Eichpflicht bei E-Ladesäulen – Hat die Stadt die neue Gesetzeslage ignoriert?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Johann Altmann, Dr. Josef Assal, Eva Caim, Richard Progl, Mario Schmidbauer und Andre Wächter (Fraktion Bayernpartei) vom 26.2.2019
Antwort Clemens Baumgärtner, Referent für Arbeit und Wirtschaft:
Ihre schriftliche Anfrage nimmt Bezug auf die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge. Gemäß Zuständigkeit wurde der Antrag an mich weitergeleitet. In Ihrer Anfrage vom 26.2.2019 führten Sie als Begründung aus:
„Auf den ersten Blick ist es nur ein unscheinbares Detail: Am 1. April 2019 läuft die letzte Übergangsfrist aus und es müssen dem neuen Eichrecht entsprechende Messgeräte, die kilowattstundengenau abrechnen, in allen Ladesäulen für E-Autos eingebaut sein. Bei den öffentlichen Ladepunkten der Stadtwerke wird bisher mit einer monatlichen Grundgebühr und einem Preis pro Ladestunde, oder per zeitbeschränkter Pauschale abgerechnet. In Branchenkreisen wird für die Nachrüstung der Säulen mit Millionenbeträgen gerechnet.“
Zu den Fragen Ihrer schriftlichen Anfrage kann ich Ihnen aufgrund der Stellungnahmen der Stadtwerke München (SWM) und meiner Sachbearbeiter Folgendes mitteilen:
Frage 1:
Ist das von der SWM praktizierte, zeitbasierte beziehungsweise zeitbeschränkte Abrechnungsverfahren eichrechtskonform? Wenn nicht, warum wurde das Verfahren eingeführt, obwohl bereits seit 2013 bekannt sein musste, dass 2015 die betreffenden Änderungen im Eichrecht in Kraft treten würden?
Antwort:
Als Innovationsfeld wird öffentliche Ladeinfrastruktur von den SWM dynamisch weiterentwickelt und stetig an Nutzerbedürfnisse, technologische Neuerungen und rechtliche Anforderungen angepasst. Vor allem durch die Novelle des Mess- und Eichrechts im Jahr 2015 entstanden große Unsicherheiten für den Aufbau der öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur in Deutschland. Das Fehlen von konformitätsbewerteten Ladesystemen für die Neuanschaffung sowie von Nachrüstlösungen für Bestandsanlagen hätten den Ausbau deutschlandweit zum Erliegen gebracht. Die zuständigen Behörden gewährten daher Übergangsfristen und suchten gemeinsam mit Herstellern, Betreibern und Verbänden nach Lösungen für den rechts-konformen Aufbau und Betrieb von öffentlich zugänglichen Ladesäulen. Am 18. Januar 2019 fand in Abstimmung mit dem Bundesministerium
für Wirtschaft und Energie (BMWi) und vor dem Hintergrund der AG 5 der Nationalen Plattform „Zukunft der Mobilität“ ein Gespräch zwischen Vertretern der Ministerien, der Landeseichbehörden, der Konformitätsbewertungsstellen, der Hersteller sowie der Betreiber von Ladesäulen statt. Gegenstand war die Frage, wie im Rahmen des Mess- und Eichrechts sowie der Preisangabenverordnung (PAngV) vorzugehen sei. Ziel war es, den weiteren Ausbau der Ladeinfrastruktur sicherzustellen und eine Lösung für die eichrechtskonforme Nachrüstung des Bestandes zu entwickeln. Das Ergebnis dieses Gesprächs ist aus Sicht der Stadtwerke ein erfreulicher und gangbarer Kompromiss, der den erkannten Schwierigkeiten Rechnung trägt und einen sinnvollen Weg zum flächendeckenden eichrechtskonformen Laden darstellt. Es gibt nunmehr keine förmlich-einheitliche Frist mehr, zu der deutschlandweit alle DC- und AC-Ladeeinrichtungen umgerüstet werden müssen. Stattdessen stellt jeder Betreiber (Charge Point Operator – „CPO“) von Ladeeinrichtungen seinen konkreten, individuellen Nachrüstplan der am Sitz seiner Niederlassung zuständigen Eichbehörde vor. Seitens der Behörden besteht zudem die Erwartung, dass die Anbieter von Ladetarifen (E-Mobility Provider – „EMP“) auf Kilowattstunden-basierte Abrechnung umstellen.
Die Stadtwerke München bekleiden bei der städtischen Ladeinfrastruktur in München die Rolle des CPO. Als solcher haben sie bereits im Vorgriff auf und im Einklang mit dem skizzierten bundesweiten Kompromiss mit der Landeseichbehörde den erforderlichen Nachrüstplan abgestimmt. Die Nachrüstung selbst erfolgt durch den jeweiligen Hersteller.
Die Kunden- und Vertragsbeziehung zu den Ladesäulen-Nutzern hält der EMP. Nutzer der SWM Ladestationen sind folglich nicht gezwungen, Kunde der SWM zu werden. Sie sind Kunde des Ladekarten-Anbieters und zahlen den mit diesem vertraglich vereinbarten Tarif. Aktuell gibt es über 180 Anbieter. Umgekehrt haben die SWM keine Einflussmöglichkeit auf die Tarifgestaltung anderer EMP. Für den Tarif der SWM Ladekarte erfolgt ab 1. April 2019 eine Umstellung auf Abrechnung in Kilowattstunden, der monatliche Grundpreis entfällt. Dies entspricht nicht nur dem Wunsch vieler Kunden, sondern auch den Vorgaben der PangV, des BMWi sowie der Landeseichbehörden.
Frage 2:
Mit welchen Kosten ist für eine etwaige Nachrüstung der Ladesäulen auf Strommengenmessung zu rechnen?
Antwort:
Die Kosten werden vom Hersteller getragen beziehungsweise sind bereits im Vorgriff auf die Entwicklung im „Integrierten Handlungsprogramms zur Förderung der Elektromobilität in München“ berücksichtigt worden.
Frage 3:
Wurden die für 2019 geplanten 18 Schnellladesäulen bereits gekauft? Wenn ja, sind diese mit Strommengenzählern ausgestattet?
Antwort:
Anders als bei den AC-Normalladestationen fehlen aktuell bei DC-Schnellladesystemen marktverfügbare eichrechtskonforme Produkte beziehungsweise Nachrüstlösungen. DC-Schnelllader an Hauptverkehrsachsen sind im städtischen Ausbauprogramm ebenfalls vorgesehen, allerdings erfolgt die Umsetzung erst bei Verfügbarkeit eichrechtskonformer DC-Schnellladesysteme. Die Systeme wurden seitens der Stadtwerke daher noch nicht beschafft. Derzeit befinden sich erste Schnellladesysteme im Verfahren der Konformitätsbewertung, so dass wir aktuell mit einer Marktverfügbarkeit für 2020 rechnen.
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen hiermit zufriedenstellend beantworten konnte.