Klimaschutz – den Worten müssen Taten folgen Vl – Private Haushalte
Antrag Stadtrats-Mitglieder Dominik Krause und Sabine Krieger (Fraktion Die Grünen – rosa liste) vom 27.7.2018
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr.(l) Elisabeth Merk:
Die Stadtratsfraktion DIE GRÜNEN/RL hat am 27.7.2018 den folgenden Antrag Nr. 14-20/A 04356 gestellt:
„Die LH München ergreift für den Sektor Private Haushalte folgende, im Gutachten ‚Klimaschutzziel und -strategie München 2050‘ vorgeschlagene Maßnahmen:
1. Energetische Bestandssanierung im Wohnungsbestand der städtischen Wohnungsunternehmen – Erhöhung der Sanierungsrate auf mindestens 2% mit einem energetischen Standard von mindestens KfW 70 Standard (Gutachten-Maßnahme PH-1)
2. Umsetzung hoher energetischer Standards in Neubaugebieten und Realisierung von Vorbildprojekten auf städtischem Grund – KfW 40 Standard und Passiv- und Plusenergiehäuser auf städtischen Grundstücken als Vorbildprojekte (Gutachten-Maßnahme PH-3)
3. Durchführung systematischer Sanierungsoffensiven in Bestandsquartieren – sogenannte ‚Energiekarawanen‘, die durch Information von Bewohner*innen und Eigentümer*innen für Sanierungen gewinnen (Gutachten-Maßnahme PH-5)
4. Erarbeitung einer Dekarbonisierungsstrategie für die Wärmeversorgung für Gebiete außerhalb der Fernwärmegebiete (Gutachten-Maßnahme PH- 6)“
Nach Paragraph 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages unter Punkt 1 fällt jedoch in den Zuständigkeitsbereich der Geschäftsführungen der städtischen Wohnungsbaugesellschaften und betrifft laufende Angelegenheiten, deren Besorgung nach Artikel 37 Abs. 1 GO und Paragraph 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit in Punkt 1 im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Zu Ihrem Antrag vom 27.7.2018 können wir Ihnen mitteilen, dass Ihrem Anliegen bereits entsprochen wird, indem es bereits Eingang in aktuelle Beschlussvorlagen gefunden hat. Die detaillierte Begründung hierzu finden sie unter Punkt B „Aktuelle Beschlussvorlagen“.A. Stellungnahmen der städtischen Wohnungsbaugesellschaften
Mit Schreiben vom 9.8.2018 wurden die beiden Wohnungsbaugesellschaften vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung gebeten, zu den Punkten 1 und 2 Ihres Antrages vom 27.7.2018 Stellung zu nehmen. Im Folgenden werden die Antworten zusammengefasst.
Punkt 1:
Energetische Bestandssanierung
Antwort:
Die GEWOFAG sieht zur Zeit den Wohnungsneubau im Vordergrund um den Mangel an bezahlbarem Wohnraum entgegenzuwirken. Dennoch werden weiterhin energetische Sanierungen im Bestand durchgeführt, wenn auch weniger als in den vorangegangenen Jahren. Sie merkt an, dass das Nutzerverhalten nicht ausreichend berücksichtigt wird und vermutet hier ein hohes Energieeinsparpotenzial. Die GEWOFAG hält generell Maßnahmen im Bezug auf die Energieerzeugung für sinnvoller als auf die Gebäudehülle. Begründet wird dies durch eine wirtschaftlichere Umsetzbarkeit. Eine Sanierungsrate für energetische Sanierungen auf EH 70 Standard von 2% im bewohnten Bestand hält die GEWOFAG für unrealistisch.
Die GWG verweist zunächst auf veraltete zugrundegelegte Verbrauchswerte aus dem Jahr 2014 und ein damit geringeres tatsächliches Einsparpotenzial als das im Fachgutachten berechnete. Auch die GWG hält eine Sanierungsrate von 2% im bewohnten Bestand auf EH 70 für nicht umsetzbar. Nach ihren Angaben müssten dann etwa 500 Mietparteien jährlich umgesetzt werden. Zudem ließe sich die Sanierung in erhöhtem Umfang nur über zusätzliche Fördermittel im vollen Umfang der Kosten finanzieren.
