Das NS-Dokumentationszentrum München freut sich über einen enormen Anstieg der Besucherzahlen. Im vergangenen Jahr kamen fast 190.000 Besucher in die Ausstellungen und Veranstaltungen am Max-Mannheimer-Platz. Damit wurde der Erfolg des Eröffnungsjahrs 2015 mit zirka 180.000 Besuchern erreicht, nachdem die Zahlen 2016 bei zirka 95.000, 2017 bei zirka 100.000 und 2018 bei 120.000 lagen.
Die gestiegenen Besucherzahlen gehen zum einen auf den seit April 2019 gewährten freien Eintritt zurück, zum anderen auf die inhaltliche Ausrichtung der Ausstellungen, Projekte und das umfangreiche Begleitprogramm. Sie richten sich ganz gezielt an unterschiedliche Teile der Stadtgesellschaft und an ein internationales Publikum. Freien Eintritt gewährt das NS-Dokuzentrum zunächst weiter bis April 2020. Es ermöglicht so allen Interessierten, die vielfältige Dauerausstellung ebenso wie die ambitionierten Wechselausstellungen mehrfach und in Ruhe zu besuchen.
Ein Haus mit offenen Türen wollte Direktorin Dr. Mirjam Zadoff schaffen, als sie 2018 nach München kam. Seitdem ist das NS-Dokumentationszentrum nicht nur für sein treues Stammpublikum, sondern auch für jüngere Kunst- und Kulturinteressierte ein Anziehungspunkt geworden. Kooperationen mit dem Amerikahaus, dem Literaturhaus, dem Kulturzentrum der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, mit Filmfestivals und Universitäten brachten 2019 eine Vielzahl von Themen und national wie international bekannte Referenten ans Haus.
Dr. Mirjam Zadoff: „Es geht bei unserer Arbeit um die Geschichte, die Vergangenheit der deutschen Diktatur, und die Verbrechen, die in ihrem Namen begangen wurden: um Flucht, Krieg, Genozid. Und zugleich muss es auch immer um die Gegenwart gehen, in der wir neue Plattformen schaffen wollen für alle jene, die sich einsetzen für die liberale Demokratie, für eine inklusive und solidarische Gesellschaft, die es mit all der uns zur Verfügung stehenden Kraft und Kreativität zu schützen gilt.“ 200 Schüler der Städtischen Berufsschule für Farbe und Gestaltung erarbeiteten für die Ausstellung „Nicht Schwarzweiß“ eine Intervention in der Dauerausstellung, in der sie ihre eigenen Erfahrungen von Flucht, Ausgrenzung und Migration einfließen ließen. Diese Ausstellung ist aktuell in der Versöhnungskirche in Dachau zu sehen. Die Ausstellung „The Fifth Season“ der israelischen Künstlerin Ronit Agassi brachte zum ersten Mal Gegenwartskunst in das NS-Dokumentationszentrum. Antisemitismus und Rassismus von den 1920er Jahren bis heute waren Thema der Ausstellung „Die Stadt ohne. Juden Ausländer Muslime Flüchtlinge“, die in Kooperation mit dem Jüdischen Museum Augsburg-Schwaben entstand und aktuell im Augsburger Textil- und Industriemuseum (TIM) zu sehen ist. Zum Gedenken an den 9. November beschäftigten sich Studierende des Lehrstuhls für jüdische Geschichte und Kultur an der Ludwig-Maximilians-Universität mit dem Thema „Antisemitismus in München 1919-1923“. Die daraus entstandene Plakatausstellung wurde unter dem Titel „Wo es begann“ im öffentlichen Raum präsentiert.
Am Eröffnungsabend der Ausstellung „Tell me about yesterday tomorrow“ freute sich das Haus über beinahe 1.000 Besucher. Die Ausstellung mit über 40 zeitgenössische Arbeiten internationaler Künstler läuft aktuell sehr erfolgreich. Die künstlerischen Arbeiten verstehen sich als Kommentar oder Fußnote zur Dauerausstellung und bringen Kunst und Wissenschaft in noch nie dargestellter Weise in Dialog. Themen sind die deutsche Erinnerungskultur und -politik, aber auch internationale Formen der Erinnerung. Marginalisierte Gruppen, deren Geschichten keinen Eingang in nationale Mythen genommen haben, orientieren sich dabei an deutschen Erinnerungsdiskursen. Einzelne Kunstwerke wurden bewusst an assoziierten Orten in der Stadt platziert, um eine breite Öffentlichkeit zu erreichen. So findet sich die faszinierende Ausstellung „The Steeple and The People“ von Ydessa Hendeles in der Basilika der Abtei St. Bonifaz. Andere Arbeiten werden auf dem Lenbachplatz oder vor den baulichen Resten des sogenannten Ehrentempels an der Arcisstraße gezeigt.
Auch im Bereich der Vermittlungsarbeit zeigen die Zahlen des vergangenen Jahres deutlich, dass das Programm des NS-Dokumentationszentrums München auf wachsendes Interesse stößt. Über 2.000 Jugend- und Erwachsenengruppen besuchten das Haus und nahmen an Rundgängen, Workshops und Seminaren sowie Fortbildungen für Multiplikatoren, Lesungen, performativen Projekten oder Schreibwerkstätten teil. Die Nachfrage ist so groß, das längst nicht alle Anfragen im Bereich der Vermittlungsarbeit abgedeckt werden können.