Wie geht es weiter mit den Gasgeschäften der Stadtwerke? Was passiert wenn der britische Partner verkauft?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Professor Dr. Jörg Hoffmann, Dr. Michael Mattar, Gabriele Neff, Thomas Ranft und Wolfgang Zeilnhofer (FDP-Fraktion) vom 13.3.2020
Antwort Clemens Baumgärtner, Referent für Arbeit und Wirtschaft:
In Ihrer Anfrage vom 13.3.2020 führten Sie als Begründung aus: „Als vor 15 Jahren der Alt-OB und die rot-grüne Mehrheit großspurig ‚wir werden Scheich‘ ankündigten, sind Milliarden Euro und somit sehr viel Geld der Kunden und des Steuerzahlers in das Gasgeschäft der Stadt- werke München GmbH (Stadtwerke) und ihrer Beteiligungen investiert worden. Jedoch waren diese Investitionen nicht von Erfolg gekrönt. Allein 2015 wurden 570 Millionen Euro abgeschrieben und 2016 erneut 180 Milli- onen Euro (aus den Geschäftsberichten der Stadtwerke). 2017 standen die Stadtwerke vor der schwierigen Entscheidung, wie soll es weiter gehen. Die anfängliche Strategie mit Partnern in Deutschland das Risiko zu teilen, war gescheitert. Die Stadtwerke haben über 90% der Anteile am ‚Halse‘‚ Ein Verkauf mit sichtbaren Verlusten oder die Abwicklung waren natürlich wenig attraktiv, hätten aber Transparenz in die Misere gebracht und das Ri- siko abgebaut bzw. beendet.
Die Stadtwerke und die Rathausmehrheit hatten 2017 aber einen anderen Weg gewählt: das Gasgeschäft der Stadtwerke wurde in eine neue Ge- sellschaft mit einem Partner eingebracht. Mit der britischen Gesellschaft Centrica wurde im Juli 2017 ein Gemeinschaftsunternehmen unter dem Namen Spirit Energy Limited gegründet. Natürlich musste in diesem Zuge auch das bestehende Geschäft der Stadtwerke bewertet werden. Dies drückt sich dann in dem Anteil aus, den die Stadtwerke in der neuen Ge- sellschaft erhält, nämlich 31%. Allerdings wurde dadurch der aktuelle Wert für die Bürger nicht transparent. Erst später, wenn die Gesellschaft mal an die Börse gehen soll oder verkauft wird, wird erkennbar, wie hoch der Anteil der Stadtwerke zu bewerten war bzw. ist. 2018 lief das Geschäft des Gemeinschaftsunternehmens gut, so dass mit vollem Stolz die Stadtwerke verkündeten, 100 Millionen Euro einnehmen zu können (ohne aber zu er- wähnen, dass zuvor schon 750 Millionen verloren wurden). Nun erfuhren wir, dass der Mehrheitsgesellschafter Centrica (69%) an der gemeinsamen Gesellschaft Spirit Energy Ltd. seine Anteile im ersten Halbjahr 2020 ver- kaufen will. Dies wirft eine Menge Fragen auf. Die wirtschaftliche Entwick- lung der Firma Centrica gemessen am Börsenkurs ist wenig erfreulich. Im Juli 2015 betrug der Börsenkurs rund 4 britische Pfund, im Juli 2017 schon nur noch 2,35 und heute ca. 0,65 britische Pfund, somit über 70% Wert-verlust beim britischen Partner der Stadtwerke seit Gründung der gemein- samen Gesellschaft. Die Überwachung der gemeinsamen Gesellschaft in Großbritanien soll durch einen Beirat für eine vorgeschaltete Gesellschaft der Stadtwerke (SWM Bayerische E & P Beteiligungsgesellschaft mbH = BEPB) gewährleistet werden. Fünf Stadträte der größeren Fraktionen tei- len sich diese Aufgabe auf, was aber nicht dazu führt, dass der Stadtrat in seiner Gesamtheit gut informiert ist. Man bedenke die Größenordnung der Geschäfte; allein die SWM Gasbeteiligungs GmbH hat ein Eigenkapital von 1,226 Milliarden Euro und die BEPB 900 Millionen Eigenkapital (Geschäfts- bericht der SWM 2018).“
Die in Ihrer Anfrage gestellten Fragen werden von den SWM wie folgt beantwortet:
Frage 1:
Seit wann sind Sie und der Aufsichtsrat der Stadtwerke über den geplan- ten Verkauf der Anteile der Centrica am gemeinsamen Unternehmen Spirit Energy Ltd. informiert?
