Wie sieht die Bilanz der Gasförderung durch die Stadtwerke München GmbH (SWM) wirklich aus?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Professor Dr. Jörg Hoffmann, Dr. Michael Mattar, Gabriele Neff, Thomas Ranft und Wolfgang Zeilnhofer (Fraktion FDP – HUT) vom 27.2.2019
Antwort Clemens Baumgärtner, Referent für Arbeit und Wirtschaft:
In Ihrer Anfrage vom 27.2.2019 führten Sie als Begründung aus:
„Erfreulicherweise bekommen die SWM laut eigenen Angaben fast 100 Millionen Euro Dividende aus dem Beteiligungsunternehmen Spirit Energy. In dieses Unternehmen hatten die SWM sämtliche Gasaktivitäten zusammen mit dem britischen Unternehmen Centrica eingebracht. Zuvor waren die Investitionen der SWM-Tochterunternehmen immer mehr unter Druck geraten. Wichtig ist es nun eine Zwischenbilanz zu ziehen.“
Die in Ihrer Anfrage gestellten Fragen können aufgrund einer Stellungnahme der SWM wie folgt beantwortet werden:
Vorbemerkung der SWM:
„Der Stadtrat der Landeshauptstadt München hat mit Beschluss vom November 2005 beschlossen, dass die Stadtwerke München gemeinsam mit verschiedenen Partnern, insbesondere der hier federführenden Bayerngas GmbH, einer gemeinsam mit den Stadtwerken Augsburg, den Stadtwerken Ulm, den Stadtwerken Ingolstadt, den Stadtwerken Landshut und der TIGAS Erdgas Tirol gehaltenen kommunalen Kooperationsgesellschaft, eine norwegische Gesellschaft zum Zweck der Erdgasförderung gründen.
Hintergrund dieser Entscheidung war die Einschätzung, dass sich aufgrund des steigenden Energiebedarfs von wirtschaftlich stark wachsenden Schwellenländern wie China und Indien die Lage an den weltweiten Energiemärkten verschärfen wird. In einem Umfeld von Rohstoffknappheit bei wachsender Nachfrage ging man von langfristig tendenziell steigenden Rohstoffpreisen und einer Verschiebung der Wertschöpfung von den endkundennahen Märkten hin zu den produzierenden Marktteilnehmern aus. Zur Sicherung des kommunalen Auftrages der Stadtwerke München, der sicheren und preisgünstigen Versorgung der Münchner Bevölkerung mit Erdgas, hat man daher die strategische Grundsatzentscheidung getroffen, die vorgelagerte Wertschöpfungsstufe der Erdgasförderung zu besetzen.
Mit den folgenden Beschlüssen, insbesondere dem Beschluss des Stadtrats der Landeshauptstadt München vom November 2013 wurde das Zielformuliert, die SWM in die Lage zu versetzen, ab 2020 den gesamten Münchner Erdgasbedarf aus eigenen Quellen decken zu können, und so die Abhängigkeit Münchens von den großen oligarchischen Erdgasproduzenten, wie beispielsweise Gazprom, zu reduzieren. Dieses Ziel wurde im Jahr 2018 erstmals vollständig erfüllt und steht im Einklang mit der seit über 100 Jahren bewährten Strategie der Stadtwerke München, sich bei elementaren Leistungen für die Münchner Bürger nicht von Dritten abhängig zu machen (siehe Wasser, Strom, Telekommunikation). Dieses Ziel ist auch heute noch richtig, weil Erdgas noch lange Zeit für München ein sehr wichtiger Energieträger bleiben wird.
Zur Erreichung dieses Ziels haben die Stadtwerke München im Zeitraum von 2006 bis 2016 ihre Beteiligung an der Bayerngas Norge stufenweise ausgeweitet. Auf Grund von vorübergehend stark verfallenen Preisen für Primärenergieträger im Herbst 2015 und eines im ersten Ansatz gescheiterten Projekts des staatlichen dänischen Öl- und Gas-Produzenten DONG, an dem die Bayerngas Norge beteiligt war, kam es zu erheblichen bilanziellen Wertberichtigungen und zu einer finanziellen Schwächung der Bayerngas Norge. Weil gleichzeitig weiter hohe Investitionsbedarfe anstanden, haben die SWM die strategischen Optionen im Hinblick auf das Geschäftsfeld der Erdgasförderung umfassend untersucht und in der Folge auf Basis des Stadtratsbeschlusses vom Juni 2017 mit Wirkung zum 8. Dezember 2017 ihre Beteiligung an der Bayerngas Norge im Rahmen einer strategischen Partnerschaft mit der Centrica PLC in das Gemeinschaftsunternehmen Spirit Energy Ltd. eingebracht.
Das Ziel der strategischen Partnerschaft liegt darin, die Risiken des volatilen Geschäftsfeldes der Erdgasförderung durch bessere Diversifizierung zu reduzieren und zukünftig mit einem größeren Partner zu teilen. Das durch den Stadtrat beschlossene Ziel, den Münchner Bedarf an Erdgas auch für die zukünftigen Jahre aus eigenen Quellen decken zu können, um sich weiterhin unabhängig von großen Erdgasproduktionsgesellschaften wie Gazprom Zugang zu dem wichtigen Rohstoff Erdgas zu sichern, gilt unverändert fort und soll zukünftig durch die Beteiligung der SWM an der Spirit Energy sichergestellt werden. Zudem wurde erwartet, dass durch die Vergrößerung des Portfolios geringere Risiken erreicht werden können. Im Jahr 2018 haben sich die Gas- und Ölpreise auch tatsächlich deutlich erholt und zu einer positiven Ergebnisentwicklung in diesem Geschäftsfeld geführt.
