Kampf dem Straßenlärm – Stadt soll Initiative gegen laute Auspuffan- lagen und Soundgeneratoren ergreifen!
Antrag Stadtrat Richard Quaas (CSU-Fraktion) vom 11.6.2018
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle:
Nach Paragraph 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist.
Ihr an das Kreisverwaltungsreferat gerichteter Antrag hat die Eindämmung von Straßenlärm, verursacht durch Auspuffanlagen und Soundgeneratoren zum Ziel. Unter anderem beantragen Sie, dass sich die Landeshauptstadt auf nationaler wie internationaler Ebene für eine Reduzierung des Straßenlärms einsetzt.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, teile ich Ihnen in Abstimmung mit dem Herrn Oberbürgermeister auf diesem Wege zu Ihrem Antrag Folgendes mit:
In Ihrem Antrag Nr. 14-20/A 04165 fordern Sie, dass sich die Stadt über den Deutschen Städtetag beim Bund und bei der Europäischen Union für Maßnahmen gegen den Straßenlärm, zum Beispiel durch laute Auspuffanlagen, einsetzt sowie eigene Maßnahmen, gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit der Polizei, ergreift.
Das Kreisverwaltungsreferat nimmt wie folgt, unter Einbindung des Referats für Gesundheit und Umwelt – Sachgebiet Lärmvorsorge – und des Polizeipräsidiums München – Polizeiliche Verkehrsaufgaben/Abteilung Einsatz – Stellung:
1. Verbot von Klappenauspuffanlagen und anderen technischen Einrichtungen zur Erzeugung des sogenannten „Motorsounds“ sowie einer Erhöhung der Strafen bei Zuwiderhandlungen.
Im Rahmen des Typgenehmigungsverfahrens hat die Europäische Union die Anforderungen an das Emissionsverhalten bei Kraftfahrzeugen durch Absenkung von Grenzwerten sukzessive verbessert.
Die am 1.7.2016 in Kraft getretene EU-Verordnung Nr. 540/2014 definiert Grenzwerte für die Geräuschpegel von Fahrzeugen (und deren Auspuffanlagen) der Fahrzeug-Klassen M (Fahrzeuge zur Personenbeförderung mit mindestens 4 Rädern) und N (Fahrzeuge zur Güterbeförderung mit mindestens 4 Rädern). Neufahrzeuge dürfen seitdem mit Schalldämpferanlagenmit manuell anpassbaren Betriebsarten beziehungsweise mit Austauschschalldämpferanlagen (zum Beispiel Klappenauspuff) nicht lauter als die entsprechenden Fahrzeuge mit Serienschalldämpfer beziehungsweise nicht lauter als die zugrunde zu legenden gesetzlichen Grenzwerte sein. Die aktuell gültigen Grenzwerte liegen je nach Leistungs-Masse-Verhältnis zwischen 72 Dezibel und 82 Dezibel und sollen in den kommenden Jahren schrittweise weiter gesenkt werden.
Allerdings sind diese Grenzwerte nur bei Neuzulassungen einzuhalten und gelten nicht rückwirkend für Fahrzeuge, die vor Juli 2016 zugelassen wurden. Nach Recherche der Zulassungsbehörde waren am 1.1.2018 bundesweit 46,5 Millionen Personenkraftwagen zugelassen, 13,5% dieser Fahrzeuge (6277500 Fahrzeuge) waren unter zwei Jahren alt und unterlagen somit den neuen Grenzwerten. Bei den in München zugelassenen Fahrzeugen lag der Anteil der Fahrzeuge mit einem Erstzulassungsdatum von weniger als zwei Jahren sogar bei 24,4%, was jedoch auch auf die neuwertigen Fahrzeuge zurückzuführen sind, welche auf die Firmen SIXT GmbH & Co Autovermietung KG und BMW AG registriert waren.
Seitens der Verkehrsordnungsbehörden bestehen keine Möglichkeiten, gegen das vielfach als störend empfundene Lärmspektrum spezieller Auspuffanlagen tätig zu werden, wenn diese rechtlich zugelassen sind.
2. Verpflichtende wirksame Schalldämpfer bei Krafträdern zur Lärmreduzierung
Die Anforderungen an die Geräusche von Krafträdern im Rahmen der Fahrzeugtypgenehmigung sind in den EU-Verordnungen Nr. 134/2014 sowie Nr. 168/2013 und der UNECE-R41.04 festgelegt.
