiums München:
„Bei Vorliegen einer konkreten Gefahr gemäß Artikel 11 PAG und soweit die Gefahr nicht durch eine andere Behörde rechtzeitig abgewehrt werden kann (Artikel 3 PAG), besteht die Möglichkeit der Anordnung eines Gewahrsams. Der zuständige Richter muss unverzüglich über die Zulässigkeit und Fortdauer der Freiheitsentziehung entscheiden.Die Risikoanalyse dient vorrangig dazu, eine Person hinsichtlich ihrer Gefährlichkeit zu beurteilen, um ihr unter anderem dann auch die bestmögliche Hilfe zur Verbesserung der Situation zukommen zu lassen.
In diesem Rahmen kann auch eine Risikobewertung an einen Richter übermittelt werden.“
Ich darf Sie um Kenntnisnahme dieser Ausführungen bitten, und gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit erledigt ist.