Wer verantwortet im Olympiapark Rodungen von Hecken und Sträuchern?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Sonja Haider und Tobias Ruff (ÖDP) vom 4.2.2019
Antwort Clemens Baumgärtner, Referent für Arbeit und Wirtschaft:
In Ihrer Anfrage vom 4.2.2019 führten Sie als Begründung aus:
„In Antworten der Stadtverwaltung auf Stadtratsanträge wird vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung und vom Baureferat beständig wiederholt, dass das Baureferat bei der Neuanlage sowie der Sanierung und Unterhaltung von Parks und Grünflächen in hohem Maße strukturreiche Gehölzbereiche integriere, insbesondere artenreiche Heckenstrukturen unter anderem als Habitate und Nahrungsquellen für Insekten sowie als Rückzugsorte für Spatzen und andere Vogelarten. Seltsamerweise ist die Wahrnehmung der Bürgerinnen und Bürger oft anders. Immer wieder erreichten uns in den letzten Jahren Meldungen über übermäßige Ausdünnungen beim Unterholz bis zu Rodungen ganzer Gehölzbereiche. Insekten und Vögel seien davon betroffen, aber auch die Ästhetik leide und Spaziergängerinnen und Spaziergängern würde der Sonnen- und Windschutz neben Parkbänken genommen. Auf der Sitzung des Bezirksausschusses 11 (Milbertshofen – Am Hart) im Januar 2019 erklärte nun der Baumschutzbeauftragte des Bezirksausschusses, dass es ihm nicht gelungen sei, in der Stadtverwaltung einen Verantwortlichen zu er- reichen, der die Umsetzung des Parkpflegewerks im Olympiapark betreue und gegen Abholzungen einschreite. Es habe geheißen, die Parkpflege liege im Verantwortungsbereich von Unternehmen für Gartenbau und Landschaftspflege. In die gleiche Richtung weist ein Antwortschreiben der Stadtverwaltung vom Januar 2018. Dort steht: ‚Die Hecken- und Strauchentfernungen im Olympiagelände, die als Beispiel angeführt wurden, fanden nicht auf Flächen statt, die durch das Baureferat gepflegt wurden.‘ Es wird jedoch weder ausgeführt, wer denn diese Hecken- und Strauchentfernungen vorgenommen hat, noch wer dafür die Verantwortung trägt. Vermutlich werden Gartenbaufirmen derartige Tätigkeiten auf Flächen im Unterhalt des Baureferates oder der Stadtwerke München GmbH (SWM) nicht ohne Auftrag und Bezahlung durchführen. Das Antwortschreiben erging auf einen Antrag der ÖDP, in dem wir die Erstellung eines Konzeptes zur Erhöhung des Bestands an heimischen Hecken und Sträuchern und eine Verbesserung von deren Pflege beantragt hatten und dabei explizit auch die von städtischen Gesellschaften gepflegten Flächen miteinbezogen wissen wollten. Im Antwortschreiben wurden Stellungnahmen der Stadtgüter München, der GWG und der GEWOFAG zitiert. Stellungnahmen der Stadtwerke München GmbH (SWM), der Olympiapark München GmbH (OMG) und verschiedener anderer städtischer Gesellschaften mit Grünflächen in eigener Pflege wurden jedoch nicht beigefügt.“
Die in Ihrer Anfrage gestellten Fragen können anhand von Stellungnahmen von SWM Services GmbH (SWM), Baureferat und Referat für Stadtplanung und Bauordnung wie folgt beantwortet werden:
Vorbemerkung der SWM:
„Die SWM betreuen seit Januar 2007 als Erbbaurechtsnehmerin den zentralen Bereich des Münchner Olympiaparks. Zuständig für die ca. 33 Hektar an Grün- und Gehölzflächen ist eine seit den Olympischen Spielen 72 bestehende Gartenbauabteilung und seit 2007 Abteilung der SWM, die ihren Sitz in einem Bauhof am Werner-Seelenbinder-Weg hat. Je nach Umfang werden bestandssichernde Maßnahmen nach den geltenden Einkaufsrichtlinien der SWM ausgeschrieben oder mit eigenem Fachpersonal ausgeführt.