Punkt 2:
Umsetzung hoher energetischer Standards
Antwort:
Die GEWOFAG teilt mit, dass sie den festgelegten EH 70 Standard im Neubau als das wirtschaftliche Optimum sieht. Sie sieht sich hier auch in der Fachwelt bestätigt. Das Nutzerverhalten sei ausschlaggebend. Errechnete Einsparungen würden oft nicht erreicht. Zudem steigen die Erstellungs- und Instandhaltungskosten erheblich. Die GEWOFAG fokussiert deshalb auf Maßnahmen, wie sie beispielsweise mit der von der GEWOFAG vorgestellten Steuerung „Fenster auf, Heizung runter!“ verfolgt werden. Neben der Betrachtung der Gebäudehülle muss aus Sicht der GEWOFAGdas Augenmerk künftig viel stärker als bisher auf die klimafreundliche oder regenerative Energieerzeugung und -verteilung, die Steuerung des Nutzerverhaltens und die Eindämmung des motorisierten Individualverkehrs gerichtet werden.
Die GWG teilt mit, dass sie bereits entsprechende Vorbildprojekte umgesetzt hat und verweist auf ihre teils erheblichen Anstrengungen und Aufwendungen im Bereich des Klimaschutzes. Die wissenschaftlich begleiteten Pilotprojekte zeigten, dass Plusenergiehäuser bereits mit einer Gebäudehülle nach EH 70 möglich sind. Auch die GWG sieht den Ansatz bei der Haustechnik, beziehungsweise der Energieversorgung als zielführender. Systeme sollen dabei benutzerfreundlich gestaltet werden.
B. Aktuelle Beschlussvorlagen
Punkt 1:
Energetische Bestandssanierung
Antwort:
Die Landeshauptstadt München hat sich mit Beschluss vom 27.9.2017 (Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 08521) vor dem Hintergrund des Klimaschutzplans 2050 der Bundesregierung und der Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens 2015 zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2050 die weitgehende Klimaneutralität (0,3 Tonnen CO2-Äquivalente) zu erreichen. Als Zwischenziel wurde bis zum Jahr 2030 die Energie bedingten Treibhausgasemissionen auf drei Tonnen CO2-Äquivalente (CO2e) pro Einwohner und Jahr zu reduzieren beschlossen.
Was dies übertragen auf die städtischen Wohnungsbaugesellschaften GWG und GEWOFAG in ihrer Vorbildfunktion bedeutet und welche Ressourcen hierfür notwendig sind, will das Referat für Stadtplanung und Bauordnung zusammen mit den städtischen Wohnungsbaugesellschaften erarbeiten. Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung hat hierzu eine Maßnahme (IHKM-Maßnahme 1.3.2 „Untersuchung für einen Sanierungsfahrplan „CO2-neutraler Wohnungsbestand bis 2050“ der städtischen Wohnungsbaukonzerne GWG und GEWOFAG“) erarbeitet und in die Beschlussvorlage „Integriertes Handlungsprogramm Klimaschutz in München (IHKM) – Klimaneutrales München/Klimaschutzprogramm 2019“ (Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 11745, Vollversammlung des Stadtrates am 27.11.2018) zur Entscheidung eingebracht.Der Stadtrat hat in der Sitzung der Vollversamlung vom 27.11.2018 der Umsetzung der IHKM-Maßnahme 1.3.2 (Untersuchung für einen Sanierungsfahrplan „CO2-neutraler Wohnungsbestand bis 2050“ der städtischen Wohnungsbaukonzerne GWG und GEWOFAG) zugestimmt.
