Oberbürgermeister Dieter Reiter und Sozialreferentin Dorothee Schiwy appellieren an den Bund, die Aussetzung des Kündigungsrechts durch die Vermieter bei COVID-19-bedingter Zahlungsunfähigkeit der Mieterinnen und Mieter über den 30. Juni 2020 hinaus zu verlängern. Aus Sicht der Landeshauptstadt München ist eine Verlängerung bis mindestens September 2020 notwendig. Gleichzeitig sollte auch die Frist, bis zu der COVID-19-bedingte Mietschulden aus dem Zeitraum 1. April 2020 bis 30. September 2020 zurückbezahlt werden können, bis zum Jahresende 2022 verlängert werden.
Oberbürgermeister Dieter Reiter: „Die Situation auf dem Münchner Wohnungsmarkt war schon vor Corona extrem angespannt. Dazu kommen
jetzt noch die verheerenden Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Münchner Arbeitsmarkt. Die Zahl derer, die in Kurzarbeit sind, hat sich deutlich erhöht, ebenso die Anzahl der Arbeitslosen. Gerade in der aktuellen Situation muss unter allen Umständen verhindert werden, dass Mieter ihre Wohnung verlieren. Es ist aus meiner Sicht deshalb absolut notwendig, dass Kündigungen wegen coronabedingten Zahlungsverzugs auch weiterhin nicht möglich sind. Ich habe mich in dieser Sache deshalb auch mit einem Brief an die Bundesregierung gewandt. Seitens der Landeshauptstadt München haben wir in den letzten Jahren alle uns verfügbaren Handlungsspielräume genutzt, um die Mieter zu schützen.“ Die Landeshauptstadt München hat mit einem Mietenstopp bei den städtischen Wohnungsbausgesellschaften Zeichen gesetzt. Mieter sind dort 5 Jahre lang vor Mieterhöhungen geschützt. Die Kommunale Mietpreisbremse lässt im freifinanzierten Bestand der städtischen Wohnungsbaugesellschaften Mietsteigerungen nur noch weit unter dem gesetzlich möglichen Maß zu. Auch unterstützt die Landeshauptstadt das Volksbegehren „#6 Jahre Mietenstopp“.
Seit Jahren fordert die Landeshauptstadt München darüber hinaus verstärkt den Neubau von bezahlbarem Wohnraum, eine Bodenrechtsreform sowie die Aufnahme von allen Bestandsmieten und geförderten Wohnungen in den Mietspiegel. Genossenschaften müssen gefördert und staatliche Wohnbauprogramme verstärkt werden. Den Kommunen muss im Bereich des Zweckentfremdungs- und Erhaltungssatzungsrechts eine weitergehende regulatorische Kompetenz gegeben werden. Dies alles sind dringend erforderliche Maßnahmen, wobei die Gesetzgebungskompetenzen beim Bund oder beim Freistaat Bayern liegen. Bundestag und Bundesrat hatten das „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19 Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafrecht“ beschlossen, das zum 1. April 2020 in Kraft getreten ist. Danach sind Vermieter angehalten, Mietzahlungen gegebenenfalls zu stunden und dürfen derzeit keine Kündigungen aufgrund von Mietrückständen aussprechen, die auf den Auswirkungen der Pandemie beruhen, also coronabedingt entstanden sind. Diese Regelung läuft nun zum 30. Juni 2020 aus. Die Mieten müssen damit bis Ende Juni 2022 nachgezahlt werden.
Sozialreferentin Dorothee Schiwy: „Wir gehen davon aus, dass trotz dieser ‚Stundung‘ Mieten in einer Vielzahl von Fällen nicht zurückgezahlt werden können. Selbst in der aktuellen Krisensituation halten Vermieter nicht selten an Mieterhöhungen fest und schüren damit bei den Mietern noch mehr Existenzängste. Deswegen bitten wir Menschen, die Mietschulden haben oder denen gar der Wohnungsverlust droht, so früh wie möglich unsere städtischen Unterstützungsangebote zu nutzen.“
Sobald sich zeigt, dass Mietschulden durch die Corona-Pandemie entstehen werden, sollte der Vermieter darüber informiert werden, um eine Kündigung zu verhindern. Dabei müssen Mieter den Verdienstausfall nachweisen (zum Beispiel wegen Kurzarbeit, Betriebsschließung oder durch Erhalt staatlicher Leistungen). Wenn das Geld zum Bestreiten des Lebensunterhalts nicht mehr ausreicht, sollten sich Betroffene an ihr zuständiges Sozialbürgerhaus wenden, um zu klären, ob staatliche Unterstützungsleistungen beantragt werden können (zum Beispiel nach SGB II / ALG II). Wohngeld kann zentral in der Wohngeldstelle im Amt für Wohnen und Migration in der Franziskanerstraße beantragt werden.
Um einen Verlust der Wohnung nach Ablauf des coronabedingten Kündungssschutzes oder auch nach Ablauf der Rückzahlungsfrist zu verhindern, sollten sich Betroffene direkt an die Fachstelle zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit (FaSt) in den Sozialbürgerhäusern wenden. Dort beraten die Mitarbeiter umfassend über die Möglichkeiten, einen drohenden Wohnungsverlust abzuwenden. Es wird die Übernahme von Mietschulden geprüft und gegebenenfalls an weitere Fachstellen weitervermittelt (zum Beispiel Mietberatung, Schuldner- und Insolvenzberatung).
Informationen zu den Beratungs- und Unterstützungsleistungen gibt es auch unter www.muenchen.de/corona unter Hilfs- und Unterstützungsangebote oder über das Servicetelefon der Stadt München (233-96833).