Mít dem Stadtratsbeschluss zur Rahmenplanung (Beschluss Nr. 08-
14/05048 vom 6.10.2010) erhielt das Baureferat München den Auftrag, ein Parkpflegewerk zum Olympiapark erstellen zu lassen. lnhalte, Ziele und Maßnahmen wurden mit den Auftraggebern sowie mit der Unteren Naturschutzbehörde, dem Referat für Gesundheit und Umwelt, Vertretern des LBV und der Denkmalschutzbehörde abgestimmt. lm Juni 2013 wurde das fertige Parkpflegewerk in einer öffentlichen Sitzung dem Bauausschuss des Stadtrates vorgestellt und dient seitdem als abgestimmte fachliche Grundlage mit Zielstellung für alle Pflege- und Erhaltungsmaßnahmen im Olympiapark. Die einzelnen Maßnahmen sowie die Durchführungsart zur Erhaltung der Grünanlagen sind ausführlich beschrieben (siehe Seiten 173-182 mit Maßnahmenplänen).
Bezüglich der Pflege der Baumbestände wurde bereits 2009 ein EDV-geführtes Baumkataster eingeführt, Sachverständige der Firma TreeConsult sind für die Begutachtung und Vorschlag der Maßnahmen zuständig, die Ausführung der Arbeiten erledigen gelernte Baumpfleger. Zudem besteht ein Beratungsvertrag mit der ARGE Parkpflegewerk Olympiapark, ARGE Schulze/Topos, die mit der Erstellung des Parkpflegewerks von der LH München beauftragt waren. Hier werden verschiedenste geplante Maßnahmen diskutiert und ggf. mit dem Denkmalschutz abgesprochen und später ausgeführt.“
Frage 1:
Wer ist verantwortlich für die Rodung von Hecken und Sträuchern östlich des ehemaligen Radstadions bei Sitzbänken nördlich des Willi-Gebhardt- Ufers im Jahr 2018?
Antwort:
Die SWM führt hierzu Folgendes aus:
„Hier wurde der ursprüngliche Bestand vollständig entfernt, da dieser von Fremdgehölzen verdrängt wurde. Bei der anschließenden Neupflanzung mit den vorgeschriebenen Gehölzen wurden auch die wassergebundenen Wege wiederhergestellt. Vorgehensweise wie im Parkpflegewerk beschrieben (siehe Maßnahmentabelle Bereich 4 für Maßnahmen Mischpflanzung).“
Frage 2:
Wer ist verantwortlich für die Rodung von fast allen Hecken und Sträuchern auf der Westseite des Kusocinskidammes, vor allem im Jahr 2016?
Frage 3:
Wer ist verantwortlich für die Rodung aller Hecken und Sträucher in der Nordost-Ecke von Kusocinskidamm und Kolehmainenweg, bereits vor Jahren?
Antwort:
Das Baureferat führt zu den Fragen 2 und 3 Folgendes aus:
„Die Westseite des Kusocinskidammes sowie die Nordost-Ecke von Kusocinskidamm und Kohlemainenweg befindet sich in Zuständigkeit des Baureferates.
Die Gehölzschnittmaßnahmen werden durch eigenes Personal oder durch beauftragte Fachunternehmen durchgeführt. Die Vorgehensweise erfolgt nach den Empfehlungen des Parkpflegewerkes Olympiapark. Die Inhalte, Ziele und Maßnahmen des Parkpflegewerkes wurden verwaltungsintern mit den Auftraggebern sowie u.a. mit der Unteren Naturschutzbehörde, dem Referat für Gesundheit und Umwelt, Vertretern des LBV und der Denkmalbehörde abgestimmt und allen Beteiligten sowie den betroffenen vier Bezirksausschüssen im Rahmen mehrerer Präsentationen erläutert. Das Parkpflegewerk Olympiapark wurde im Juni 2013 in einer öffentlichen Sitzung dem Bauausschuss des Stadtrates vorgestellt. Es dient seitdem als abgestimmte fachliche Grundlage und Zielstellung für alle Pflege- und Erhaltungsmaßnahmen im Olympiapark.
