E-Mobilität für München – Rohstoffe der Akkus aus ausbeuterischer Kinderarbeit?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Johann Altmann, Dr. Josef Assal, Eva Caim, Richard Progl, Mario Schmidbauer und Andre Wächter (Fraktion Bayernpartei) vom 15.3.2019
Antwort Oberbürgermeister Dieter Reiter:
Auf Ihre Anfrage vom 15.3.2019 nehme ich Bezug;
In Ihrer Anfrage haben Sie folgenden Sachverhalt vorausgeschickt: „Die Landeshauptstadt München setzt immer weiter auf batteriebetriebene Mobilität. Erst kürzlich wurde im Umweltausschuss (was noch durch die Vollversammlung bestätigt werden muss) das Referat für Arbeit und Wirtschaft beauftragt, mit der MVG die Inbetriebnahme der ersten E-Buslinie sicherzustellen. Hierzu ist die Beschaffung von E-Bussen mit Akkus die Voraussetzung. Zur Herstellung der Akkus für die E-Mobilität ist der Rohstoff Kobalt essentiell. Der weltweite Bedarf wird zu zwei Dritteln in der Demokratischen Republik Kongo in Afrika, oft illegal unter widrigsten Bedingungen und durch ausbeuterische Kinderarbeit gewonnen. Die LHM rühmt sich immer damit, schon im Jahre 2002 einen Beschluss gefasst zu haben, welcher Produkte aus ausbeuterischer Kinderarbeit innerhalb der städtischen Vergabepraxis verbietet. Aber dies sollte nicht nur bei Sportbällen, Blumensträußen und Grabsteinen angewandt werden.“
Zu den im Einzelnen gestellten Fragen kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Frage 1:
Wie viele E-Fahrzeuge hat die LHM und Ihre Töchter bereits beschafft?
Antwort:
Mit Stand Mitte April befanden sich im Fuhrpark der Landeshauptstadt München und ihrer Eigenbetriebe 105 Elektrofahrzeuge. Die städtischen Gesellschaften hatten mit Stand Mitte April 2019 insgesamt 193 Elektrofahrzeuge im Bestand.
Frage 2:
Wie viele E-Fahrzeuge hat die LHM und Ihre Töchter derzeit ausgeschrieben?
Antwort:
Aktuell laufen im Bereich der Hoheitsverwaltung keine Ausschreibungsverfahren für E-Fahrzeuge. Zahlreiche Verfahren befinden sich jedoch in Vorbereitung.Bei fünf der städtischen Beteiligungsgesellschaften waren im April 2019 Ausschreibungen über insgesamt 76 Elektrofahrzeuge offen, davon alleine 66 Fahrzeuge bei der Flughafen München GmbH.
Frage 3:
Wie stellt die LHM sicher, dass die Rohstoffe der Fahrzeugakkus nicht aus ausbeuterischer Kinderarbeit stammen?
Antwort:
Hierzu darf auf mein Antwortschreiben vom 20.9.2017 auf Ihre Anfrage „E-Mobilität und die Folgen – Förderung von CO2-Belastung und Kinderarbeit?“ vom 11.8.2017 verwiesen werden, in dem unter Antwort zu Frage 1 bereits umfassend auf diese Problematik eingegangen wurde:
„Die Kritik von Menschenrechtsorganisationen und Umweltverbänden bezüglich schlechter Arbeitsbedingungen und Umweltzerstörungen bei der Gewinnung und Verarbeitung von Rohstoffen in bestimmten Herkunftsländern wird von der Landeshauptstadt München natürlich ernst genommen. Die betroffenen Rohstoffe Lithium, Nickel und Kobalt werden allerdings nicht nur in Elektrofahrzeugen eingesetzt, sondern sind für eine Vielzahl von industriellen Prozessen und Produkten, u. a. in der Glas- und Keramikherstellung, der Metallurgie sowie in Medizin- und IT-Technik, unverzichtbar. Unabhängig von der Elektromobilität gilt dies auch für die gesamte Fahrzeugindustrie, den Schiffbau und die Luftfahrt.
