Wasserstoff als Antrieb für Fahrzeuge – Neue Entwicklungen im Auge behalten!
Antrag Stadtrats-Mitglieder Johann Altmann, Dr. Josef Assal, Eva Caim, Richard Progl und Mario Schmidbauer (Fraktion Bayernpartei) vom 13. 8.2018
Antwort Stephanie Jacobs, Referentin für Gesundheit und Umwelt:
Ihrer Anfrage liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
„Die Landeshauptstadt München setzt bei der Förderung von alternativen Antrieben bei Fahrzeugen immer noch komplett einseitig auf die E-Mobilität. Dabei gäbe es eine wesentlich bessere Alternative, Fahrzeuge mit wasserstoffbetriebenen Brennstoffzellen. Hier erfolgt die Betankung innerhalb weniger Minuten und eine ausreichende Fahrstrecke kann bei jeglichen Bedingungen, im Gegensatz zu E-Fahrzeugen z.B. im Winter, erreicht werden. Als Energiespeicher dient Wasserstoff und nicht Akkus, welche enorme Zerstörungen der Umwelt, durch die Gewinnung der benötigten Rohstoffe in den Abbaugebieten auslösen.
In der Wasserstofftechnik gibt es ständig Verbesserungen und neue Entwicklungen. Dabei ist es gelungen, Wasserstoff in einem Öl zu binden und somit eine Flüssigkeit zu erhalten, welche ungiftig, schwer entflammbar und nicht explosiv ist. Durch das ‚Liquid Organic Hydrogen Carrier‘ (LOHC) kann der Wasserstoff problemlos an die Tankstellen geliefert und erst vor Ort freigesetzt werden.“
Herr Oberbürgermeister Reiter hat mir Ihre Anfrage zur Beantwortung zugeleitet. Zunächst bedanke ich mich für die Fristverlängerung. Die darin aufgeworfenen Fragen beantworte ich in Abstimmung mit der Vergabestelle 1 des Direktoriums wie folgt:
Frage 1:
Wie viele Wasserstofftankstellen gibt es mittlerweile in und im Umkreis von München?
Antwort:
Die Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW GmbH) listet auf Ihrer Internetseite vier Wasserstofftankstellen im Stadtgebiet München. Die genauen Standorte sind:
-Verdistraße 96, 81673 München
-Kreilerstraße 220, 81825 München
-Ottobrunner Straße 116, 81737 München
-Detmoldstraße 1, 80935 MünchenZwei weitere befinden sich im Münchner Umland:
-Rasthof Fürholzen West
-Flughafen München
Der aktuelle Stand wird von der NOW GmbH im Internet veröffentlich: https://www.now-gmbh.de/de/bundesfoerderung-wasserstoff-und-brennstoffzelle/aufbau-wasserstoff-tankstellennetz
Frage 2:
Wie viele Wasserstofftankstellen sind in und im Umkreis von München geplant, wann ist mit deren Fertigstellung zu rechnen?
Antwort:
Auf der Karte der NOW GmbH ist derzeit eine weitere Wasserstofftankstelle in Unterschleißheim angegeben, die sich im Aufbau befindet.
Frage 3:
Wie ist das derzeitige Angebot von wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen am Markt?
Antwort:
Stellungnahme der Vergabestelle 1 des Direktoriums:
Der Vergabestelle 1 sind die in der Tabelle aufgeführten Brennstoffzellen-Fahrzeuge bekannt, wobei von diesen Fahrzeugen derzeit lediglich zwei auf dem Markt erhältlich sind.
Frage 4:
Können diese Fahrzeuge im städtischen Fuhrpark eingesetzt werden?
Antwort:
Stellungnahme der Vergabestelle 1 des Direktoriums:
„Bei den verfügbaren Brennstoffzellen-Fahrzeugen handelt es sich um SUVs bzw. Limousinen. Diese Fahrzeugtypen sind kaum im städtischen Fuhrpark vorhanden. In der Regel werden Pkw als Kleinwagen oder Kompaktwagen beschafft (vgl. auch Antwortschreiben vom 16.11.2016; Antrag Nr. 14-20/A 02430 vom 2.9.2016). Die Kosten der o. a. Fahrzeuge mit Wasserstoff-Antrieb liegen mit ca. 53.000 bis 80.000 Euro weit über denen der derzeit beschafften Elektrofahrzeuge.
Neben den hohen Anschaffungskosten der Wasserstoff-Fahrzeuge ist noch zu berücksichtigen, dass die Kraftstoffkosten derzeit im Bereich von Benzinfahrzeugen liegen und somit keine Einsparungen erzielt werden können, die eine Amortisation der Mehrkosten ermöglichen würden. Die Anschaffung wasserstoffbetriebener Fahrzeuge für den städtischen Fuhrpark ist daher aus heutiger Sicht nicht wirtschaftlich.