Punkt 2:
Umsetzung hoher energetischer Standards
Antwort:
Um die Frage zu beantworten, welche Energiestandards im Wohnungsneubau wirtschaftlich und damit auch für die Mieterin, beziehungsweise den Mieter auskömmlich sind, untersuchen die Münchener Wohnungsbaugesellschaften seit einigen Jahren verschiedene Standards im Neubau. Dabei zeigt sich bei beiden Gesellschaften, zum Beispiel in puncto Passivhausstandard, zwar eine gute Übereinstimmung von Berechnung und Verbrauch an Heizwärme, zur Wirtschaftlichkeit äußern jedoch unabhängig von einander beide Gesellschaften Zweifel. Übereinstimmend halten nach ihren Erfahrungen beide Gesellschaften den KfW Effizienzhaus 70 Standard (EnEV 2009) als den Besten im Kosten Nutzen Vergleich.
Im Beschluss zu „Wohnen in München VI“ (Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 07205, vom 15.11.2016) wird im Antragspunkt 30 im Falle einer Novellierung der EnEV innerhalb des Programmzeitraums (2017-2021) eine Überprüfung der städtischen energetischen Standards für den geförderten Wohnungsbau, die Vergabe von städtischen Flächen sowie Wohnungsneubauten der städtischen Gesellschaften, auf der Grundlage eines entsprechenden Kostengutachtens sowie unter Berücksichtigung von Qualität und Klimaschutz beauftragt. Dieses Gutachten soll von einem anerkannten, unabhängigen Auftragnehmer gemeinsam mit den städtischen Wohnungsbaugesellschaften durchgeführt werden. Federführend ist hier das Referat für Stadtplanung und Bauordnung. Die Finanzierung soll über das IHKM erfolgen.
Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung hat deshalb eine entsprechende Maßnahme (IHKM-Maßnahme 1.2.5 „Höhere energetische Standards im geförderten Wohnungsbau (WiM VI)“) erarbeitet und in die Beschlussvorlage „Integriertes Handlungsprogramm Klimaschutz in München (IHKM) – Klimaneutrales München/Klimaschutzprogramm 2019“ (Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 11745, Vollversammlung des Stadtrates am 27.11.2018) zur Entscheidung eingebracht.Der Stadtrat hat in der Sitzung der Vollversamlung vom 27.11.2018 der Umsetzung der IHKM-Maßnahme 1.2.5 (Kostengutachten Wohnungsbau nach Novellierung der EnEV) mit der Maßgabe zugestimmt, dass das Gutachten erst dann in Auftrag gegeben wird, wenn im Zuge der Verabschiedung des noch zu beschließenden Bundes-Gebäudeenergiegesetzes neue energetisch-bautechnische Standardanforderungen vorliegen.
Punkt 3:
Durchführung systematischer Sanierungsoffensiven
Antwort:
Im Sanierungsgebiet Neuaubing-Westkreuz werden bereits umfangreiche Maßnahmen im Rahmen des Integrierten Stadtteilentwicklungskonzeptes zur energetischen Bestandssanierung umgesetzt. Auf Basis der daraus gewonnenen Erfahrungen ist geplant, diese Maßnahmen in zukünftigen Sanierungsgebieten anzuwenden und weiterzuentwickeln.
Die Idee der Energiekarawane wird durch den vom Referat für Gesundheit und Umwelt entwickelten und durchgeführten Klimaschutzaktionsplan aufgegriffen (vgl. Sitzungsvorlage 14-20/V11143 „Klimaschutzaktionsplan zur Aktivierung der Stadtgesellschaft“). Der Fokus liegt als „wohnortnahe Beratung“ auf Wohngebieten mit hohem Altbestand und hierbei auf Ein- und Zweifamilienhäusern. Die Durchführung ist für das erste Themenjahr des Klimaschutzaktionsplans („Jahr der Energie“) bis Herbst 2019 geplant.
Punkt 4:
Erarbeitung einer Dekarbonisierungsstrategie
Antwort:
Das Münchner Energienutzungsplan-System (Sitzungsvorlagen Nr. 14-20/V 07115 „Energienutzungsplan für München“) verfolgt den unter Punkt 4 Ihres Antrages vom 27.7.2018 genannten Ansatz bereits. Federführend ist hier das Referat für Stadtplanung und Bauordnung. Insbesondere in Quartieren, in denen keine Fernwärmeversorgung realisiert werden kann, werden nachhaltige Energieversorgungslösungen, zum Beispiel mittels Nutzung von Photovoltaik oder oberflächennaher Geothermie, zur Umsetzung vorgeschlagen.