Die EU-Verordnung Nr. 168/2013 ist am 1.1.2016 in Kraft getreten und gibt konkrete Geräuschgrenzwerte für Krafträder vor. Je nach Fahrzeugklasse sind Geräuschemissionen bis maximal 80 Dezibel zulässig. Diese Werte sind verpflichtend und Voraussetzung für eine Typengenehmigung. Allerdings gelten sie ebenfalls nur bei Neuzulassung von Fahrzeugen und nicht rückwirkend für Krafträder, die vor 2016 zugelassen wurden. Bei Krafträdern steht zu befürchten, dass die neuen Grenzwerte leider erst später zu den gewünschten Ergebnissen führen, da laut Auskunft des Kraftfahrt-Bundesamtes Krafträder in Deutschland je nach Bundesland zwischen 16,1 und 19,8 Jahren alt sind.
3.Regelmäßige Kontrollen im Form von Schwerpunktaktionen im Stadtgebiet durch die Polizei
Im fließenden Verkehr obliegt die Kontrolle und Überwachung des Verkehrs ausschließlich der Polizei. Diese kann im Rahmen einer Kontrolle ein Fahrzeug nur dann außer Betrieb setzen, wenn es verkehrsunsicher ist. In derRegel stellt die Verkehrsunsicherheit wiederum ein amtlich anerkannter Sachverständiger fest.
In Fällen von leichten oder erheblichen Mängeln, kann die Polizei ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eröffnen und zudem der zuständigen Zulassungsbehörde eine Mängelanzeige in Kopie übersenden.
Vom Polizeipräsidium München werden regelmäßig Schwerpunktkontrollen zum Thema „Eindämmung von Fahrzeuglärm“ durchgeführt. Schwerpunktmäßig standen hierbei Veränderung an Fahrzeugen, welche das Geräuschverhalten beeinflussen, Geschwindigkeitsüberschreitungen und unnötiges Verursachen von Lärm im Vordergrund. So wurden beispielsweise während Schwerpunktaktionen mehrere Fahrzeuge aufgrund technischer Veränderungen, welche das Geräuschverhalten negativ beeinflussen, sichergestellt. Auf den Bereich der Leopoldstraße, Ludwigstraße und Münchner Freiheit wurde hierbei ein besonderes Augenmerk gelegt.
Das Polizeipräsidium München führt hierzu ergänzend aus:
„Die Problematik der Lärmbelästigung durch den Kraftfahrzeugverkehr und speziell hoch motorisierter Kraftfahrzeuge im Bereich der Landeshauptstadt München ist dem Polizeipräsidium München bekannt.
Aus diesem Grund liegt unser Augenmerk im Rahmen des täglichen Streifendienstes und bei regionalen Schwerpunkten auf dem Fehlverhalten sogenannter ‚Autoposer und Profilierungsfahrer‘.
Im Rahmen unserer Überwachungstätigkeit werden im Schnitt pro Jahr circa 250 Kraftfahrzeuge zur Erstellung eines technischen Gutachtens aufgrund technischer Veränderungen, welche das Geräusch- und Abgasverhalten negativ beeinflussen oder die Verkehrssicherheit gefährden ‚aus dem Verkehr gezogen‘, meistens wegen illegaler Veränderungen an der Auspuff- beziehungsweise Abgasanlage.
Häufig entstehen entsprechende Lärmbelästigungen auch durch rücksichtsloses Fahren mit extrem hohen Drehzahlen in niedrigen Gängen. Aufgrund der technischen Weiterentwicklungen und des Phänomens der Klappenauspuffanlagen reicht ein Beschleunigen der Fahrzeuge an Lichtzeichenanlagen hierzu oft aus.“
4. Einsatz kommunaler Ordnungskräfte
Die kommunale Verkehrsüberwachung setzt eigene Ordnungskräfte im Rahmen ihrer Befugnisse ein. Diese beziehen sich unter anderem auf Geschwindigkeitskontrollen und nicht auf Anhaltungen und auch ausdrücklich nicht auf Lärmverstöße.
Die kommunale Verkehrsüberwachung der Landeshauptstadt München wird auch weiterhin flankierend mit tätig werden, wenn die Polizei im Rahmen von Geschwindigkeitsüberwachungen eine Unterstützungsmöglichkeit anfordert.