Das Parkpflegewerk empfiehlt in den genannten Bereichen eine turnusmäßige Verjüngung der Gehölze durch Auslichten und Entnahme von Baumaufwuchs. In der Artenzusammensetzung veränderte Pflanzungen sollen durch gezielte Entnahme bzw. Zurückdrängen von dominanten Arten umstrukturiert und die Artenvielfalt gefördert werden. In kleineren Teilbereichen an den Dämmen sollen zur Öffnung von Blickbezügen Strauchbestände zurückgedrängt werden.
Diese Maßnahmen werden seit 2014 schrittweise ausgeführt.“
Frage 4:
Wer ist verantwortlich für die Rodung fast aller Hecken und Sträucher, die früher den Zaun des Olympiastadions auf der Ost- und Südseite bis oben eingegrünt haben?
Antwort:
Die SWM führt hierzu Folgendes aus:
„Ein Teilbereich des Altbestands wurde aufgrund eines Anteils an hohen Fremdgehölzen gerodet und entsprechend den Landschaftsbaulichen Ausführungsplänen von 72 nachgepflanzt. Mit der Maßnahme wurde auch das Sichtfeld vom Coubertinplatz zum Olympischen Feuer wiederhergestellt. Bei dem Stumpf (Foto freigelegter Zaun Olympiastadion) handelt es sich nicht um eine Pflanze des ehemaligen Gehölz-Bestandes, sondern um einen Wildwuchs, der entfernt wurde. Gleichzeitig bestehen behördliche Anforderungen, nach denen bei Großveranstaltungen im Stadion zwischen Zaun und Gehölzfläche ein Sichtfeld von einem Meter verbleiben muss. Vorgehensweise wie im Parkpflegewerk beschrieben (siehe auch Maßnahmentabelle Bereich 1, M1a, für Maßnahmen Mischpflanzung): Mischpflanzung aus Bäumen und Sträuchern als Randpflanzung erhalten und turnusmäßig verjüngen.“
Frage 5:
Wer war verantwortlich für den radikalen, verstümmelnden Rückschnitt vieler Bäume rund um den Olympiasee im Jahr 2007?
Antwort:
Die SWM führt hierzu Folgendes aus:
„Bereits 2004 wurden mit dem Sachverständigenbüro TreeConsult die Weiden um den Olympiasee eingehend begutachtet, teilweise wurde
auch eine Befahrung mittels Hebebühne durchgeführt. Festgestellt wurden deutliche Abbauerscheinungen in den Kronen. Die Unterversorgung war hauptsächlich auf einen ausgedehnten Feuerschwammbefall zurückzuführen. Unter der Berücksichtigung aller biologischen Fakten und der Verkehrssicherheitsaspekte wurde ein Sonderfall empfohlen bei dem die Bäume erhalten bleiben und andererseits sicher sind. Die Kronen der bereitsgeschnittenen und geschädigten Bäume sollen klein gehalten werden, die Rückschnittmaßnahmen sind alle drei bis fünf Jahre zu wiederholen. Die Maßnahmen wurden ausschließlich in von Besuchern intensiv genutzten Bereichen ausgeführt oder dort, wo diese notwendig waren. Auch aufgrund von Sturmschäden musste oftmals bei den stark windbruchgefährdeten Weiden im Kronenbereich erheblich geschnitten werden, hierbei wurden die Gesichtspunkte der weiteren Entwicklung sowie der Stand- und Verkehrssicherheit berücksichtigt.
