Nicht genehmigte Baumfällungen/Grundstücksrodungen
Anfrage Stadtrat Frieder Vogelsgesang (CSU-Fraktion) vom 22.2.2019
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr.(l) Elisabeth Merk:
Mit Schreiben vom 22.2.2019 haben Sie gemäß Paragraph 68 GeschO folgende Anfrage an Herrn Oberbürgermeister gestellt, die vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung wie folgt beantwortet wird. Für die kurzfristig gewährte Fristverlängerung bis 12.4.2019 bedanken wir uns.
In Ihrer Anfrage führen Sie aus, dass wieder einmal in einem der Münchner Wohngebiete mit Gartenstadtcharakter eine ungenehmigte Baumfällaktion stattgefunden hätte, das Grundstück vollständig gerodet worden wäre, die Bußgelder offensichtlich in die Baukosten eingepreist wären und ohnehin nicht abschrecken würden.
Frage 1:
Wie viele ungenehmigte Baumfällungen sind in den Jahren 2017 und 2018 der Unteren Naturschutzbehörde bekannt geworden?
Antwort:
Im Jahr 2017 wurden bei der Unteren Naturschutzbehörde außerhalb von Baugenehmigungsverfahren in 41 Fällen unerlaubte Baumfällungen, im Jahr 2018 in 46 Fällen unerlaubte Baumfällungen gemeldet. All diesen Anzeigen wurde von der Unteren Naturschutzbehörde nachgegangen. In nicht wenigen Fällen davon konnte ein Verstoß gegen die Baumschutzverordnung nach Ortseinsicht nicht bestätigt werden. Für Verstöße im Rahmen von Baugenehmigungsverfahren (nach Bauantragstellung) liegen keine belastbaren Zahlen vor.
Frage 2:
Wird eine Zunahme derartiger Fällaktionen/Grundstückrodungen in den vergangenen Jahren beobachtet?
Antwort:
Aktuell häuften sich bauvorbereitende Grundstücksrodungen, insbesondere vor dem 1. März 2019 (Beginn des Allgemeinen Artenschutzes). In den vergangenen acht Jahren war eine Zunahme derartiger Fällaktionen jedoch nicht zu verzeichnen.
Frage 3:
In wie vielen Fällen zu Frage 1 wurde eine nachträgliche Fällgenehmigung erteilt?
Antwort:
Nachträglich werden Fällungen grundsätzlich nicht genehmigt, weil nach erfolgter Baumbeseitigung die Beurteilungsgrundlage fehlt.
Zu den Fragen 4 bis 8 hat die Bußgeldstelle des Referates für Stadtplanung und Bauordnung Hauptabteilung IV die Beantwortung übernommen. Eine statistische Auswertung nach der Art des Verstoßes erfolgt bei der Bußgeldstelle erst bei Abschluss des Bußgeldverfahrens. Bei den nachfolgenden Zahlen handelt es sich daher um das Jahr des Verfahrensabschlusses (die Fällung kann also unter Umständen auch in den Vorjahren erfolgt sein).
Frage 4:
In wie vielen Fällen wurde das Verfahren niedergeschlagen, weil keine ausreichenden Beweise vorlagen?
Antwort:
Einstellungsgründe werden statistisch nicht gesondert erfasst. Deshalb liegen keine Zahlen für die speziell nachgefragte Fallkonstellation vor. Allerdings ist nicht erinnerlich, dass bei Einstellungen ein zahlenmäßig signifikant hoher Anteil darauf zurückzuführen war, dass es keine ausreichenden Beweise gab.
Frage 5:
In wie vielen Fällen wurden Strafen verhängt?
Frage 6:
Wie hoch fielen die Strafzahlungen aus?
Antwort:
Bei Bekanntwerden von Fällungen von Bäumen bzw. Grundstücksrodungen wird im Hinblick auf einen Verstoß gegen die Baumschutzverordnung der Landeshauptstadt München ermittelt.
Daneben gibt es Sachverhalte, bei denen im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens in der Baugenehmigung Auflagen zum Schutz eines erhaltenswerten Baumbestandes auf dem Grundstück verfügt wurden. Wird in solchen Fällen eine Beschädigung oder Fällung der Bäume festgestellt,liegt ein Verstoß gegen die Auflage der Baugenehmigung vor. Bei einem solchen Verstoß wird daher wegen eines baurechtlichen Verstoßes nach der Bayerischen Bauordnung ermittelt.
A) Vollzug der Baumschutzverordnung:
Im Jahr 2017 wurden der Bußgeldstelle zur Baumschutzverordnung 72 Fälle und im Jahr 2018 132 Fälle zugeleitet.
Im Jahr 2017 wurden 102 Fälle (davon 48 mit Bußgeldbescheid) und im Jahr 2018 46 Fälle (davon 22 mit Bußgeldbescheid) abgeschlossen. Diese Vorgänge waren zum Teil bereits in den Vorjahren zugeleitet worden.
Eine Auswertung der erlassenen Bußgeldbescheide in den angefragten Kalenderjahren 2017 und 2018 bezogen nur auf nicht genehmigte Fällungen ergab daraus folgende Fallzahlen und Bußgeldhöhen:
2017: 10 Fälle wegen nicht genehmigten Baumfällungen mit Bußgeldbescheiden:
Bußgelder zwischen 150 Euro und 4.000 Euro
2018: 3 Fälle wegen nicht genehmigten Baumfällungen mit Bußgeldbescheiden:
Bußgelder zwischen 200 Euro und 500 Euro
Derzeit sind aus 2017 noch 23 Fälle offen, sechs Fälle davon zu nicht genehmigten Baumfällungen. Für das Jahr 2018 sind noch 78 Fälle offen, davon 21 zu nicht genehmigten Baumfällungen.
