Abschleppen von Fahrzeugen, die unberechtigt auf Behindertenstell- plätzen stehen – Erfolg oder Frust?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Anja Berger, Paul Bickelbacher, Herbert Danner, Katrin Habenschaden, Anna Hanusch, Jutta Koller, Sabine Krieger, Sabine Nallinger, Oswald Utz und Sebastian Weisenburger (Fraktion Die Grünen – rosa liste) vom 10.1.2019
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle:
Mit Ihrer schriftlichen Anfrage vom 10.1.2019 bitten Sie um Aussagen zu Abschleppmaßnahmen von Fahrzeugen, die unberechtigt auf Behindertenstellplätzen stehen. Sie thematisieren zudem die bestehenden Zuständigkeiten des Polizeipräsidiums München und der Kommunalen Verkehrsüberwachung sowie das entsprechende Verfahren bei der Einleitung von Abschleppmaßnahmen. Die Anfrage betrifft auch das Polizeipräsidium München, welches daher ebenfalls Stellung genommen hat.
Im Auftrag des Herrn Oberbürgermeisters beantworte ich Ihre in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragen wie folgt:
Zunächst teilt das Polizeipräsidium München grundsätzlich Folgendes mit:
„Angesichts der besonderen Hilfsbedürftigkeit und Schutzwürdigkeit schwerstbehinderter Personen kommt der Überwachung von Behindertenparkplätzen ein hoher Stellenwert zu. Behindertenparkplätze sind Parkflächen, die Schwerbehinderten mit außergewöhnlicher Gehbehinderung oder Blinden vorbehalten und mit Zeichen 314, 315 der StVO und mit Zusatzzeichen Nr. 1044-10 (Rollstuhlfahrersymbol) besonders gekennzeichnet sind. Der bundeseinheitliche Tatbestandskatalog sieht für das verbotswidrige Parken auf Behindertenparkplätzen ein Bußgeld in Höhe von 35 Euro v o r .“
Frage 1:
Erhebt die LHM und/oder die Polizei Zahlen darüber, wie oft Behindertenstellplätze mit nicht berechtigten Fahrzeugen beparkt sind?
Antwort Kreisverwaltungsreferat:
Nein. Insgesamt wurden im Jahr 2018 allerdings 1.241 Abschleppungen durchgeführt.
Antwort Polizeipräsidium München:
Ja.
Frage 2:
Wenn 1 bejaht wurde: Bitte um Auflistung der Zahlen für die letzten Jahre.
Antwort Polizeipräsidium München:
Durch das Polizeipräsidium München wurde in den letzten Jahren nachfolgende Anzahl an Fahrzeugen beanstandet, welche widerrechtlich auf Behindertenparkplätzen abgestellt waren:
2018: 7.412
2017: 7.651
2016: 8.931
2015: 8.485
2014: 8.010
Frage 3:
Trifft es zu, dass das KVR nur Strafzettel ausstellen, jedoch kein Abschleppen anordnen kann, wenn ein Falschparker auf einem Behindertenstellplatz angetroffen wird?
Antwort Kreisverwaltungsreferat:
Ja. Das Abschleppen von Fahrzeugen ist rechtlich eine Polizeimaßnahme nach dem Polizeiaufgabengesetz (PAG) und muss daher von der Polizei angeordnet werden. Die Kommunale Verkehrsüberwachung (KVÜ) hat hierfür keine eigene Rechtsgrundlage. Im sogenannten „Münchner Modell“ wurden allerdings in Zusammenarbeit mit dem Polizeipräsidium München bestimmte Örtlichkeiten definiert, an denen Abschleppmaßnahmen auch von der KVÜ ohne Anwesenheit einer Polizeistreife vor Ort durchgeführt werden dürfen. Es handelt sich hier insbesondere um Behindertenparkplätze, Feuerwehranfahrtszonen, Fußgängerbereiche etc., die der örtlichen Polizeiinspektion gut bekannt sind und daher seitens der Polizei darauf verzichtet werden kann, dass eine Polizeistreife zur Bewertung der Situation und des Vorliegens der Abschleppvoraussetzungen vor Ort anwesend ist. Die hierfür notwendige polizeiliche Anordnung wird in diesen Fällen telefonisch bei der zuständigen Polizeiinspektion eingeholt und dann an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der KVÜ weiter gegeben. Diese führen dann an den oben genannten definierten Örtlichkeiten die Abschleppmaßnahme durch. Außerhalb dieser, im Münchner Modell definierten Örtlichkeiten, erfolgen Abschleppmaßnahmen ausschließlich durch das Polizeipräsidium München.