Problematisch ist auch die Betankung der Fahrzeuge, da derzeit nur vier Tankmöglichkeiten im Stadtgebiet zur Verfügung stehen, die leider nicht immer zuverlässig funktionieren. So waren z. B. zwei (50%!) der Tankanlagen zum Zeitpunkt der aktuellen Recherche (Anfang Januar 2019) aufgrund technischer Störungen tagelang nicht betriebsbereit.
Der Vorteil der lokalen Schadstoff- und CO2-Reduktion durch wasserstoffbetriebene Fahrzeuge kann derzeit kostengünstiger durch batteriebetriebene Elektrofahrzeuge erfüllt werden. Die Vorzüge der höheren Reichweite und kurzen Ladedauer von Wasserstofffahrzeugen gegenüber Elektrofahrzeugen ist für die städtischen E-Fahrzeuge unerheblich, da sie überwiegend weniger als 100 km am Tag fahren und über Nacht geladen werden können.“
Frage 5:
Können wasserstoffbetriebene Fahrzeuge als Alternative zu E-Fahrzeugen für den privaten Gebrauch gefördert werden?
Antwort:
Wasserstoffbetriebene Fahrzeuge sind wie Elektrofahrzeuge lokal emissionsfrei und daher aus Sicht der Luftreinhaltung gleichwertig zu betrachten. Die Wasserstoffherstellung findet derzeit noch zu einem Großteil durch Dampfreformation aus Erdgas statt, einem extrem energieaufwändigenVerfahren, welches die CO2-Bilanz im Vergleich zu batterieelektrisch angetriebenen PKW deutlich verschlechtert.
Eine Förderung privat genutzter E-Fahrzeuge ist derzeit im Rahmen der bundesweiten Förderung „Umweltbonus“ des Bundeswirtschaftsministeriums möglich. Hier sind wasserstoffbetriebene Fahrzeuge zu den gleichen Bedingungen förderfähig wie E-Fahrzeuge.
Außerdem sind im Rahmen des stadteigenen Förderprogramms „E-Taxi München“ neben batterieelektrisch betriebenen Fahrzeugen ebenso wasserstoffbetriebene E-Taxis förderfähig.
Frage 6:
Welche neuen Entwicklungen ergeben sich im Bereich Mobilität mit Wasserstofftechnik?
Antwort:
Stellungnahme Vergabestelle 1 des Direktoriums:
„Nach unserem Kenntnisstand haben sich in letzter Zeit nur wenige Neuerungen ergeben. Sofern neue Modelle auf dem Markt angeboten werden, geschieht dies sehr zögerlich und in kleinen Stückzahlen.
Entscheidend für einen wirtschaftlichen Betrieb wäre aus unserer Sicht der weitere Ausbau der Tankstellen-Infrastruktur.
Für den städtischen Fuhrpark müssten vor allem zuerst geeignete Modelle wie z.B. Transporter auf dem Markt angeboten werden, damit ein sinnvoller Einsatz erfolgen kann.
Brennstoffzellen könnten in Zukunft auch als Energiequelle für den Betrieb von Fahrzeugaufbauten genutzt werden.“
Frage 7:
Wie sieht die LHM die Entwicklung „Liquid Organic Hydrogen Carrier“ (LOHC)?
Antwort:
Stellungnahme Vergabestelle 1 des Direktoriums:
„LOHC steht für ‚Liquid Organic Hydrogen Carrier‘, was zu Deutsch ‚flüssig, organischer Wasserstoffträger‘ bedeutet. Es handelt sich um organische Verbindungen (Kohlenstoffverbindung auf Erdölbasis), die Wasserstoff (H2) durch chemische Reaktion aufnehmen und durch Verbrennung wieder abgeben können. Bei LOHC handelt es sich somit um ein Speichermediumfür Wasserstoff. Dieses soll als Trägermaterial den Wasserstoff transportieren und macht den Einsatz einer Brennstoffzelle überflüssig.
Derzeit beschäftigt sich z. B. eine Firma in Nürnberg (Hydrogenious Technologies) mit der Entwicklung dieser Technik. Das Verfahren ist bis dato jedoch nur stationär im Einsatz. Es wird daher wohl noch einige Zeit dauern, bis diese Technologie in Fahrzeugen eingesetzt werden kann. Die Anlagen sind derzeit noch zu groß, um sie in Fahrzeuge einbauen zu können. Als nachteilig erweist sich auch die geringere Energiedichte von H2 in LOHC im Vergleich zu der in Diesel gespeicherten Energiemenge (max. halb so hoch), d. h. für die gleiche Energiemenge muss doppelt so viel LOHC-Masse transportiert werden. Problematisch ist auch, dass die Motoren weiterhin Stickoxide als Nebenprodukt ausstoßen, was dem Ziel der Luftreinhaltung im Stadtgebiet entgegensteht.“
Ich bitte Sie, von den vorstehenden Ausführungen Kenntnis zu nehmen.