Die Landeshauptstadt München setzt sich bereits seit Jahren im Rahmen der Möglichkeiten für einen Handel unter fairen und sozialverträglichen Bedingungen ein.
Bereits im Jahre 2002 verabschiedete der Münchner Stadtrat einen Beschluss, der den Erwerb von Produkten aus ausbeuterischer Kinderarbeit innerhalb der städtischen Vergabepraxis verbot (Sitzungsvorlage Nr. 02-08/V 00522). Damit war München bundesweit eine der ersten Kommunen mit einer derartigen Regelung.
Das städtische Beschaffungssystem hat sich seitdem stetig weiterentwickelt, um die Einhaltung globaler Arbeits- und Menschenrechte in Entwicklungs- und Schwellenländern zu fördern. Mittlerweile wurden unter Änderung der Vergabeunterlagen der Leitfaden des Deutschen Städtetags zur Berücksichtigung sozialer Belange und die ILO-Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) in die Beschaffungspraxis integriert. Mit dem Beschluss ‚München Nachhaltig I: Saubere und faire Beschaffung‘ (Sitzungsvorlage Nr. 08-14/V 03206) vom 3. März 2010 nahm sich die Stadt zum Ziel, die bereits hohen Anforderungen an eine nachhaltige und sozialverträgliche Beschaffungspraxis aufrecht zu erhalten und kontinuierlichauszubauen. Diese Weiterentwicklung erfolgt wie in anderen deutschen Kommunen produktorientiert. Die ökologischen und sozialen Beschaffungsziele und -vorgaben sind demnach abhängig von den entsprechenden Produktgruppen (z. B. Arbeits- und Dienstkleidung, Beleuchtung, Blumen, Büromaterial und -ausstattung, Elektrotechnik und -geräte, Fahrzeugtechnik, Holz, Hygieneartikel, IT, Lebensmittel, Natursteine, Papier, genähte Sportbälle, Textilien, Werkzeuge). Je nach Produkt oder Produktgruppe werden die zur Verfügung stehenden Nachweise bzw. Zertifikate geprüft. Ferner wird in Erfahrung gebracht, wie weit die Lieferkette zurückverfolgt werden kann und ob es unabhängige Kontroll- und Zertifizierungsstellen gibt. Leider gibt es solche Zertifikate oder Nachweise im Fahrzeugbereich noch nicht.
Derzeit kann nach unserer Kenntnis kein Fahrzeughersteller für die gesamte Zulieferkette garantieren, dass alle in den Einzelkomponenten enthaltenen Rohstoffe umweltgerecht und unter vertretbaren Arbeitsbedingungen produziert wurden. Dies gilt für konventionelle Antriebe genauso wie für Elektrofahrzeuge. Bezüglich der in den Elektrofahrzeugen verwendeten Akkus garantiert momentan lediglich der Hersteller Tesla nach eigenen Aussagen, Kobalt ausschließlich aus Quellen ohne Kinderarbeit zu verwenden.
Die Vergabestelle 1 wird die Entwicklung weiterhin genau beobachten und, sobald geeignete Produkte auf dem Markt erhältlich sind, die Beschaffungsstrategie entsprechend anpassen.“
Es liegen uns hierzu keine neuen Erkenntnisse vor.
Frage 4:
Welche Angaben bzw. Zertifikate werden hierzu von den Herstellern verwendet?
Antwort:
Siehe hierzu Antwort zu Frage 3.
Frage 5:
Wie sehen unabhängige Einrichtungen diese Angaben bzw. Zertifikate?
Antwort:
Siehe hierzu Antwort zu Frage 3. Der Landeshauptstadt München liegen keine Einschätzungen unabhängiger Einrichtungen vor.