Bei den Traubenkirschen im Bereich des ehemaligen Radstadions wurde festgestellt, dass der Standort für dieses Gehölz absolut ungeeignet ist, zudem war der Boden stark verdichtet. Dies führte zu einer rasch abnehmenden Vitalität. Extreme Witterungsverhältnisse wie die heißen Sommer 2003 und 2006 konnten nur schlecht kompensiert werden. Als Folge kam es zu Absterbe-Erscheinungen im Kronenbereich. Ein anderer Faktor war bei vielen Heistern (mehrstämmige Gehölze) der Befall mit einem holzzersetzendem Pilz, dem Weißfäule auslösenden Pflaumenfeuerschwamm. Auch hier wurde mittels Rückschnitt zuerst versucht den Bestand einheitlich zu halten, kurze Zeit später fand jedoch ein Komplettaustausch statt, einschließlich Bodenerneuerung.“
Frage 6:
Wer trägt die Verantwortung für die Einhaltung des Parkpflegewerks Olympiapark, einschließlich seiner ökologischen Standards, im gesamten Olympiagelände?
Antwort:
Das Baureferat führt hierzu sowie zu Frage 7 Folgendes aus:
„Die Verantwortung trägt jeweils die für den betreffenden Bereich zuständige Organisation, siehe Anlage.“
Frage 7:
Wer ist dafür verantwortlich, dass im Parkpflegewerk Olympiapark entsprechend den kommunizierten Vorgaben des Baureferates „in hohem Maße strukturreiche Gehölzbereiche, insbesondere vielfältige Heckenstrukturen“ vorgesehen und dann bei der Sanierung und Unterhaltung künftig auch erhalten, geschaffen und gepflegt werden?
Antwort:
Die SWM führt hierzu Folgendes aus:
„Innerhalb unseres Erbbaurechtsbereiches tragen die SWM hierfür die Verantwortung.“
Frage 8:
Unter welchen Kontaktdaten (Telefon und E-Mail-Adresse) erreichen Bürge- rinnen und Bürger einen verantwortlichen Ansprechpartner bei der Stadtverwaltung, wenn sie eine aus ihrer Sicht übermäßige Ausdünnung im Unterholz oder unnötige Rodung von Strauch- und Heckenpflanzungen auf Flächen der öffentlichen Hand melden wollen?
Antwort:
Die SWM führt hierzu Folgendes aus:
„Für Rückfragen zu unserem Verantwortungsbereich können sich Bürgerinnen und Bürger an folgenden Kontakt wenden:
SWM Services GmbH
Telefon: 3067 2512
E-Mail: Arealpflege.Olympiapark@swm.de“
Das Baureferat führt hierzu Folgendes aus:
„Bürgerinnen und Bürger können sich für unseren Verantwortungsbereich an den zuständigen Sachgebietsleiter wenden:
Baureferat (Gartenbau)
Telefon: 233-23870
E-Mail: gartenbau@muenchen.de“
Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung führt hierzu Folgendes aus: „Auf Flächen in öffentlichem Eigentum liegt die Verantwortung für Maßnahmen in Gehölzbeständen in erster Linie bei den verschiedenen, für die Betreuung der Grundstücke verantwortlichen Dienststellen.
Viele Bürgerinnen und Bürger wenden sich direkt an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der unteren Naturschutzbehörde, wenn sie Fragen zu Baum- und Strauchentfernungen haben. Außerhalb des Geltungsbereichs von naturschutzrechtlichen Schutzverordnungen und geschützten Biotopen (so auch im Olympiapark) besteht jedoch keine allgemeine Anzeige- oder Genehmigungspflicht für derartige Maßnahmen. Die untere Naturschutzbehörde erhält deshalb über ihr rechtlich vorgegebenes Verwaltungshandeln hinaus keine systematische Kenntnis über die Entfernung oder Veränderung von Gehölzen.
Insofern eignet sich die untere Naturschutzbehörde nicht als zentrale Ansprechpartnerin für Maßnahmen bei Gehölzbeständen auf öffentlichem Grund.“
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen hiermit zufriedenstellend beantworten konnte.