Antwort Polizeipräsidium München:
Die Überwachung der Behindertenparkplätze erfolgt sowohl durch das Polizeipräsidium München, als auch durch die Kommunale Verkehrsüberwachung (KVÜ) der Landeshauptstadt München. Die Anordnung zur Abschleppung ist zwar der Polizei vorbehalten, stellt jedoch ein Mitarbeiter der Kommunalen Verkehrsüberwachung ein widerrechtlich auf einem Behindertenparkplatz abgestelltes Fahrzeug fest, informiert er telefonisch die örtlich zuständige Polizeiinspektion, die die Abschleppung des Fahrzeuges formal anordnet.
Frage 4:
Würde das KVR sich wünschen, das Abschleppen von Falschparkern auf Behindertenstellplätzen selbst anordnen zu dürfen?
Antwort Kreisverwaltungsreferat:
Nein, denn die Praxis hat sich bewährt. Im Übrigen siehe Ausführungen zu Frage 3.
Frage 5:
Wenn 4 bejaht wurde: Wie könnte das KVR diese Befugnis erhalten? Kann die Stadtspitze sich an geeignetere Stelle (Deutscher Städtetag/Bayerischer Städtetag) dafür einsetzen, dass die Kommunen diese Befugnis (neben der Polizei) auch erhalten?
Antwort Kreisverwaltungsreferat:
Entfällt.
Frage 6:
Trifft es zu, dass das Abschleppen von Falschparkern einen Vorgang mit erheblichem zeitlichen Aufwand darstellt und daher große Ressourcen der Polizei und der Kommunalen Verkehrsüberwachung bindet?
Antwort Kreisverwaltungsreferat:
Ja.
Antwort Polizeipräsidium München:
Abschleppmaßnahmen jeglicher Art sind zeitintensiv, da in der Regel vor Ort auf das Abschleppfahrzeug gewartet werden muss, was, je nach Verkehrslage, auch etwas länger dauern kann.
Frage 7:
Trifft es zu, dass die Polizei in manchen Fällen das Abschleppen von Falschparkern auf Behindertenstellplätzen nicht durchführt?
Antwort Polizeipräsidium München:
In den Fällen, in denen bei mehreren vorhandenen Behindertenparkplätzen trotz „Falschparkern“ noch ein Behindertenparkplatz frei ist, wird der „Falschparker“ lediglich verwarnt.
Frage 8:
Wenn 7 bejaht wurde: Warum?
Antwort Polizeipräsidium München:
Siehe Ausführungen zu Frage 7.
Frage 9:
Welche Maßnahmen können sich Polizei und KVR vorstellen, um das Falschparken auf Behindertenstellplätzen effizienter zu unterbinden?
Antwort Polizeipräsidium München:
Aus Sicht des Polizeipräsidiums München sind keine weiteren Maßnahmen zur effizienteren Unterbindung von „Falschparkern“ auf Behindertenparkplätzen mehr möglich. Die Beschilderung der Behindertenparkplätze ist als ausreichend anzusehen. Zudem wird die Beschilderung in der Regel noch durch ein entsprechendes Piktogramm auf der Parkfläche verdeutlicht.
Die Zusammenarbeit mit der KVÜ im Zusammenhang mit entsprechenden Abschleppungen funktioniert sehr gut. Die diesbezüglichen Abläufe haben sich bewährt.
Antwort Kreisverwaltungsreferat:
Keine. Das sogenannte „Münchner Modell“ hat sich bewährt; die Zusammenarbeit mit dem Polizeipräsidium München funktioniert sehr gut.