Die Stadtwerke München GmbH haben ihre Erdgas-Aktivitäten im Upstream Bereich unter ihrer zu 100% gehaltenen TochtergesellschaftSWM Gasbeteiligungs GmbH (GBG) gebündelt. Diese hat 2017 zuletzt 80,1% der Anteile der Bayerngas Norge AS gehalten und ist heute zu 80,1% an der SWM Bayerische E&P Beteiligungsgesellschaft mbH (BE/PB) sowie mit 56,3% an der Bayerngas GmbH (BG), die ihrerseits zu 19,9% Anteile an der BE/PB hält, beteiligt.
Die GBG ist zu 31% am Vorzugskapital der Spirit Energy Ltd beteiligt und die BE/PB hält 31% der ordentlichen Anteile der Spirit Energy Ltd.“
Frage 1:
Wie hoch beliefen sich die Wertberichtigungen der SWM-Tochterunternehmen, die sich mit Gasaktivitäten beschäftigt hatten, bevor diese in das Gemeinschaftsunternehmen Spirit Energy eingebracht wurden?
Antwort des RAW/der SWM:
In den Jahren 2015 und 2016 mussten im Wesentlichen aufgrund verfallener Primärenergiepreise und diesbezüglich geringerer Gewinnerwartungen Wertberichtigungen vorgenommen werden. Die Informationen über die vertraulich zu behandelnden Daten aus dem Jahresabschluss/Konzernabschluss der Stadtwerke München GmbH sind in der jährlich vorzulegenden Stadtratsvorlage „Effektives Leistungscontrolling für den Stadtwerke München Konzern – Halbjahresbericht (jeweils zum) II. Halbjahr – Operationalisierung der Ziele des Kooperationsvertrages“ abgebildet.
Der Stadtrat wurde jeweils im Rahmen des effektiven Leistungscontrollings über die Wertberichtigungen der Unterbeteiligungen sowie über die aktuelle Entwicklung in 2017 informiert. Im Geschäftsjahr 2017 wurden die Geschäftsanteile der GBG und der BG an der Bayerngas Norge im Wesentlichen zu deren Buchwerten im Rahmen einer Kapitalerhöhung der BE/PB in diese eingebracht. Die BE/PB hat ihrerseits die Anteile an der Bayerngas Norge an die Spirit Energy veräußert und als Kaufpreis 31% der ordentlichen Anteile der Spirit Energy Ltd erhalten und diese zu Anschaffungskosten bilanziert. Hierdurch ist eine so genannte Zäsurwirkung eingetreten, die dazu führt, dass zukünftige Wertsteigerungen nicht im Rahmen von bilanziellen Zuschreibungen abzubilden sind.
Frage 2:
Wie hoch ist genau die Dividende in Euro, die die SWM seitens Spirit Energy erhält?
Antwort der SWM:
Über das Ergebnis 2018 der Spirit Energie sowie der Dividende wird nach der Befassung des Aufsichtsrats mit dem Jahresabschluss/Konzernabschluss der Stadtwerke München GmbH im Stadtratsbeschluss „Effektives Leistungscontrolling für den Stadtwerke München Konzern – Halbjahresbericht II. Halbjahr 2018 – Operationalisierung der Ziele des Kooperationsvertrages“, geplant im Juli 2019, berichtet.
Frage 3:
Wie sieht die Fünfjahresplanung für voraussichtliche Dividendenzahlungen aus?
Antwort des RAW/der SWM:
Nach der Mehrjahresplanung der Spirit Energy für die Jahre 2019-2023 wird die SWM Gruppe voraussichtlich erhebliche Dividenden auf Anteile, in Abhängigkeit von der zukünftigen Entwicklung der Primärenergiepreise für Gas und Öl, erhalten. Hinzu kommt eine geplante Rückzahlung von Vorzugsanteilen im Jahr 2022. Mit den Wirtschaftsplänen ist, gemäß Gesellschaftsvertrag der Stadtwerke München GmbH, regelmäßig der Aufsichtsrat zu befassen. Im Anschluss daran beschließt der Stadtrat im Rahmen des Beschlusses über die Kreditermächtigung auch über den Wirtschaftsplan der Stadtwerke München GmbH, zuletzt mit Sitzungsvorlage Nr.: 14 - 20/13589 am 15./23.1. 2019.
Frage 4:
Ist in nächster Zukunft an einen Börsengang der Spirit Energy gedacht mit der Chance Gewinne für die SWM zu realisieren und das Risiko abzubauen?
Antwort der SWM:
„Es bestehen keine unmittelbaren Pläne der Gesellschafter, einen Börsengang für die Spirit Energy durchzuführen.
Es besteht aber das gemeinsame Ziel der Gesellschafter und der Geschäftsführung der Spirit Energy, durch eine weitere Verbesserung der Strukturen, des Portfolios und des Geschäftsmodells der Spirit Energy die Ausgangsvoraussetzungen so zu verbessern, dass die Gesellschafter eine bessere Fungibilität ihrer Beteiligungen erreichen. Ein Börsengang könnte hierbei eine Möglichkeit sein, die es den SWM langfristig erlaubt, das Engagement im Bereich der Erdgasförderung flexibel an einen durch die Dekarbonisierung sinkenden Erdgasbedarf in München anzupassen.“
Ergänzung RAW:
Vor einem Börsengang wird der Stadtrat erneut mit der Angelegenheit befasst.
Ich hoffe, dass Ihre Anfrage damit als geschäftsordnungsgemäß erledigt betrachtet werden kann.