5. Nutzung von Spielräumen durch die Zulassungsbehörde
Seitens der Zulassungsbehörde besteht, wie oben bereits angesprochen, bedauerlicherweise keine Möglichkeit, gegen das vielfach als störend empfundene Lärmspektrum spezieller Auspuffanlagen tätig zu werden, wenn diese, wie oben ausgeführt, rechtlich zugelassen sind.
Wurden derartige Auspuffanlagen bereits ab Werk beim Hersteller eingebaut, ist auch die Zulassung für den Straßenverkehr durch die Betriebserlaubnis des Fahrzeugtyps gegeben. Vergleichbares gilt für nachträgliche Änderungen oder Einbauten. Hier ist zunächst das Vorhandensein einer sogenannten „Allgemeinen Betriebserlaubnis“ beziehungsweise einer EG-Betriebserlaubnis für das Fahrzeugteil sowie eine Einzelabnahme durch einen amtlich anerkannten Sachverständigen erforderlich.
Diese Einzelabnahme allein berechtigt aber noch nicht zur Inbetriebnahme eines Fahrzeuges mit einem geänderten Anbauteil. Dazu ist eine neu zu erteilende Betriebserlaubnis der Zulassungsbehörde nach Vorlage des positiv abgeschlossenen Gutachtens des amtlich anerkannten Sachverständigen erforderlich.
Die Zulassungsbehörde muss den Anträgen auf Zulassung/Umschreibung von Fahrzeugen sowie technischer Änderungen folgen, wenn die Fahrzeuge einem genehmigten Typ entsprechen und keine Anhaltspunkte für technische Mängel am Fahrzeug offensichtlich sind (zum Beispiel durch Eintrag eines technischen Mangels im örtlichen Register der Zulassungsbehörde oder im Zentralen Register des Kraftfahrt-Bundesamtes/ZFZR). Grundsätzlich werden dann im Rahmen der turnusmäßig wiederkehrenden Hauptuntersuchungen durch staatlich anerkannte Prüforganisationen wie zum Beispiel DEKRA, TÜV, GTÜ oder KÜS die Vorschriftsmäßigkeit und Umweltverträglichkeit der Kraftfahrzeuge überprüft und sichergestellt, dass Kraftfahrzeuge mit technischen Mängeln oder Sicherheitsmängeln nicht am Straßenverkehr teilnehmen. Hier werden in der Regel auch die Betriebserlaubnisse beziehungsweise erforderlichenfalls die technischen Gutachten für die am Fahrzeug vorgenommenen Änderungen und Einbauten mit überprüft.
In Fällen, bei denen die Polizei eine Mängelanzeige übermittelt, prüft die Zulassungsbehörde die Eröffnung eines Verfahrens nach Paragraph 5 Fahrzeug-Zulassungsverordnung, bei dem als letzte Konsequenz auch Maßnahmen zur zwangsweisen Außerbetriebsetzung eingeleitet werden können.
6. Fazit
Die EU hat in den vergangenen Jahren fortlaufend die Emissionsanforderungen im Rahmen des Typgenehmigungsverfahrens für Kraftfahrzeuge erhöht. Somit kommen kontinuierlich immer mehr Fahrzeuge in den Verkehr, welche die neusten Anforderungen an Schadstoff- und Geräusche-missionen erfüllen. Die Vorschriften für Neufahrzeuge sind jedoch nicht auf Gebrauchtfahrzeuge übertragbar. Hier besteht ein Bestandsschutz für den Fahrzeughalter, welcher sich an den Grenzwerten des jeweiligen Erstzulassungsdatums des Fahrzeuges orientiert.
Verstöße und Mängel, welche bei polizeilichen Kontrollen oder im Rahmen der wiederkehrenden Hauptuntersuchung festgestellt werden, führen zu sofortigen Verwaltungsverfahren der Kfz-Zulassungsbehörde, mit dem Ziel, den Mangel/Verstoß umgehend abzustellen oder den Betrieb des Fahrzeuges zu unterbinden. In letzter Konsequenz werden Fahrzeuge im Rahmen der Ersatzvornahme durch die Polizei im Auftrag der Kfz-Zulassungsbehörde zwangsweise außer Betrieb gesetzt.
Ich bitte um Kenntnisnahme der Ausführungen und gehe davon aus, dass die Angelegenheit als erledigt gelten darf.