Der Stadtrat hat heute im Ausschuss für Arbeit und Wirtschaft einem Kooperationsvorhaben der Landeshauptstadt München mit der jordanischen Stadt Gharb Irbid zugestimmt. Das Engagement Münchens besteht aus drei Bausteinen: der Qualifizierung der Stadtverwaltung in Gharb Irbid, dem Aufbau eines kommunalen Eigenbetriebs zur Produktion von Metallcontainern sowie der Durchführung beruflicher Qualifizierungsmaßnahmen. Damit will München einen Beitrag zur Bewältigung der Flüchtlingskrise leisten. Dieses Engagement ist eingebettet in ein Programm des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), das seit 2016 gezielt den Austausch zwischen deutschen Kommunen und Aufnahmekommunen von Geflüchteten in den Anrainerstaaten Syriens fördert. Das Projekt geht zurück auf eine Initiative des ehemaligen Bürgermeisters Josef Schmid.
Der für die kommunale Entwicklungszusammenarbeit zuständige Referent für Arbeit und Wirtschaft, Clemens Baumgärtner: „Der Bekämpfung von Fluchtursachen kommt eine besondere Bedeutung zu. Wir wollen dort mit unserer Hilfe ansetzen, wo die Notlage entsteht. In erster Linie sollen damit eine Verbesserung der Lebensverhältnisse und neue Perspektiven in den Herkunfts- und Anrainerländern von Flüchtlingsbewegungen geschaffen werden. Deshalb will sich München in Gharb Irbid engagieren, seine langjährige Erfahrung in der Entwicklungszusammenarbeit und seine fachliche Kompetenz einbringen. Das Kooperationsvorhaben soll einen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung in der Region und zur kommunalen Selbstverwaltung leisten. Gharb Irbid wird dabei unterstützt, ein kommunales Unternehmen aufzubauen und Arbeit zu schaffen, seine Finanzkraft zu stärken und seine kommunalen Aufgaben zu erfüllen.“
Die Kleinstadt Gharb Irbid liegt in der Nähe des größten Grenzübergangs zu Syrien und hat in den letzten Jahren mehr als 13.000 Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen, dies entspricht 17 Prozent der Einwohnerzahl. Die wirtschaftsschwache Kommune benötigt dringend Unterstützung und neue Einnahmequellen, um die kommunalen Dienstleistungen für die einheimische Bevölkerung und die Geflüchteten erfüllen zu können. Die Arbeitslosenzahlen in der Region sind hoch, sodass auch ein hoher Bedarf an einkommenschaffenden Maßnahmen für Geflüchtete und junge Einheimische besteht.
Basierend auf einer Bedarfserhebung und einer Machbarkeitsstudie wurden in den vergangenen Monaten gemeinsam mit Gharb Irbid bereits konkrete Projektbausteine entwickelt: Die Stadtverwaltung Gharb Irbid soll durch Wissenstransfer zwischen Fachleuten beider Kommunalverwaltungen sowie durch gezielte Fortbildungsmaßnahmen qualifiziert werden. Dabei geht es um Themen der Finanzverwaltung, um kommunales wirtschaftliches Handeln und effiziente Verwaltungsabläufe, den Aufbau kommunaler Unternehmen und die Unterstützung von Existenzgründungen.
Eine zweite Maßnahme ist der Aufbau eines kommunalen Eigenbetriebs. Gharb Irbid besitzt eine Fabrik zur Produktion von Metallcontainern, die jedoch mangels betriebswirtschaftlicher sowie technischer und handwerklicher Fachkenntnisse zur Bedienung der vor Jahren gestifteten Maschinen nicht in Betrieb ist. Künftig soll die Fabrik den kommunalen Eigenbedarf abdecken und damit Kosten senken. Aber auch ein Verkauf von Müllcontainern an umliegende Kommunen und an den Privatsektor ist geplant. Im Rahmen des Projekts werden Fortbildungen für den Betriebsleiter und die Facharbeiter durchgeführt sowie fehlende Ausstattungsgegenstände und Rohmaterialien angeschafft. Ziel ist, dass das Unternehmen zum Projektende gewinnbringend arbeitet.
Schließlich will München die berufliche Qualifizierung unterstützen. Hier ist eine Zusammenarbeit mit zwei örtlichen Berufsschulen in den Bereichen Metallverarbeitung und Schneiderei/Hauswirtschaft/Kosmetik vorgesehen. Neben Schulungen für die Ausbilder soll – angegliedert an die kommunale Fabrik – eine Trainingswerkstatt für Auszubildende in der Metallverarbeitung eingerichtet werden. Syrische und jordanische Frauen, die oftmals im informellen Sektor tätig sind und zu Hause produzieren, sollen durch Kurse zur Existenzgründung weitergebildet und dabei unterstützt werden, eine gemeinsame Vermarktung und neue Vertriebswege aufzubauen. Ziel ist, dass Kommune, Zivilgesellschaft und Berufsschulen nachhaltig zusammenwirken.
Zur Umsetzung der Maßnahmen werden nun Fördermittel bei Engagement Global, einer Durchführungsorganisation des BMZ, beantragt. Zur Koordinierung des Projekts wird eine Stelle im Fachbereich Europa des Referats für Arbeit und Wirtschaft (RAW) eingerichtet. Die Projektpartnerschaft wird fachlich begleitet durch den Fachbereich Kommunale Beschäftigungspolitik und Qualifizierung des RAW sowie durch das Referat für Bildung und Sport und die fachlich betroffenen Berufsschulen. Mehrere Münchner Ausbildungsprojekte sind ebenfalls in das Vorhaben eingebunden. Das Projekt soll im September 2019 beginnen und bis Ende 2021 laufen.