Die Stadtwerke München haben darüber hinaus eine Studie zur Dekarbonisierung des Wärmesektors in München beauftragt. Diese Studie wurde bereits dem Aufsichtsrat der SWM und der Energiekommission des Stadtrates vorgestellt.Zusammengefasst wird in der Studie die Fernwärme, das heißt die Tiefengeothermie als wesentlicher Stellhebel für die Reduktion der CO2-Emissionen im Wärmesektor angesehen, weshalb sie auch einen Ausbau der Fernwärme über die bisher bestehenden und geplanten Fernwärmegebiete hinaus empfiehlt. In Gebieten, in denen eine Fernwärmeerschließung nicht möglich ist, werden vor allem integrierte energetische Quartierskonzepte als vielversprechende Lösung empfohlen. Ziel solcher Konzepte ist es, Energieversorgung und -erzeugung der verschiedenen Beteiligten zu optimieren und zum Beispiel in Nahwärmenetzen möglichst viel regenerative Energien einzubinden. Die SWM verfügen über entsprechende energetische Fachkompetenz und sind als örtlicher Versorger mit den Gegebenheiten vertraut. Aktuell entwickeln die SWM das M-Quartier in Moosach zu einem smarten und energetisch optimierten Quartier.
C. Fazit
Mit dem zitierten Gutachten wurden sehr umfassende und fundierte Aussagen zu Klimaschutzzielen bis zum Jahr 2050 und für das CO2-Monitoring vorgelegt. Das vorliegende Gutachten stellt ohne Zweifel die umfassendste Untersuchung zu den bisherigen und künftigen Anstrengungen der Landeshauptstadt München im Klimaschutz dar. Es wird deutlich, dass der bisher eingeschlagene Weg, inklusive der Organisationsstrukturen innerhalb der Verwaltung, weiterverfolgt werden muss. Es stellt dar, dass die Landeshauptstadt München ihre Anstrengungen zur Erreichung des auf der COP21 in Paris völkerrechtlich vereinbarten sogenannten „2°C-Ziels“ deutlich verstärken muss.
Grundsätzlich begrüßt das Referat für Stadtplanung und Bauordnung die vorgetragenen Vorschläge und die Beispiele anderer Kommunen als Denkanstoß in Anbetracht der Dringlichkeit der anstehenden Aufgaben im Klimaschutz. Durch die hohe Zahl der an die privaten Haushalte (Handlungsfeld 1) adressierten Maßnahmenvorschläge zeigt sich die Wichtigkeit dieser Akteure, jedoch auch die vermutete einfache Umsetzbarkeit weiterer Energieeinsparungen. Ein erhebliches Potenzial lässt sich auch im Nutzerverhalten vermuten, weshalb hierauf ein besonderes Augenmerk gerichtet werden sollte.
Kritikpunkt des Gutachtens ist aus Sicht des Referates für Stadtplanung und Bauordnung das Fehlen einer Darstellung konkreter Finanzierungsvorschläge gerade im Bereich des Wohnungsbaus, besonders aber zu den für die städtischen Wohnbaugesellschaften vorgeschlagenen Maßnahmen. In diesem Zusammenhang sei auch nochmals auf die sozialen Ziele der städtischen Wohnbaugesellschaften zu verweisen.
Die entsprechenden Maßnahmen zu den Punkten 1 und 2 Ihres Antrags wurden hierfür, wie oben dargestellt, bereits ins IHKM 2019 eingebracht. Zu den Punkten 3 und 4 werden, wie oben dargelegt, bereits Lösungsansätze auf Quartiersebene entwickelt und verfolgt. Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung ist deshalb der Ansicht, dass die Verwaltung somit bereits Ihrem Antrag vom 27.7.2018 entspricht.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.