B) Vollzug der Bayer. Bauordnung (Baumschutzauflagen):
Hierzu werden bei der Bußgeldstelle beim Abschluss von Ordnungswidrigkeiten-Verfahren insbesondere statistisch erfasst:
-Verstoß gegen aufschiebende Bedingung einer Baugenehmigung: „Erstellung/Abnahme von Baumschutzmaßnahmen vor Baubeginn“
-Verstoß gegen Baumschutzauflagen (während des Baugeschehens)
Eine noch tiefergehende statistische Differenzierungen findet bei der Bußgeldstelle nicht statt.
Für die nachgefragten Jahre 2017 und 2018 waren bei der Bußgeldstelle bei der Ahndung hierbei folgende Fallzahlen zu verzeichnen:2017: Zehn Fälle mit Bußgeldbescheiden wegen Verstößen gegen Baumschutzauflagen aus der Baugenehmigung: Bußgelder zwischen 200 Euro und 7.000 Euro
2018: Zwölf Fälle mit Bußgeldbescheiden wegen Verstößen gegen Baumschutzauflagen aus der Baugenehmigung: Bußgelder zwischen 250 Euro und 4.000 Euro
Hinzu kommen noch 23 Fälle aus dem Jahr 2018, welche noch nicht bearbeitet werden konnten.
Frage 7:
Sind Sie der Überzeugung, dass die Höhe dieser Strafzahlungen eine hinreichend abschreckende Wirkung erzielen?
Antwort:
Es besteht bei der Bußgeldstelle nicht der Eindruck, dass die etablierten und größeren Marktteilnehmer versuchen, durch rücksichtsloses Vorgehen in Bezug auf den Baumschutz oder insbesondere die Vornahme von nicht genehmigten Baumfällungen, sich Vorteile zu verschaffen. Soweit im Einzelfall nachweisbar durch materiell rechtswidrige Baumfällungen ein wirtschaftlicher Vorteil entsteht, kann dieser bereits nach geltender Rechtslage abgeschöpft werden. Ein Bußgeld soll den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen. Reicht das gesetzliche Höchstmaß hierzu nicht aus, so kann es bereits heute überschritten werden.
Die Anzahl von Fällen, die der Bußgeldstelle zum Thema „Baumschutz im Rahmen der Durchführung von Bauvorhaben“ zur Bearbeitung zugeleitet wurden, ist in den vergangenen fünf Jahren in etwa gleichbleibend (2014: 34 Fälle, 2015: 37 Fälle, 2016: 27 Fälle, 2017: 32 Fälle, 2018: 31 Fälle).
Bezüglich der Zuleitungen an die Bußgeldstelle bei möglichen Verstößen gegen die Baumschutzverordnung war dagegen in den letzten fünf Jahren insgesamt eine größere Spreizung festzustellen (2014: 57 Fälle, 2015: 76 Fälle, 2016:127 Fälle, 2017: 72 Fälle, 2018: 132 Fälle).
Hier sind aber neben Zuleitungen wegen nicht genehmigten Fällungen auch Anzeigen wegen ungenehmigter Baumveränderungen bzw. Eingriffen in den Wurzelbereich geschützter Gehölze enthalten. In den Jahren 2016 und 2018 kam es zu starken Erhöhungen der Zuleitungszahlen wegen der verstärkten Kontrollaktivitäten der Unteren Naturschutzbehörde bezüglichgeleisteter Ersatzpflanzungen, „Aktion Kontrolle Grün“ (2016) bzw. der „Ersatzbauminitiative“ (2018).
Frage 8:
Wenn Nein: Was kann unternommen werden, damit beabsichtigte Baumfällungen künftig ihren geordneten Gang nehmen?
Antwort:
In vielen Fällen werden solche Baumfällungen in größerem Umfange mit einem Bauvorhaben verbunden sein. Dann sind Ordnungswidrigkeiten bereits jetzt mit einem Bußgeld bis zu 500.000 Euro bedroht.
Im Falle der Nichtbeachtung von bußgeldbewehrten Vorschriften (insbesondere der BaumschutzV und der BayBO) sind die Fachbehörden innerhalb des Referats für Stadtplanung und Bauordnung gehalten, bei jeglichem Verdacht auf ordnungswidriges Handeln auch eine Zuleitung an die Bußgeldstelle zu fertigen. Dort wird dann in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens über das weitere Vorgehen entschieden.
Durch die konsequente Ahndung von Verstößen soll über den konkreten Einzelfall hinaus auch eine generalpräventive Wirkung erzielt werden. Die abschreckende Wirkung eines Bußgeldverfahrens würde durch eine möglichst zeitnahe Ahndung verstärkt werden.
Inwieweit eine Erhöhung des Bußgeldrahmens des BayNatSchG durch den Landesgesetzgeber tatsächlich zu einer Verhaltensänderung einzelner „schwarzer Schafe“ führen könnte, kann nicht abschließend beantwortet werden.
Unabhängig davon wird das Referat für Stadtplanung und Bauordnung Kontakt mit der Staatsanwaltschaft München und dem Polizeipräsidium München suchen, um die Effektivität bei der Verhinderung solcher Vorgänge und der Beweissicherung im Falle des Einschreitens zu sichern.