Antwort:
Gegenstände von Sitzungen des Aufsichtsrats der SWM sowie des Beirats der SWM Bayerische E&P Beteiligungsgesellschaft mbH unterliegen der Vertraulichkeit. Der Aufsichtsrat der SWM wird zeitnah und regelmäßig über den Vorgang unterrichtet.
Im Sommer 2019 wurden die SWM (und die Öffentlichkeit) von dem börsennotierten Unternehmen Centrica über deren beabsichtigten Ausstieg aus der Spirit Energy Ltd. informiert. Dieses Thema war im Nachgang selbstverständlich Gegenstand von Sitzungen des Aufsichtsrats der SWM sowie des Beirats der SWM Bayerische E&P Beteiligungsgesellschaft mbH, da in diesen Gremien eine kontinuierliche Information zu den Entwicklungen bei der Spirit Energy erfolgt.
Frage 2:
Gibt es Mitspracherechte des Minderheitengesellschafters Stadtwerke?
Antwort:
Eine Antwort würde vertrauliche Inhalte der Vereinbarungen mit Centrica enthalten. Es wird in diesem Zusammenhang auf die Beschlussvorlage „Stadtwerke München GmbH – Bayerngas Norge AS – Strategische Partnerschaft“ vom 18.7./26.7.2017(Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 09261) verwiesen.Frage 3:
Welche Haftungen und Garantien (in welcher Größenordnung) der Stadt- werke München GmbH für die gemeinsame Gesellschaft bestehen?
Antwort:
Eine Antwort würde vertrauliche Inhalte der Vereinbarungen mit Centrica enthalten.
Es kann festgestellt werden, dass im Ergebnis die Risiko- und Haftungssituation der SWM durch die Eingehung des Joint Ventures ganz erheblich verbessert werden konnte.
Frage 4:
Welche sonstigen Haftungen und Garantien wurden auch Dritten gegen- über gegeben?
Antwort:
Eine Antwort würde vertrauliche Inhalte der Vereinbarungen mit Centrica enthalten.
Frage 5:
Stellt das im Geschäftsbericht der Stadtwerke mit 900 Millionen Euro auf- geführte Eigenkapital der SWM Bayerische E & P Beteiligungsgesellschaft mbh den Wert der 31%-Beteiligung an der Spirit Energy Ltd. dar?
Antwort:
SWM: Die jeweiligen Werte im Geschäftsbericht der SWM stellen die aktuellen Buchwerte zum jeweiligen Bewertungsstichtag dar. Diese unterliegen den gesetzlichen Bewertungsvorschriften und der Überprüfung durch Wirtschaftsprüfer.
Frage 6a:
Wenn es zum Verkauf der Anteile der Centrica kommt, führt dies zu einer Bewertung der Gesellschaft insgesamt: welche Konsequenzen ergeben sich dadurch für die Bilanz der Stadtwerke?
Antwort:
Sollte es zu einem Verkauf der Anteile der Centrica kommen, wird die SWM gemeinsam mit ihrem Wirtschaftsprüfer auf Basis der dann vorliegenden Strukturen und Werte besprechen, ob bzw. inwiefern sich darausAuswirkungen auf einzelne Bilanzpositionen der SWM ergeben. Dies kann zum heutigen Stand noch nicht beurteilt werden.
Bei einem Verkauf der Anteile an der Spirit Energy Ltd. wäre zudem eine Befassung durch den Stadtrat der Landeshauptstadt München erforderlich.
Frage 6b:
Bei welchem Kaufpreis müssen weitere Abschreibungen in der Bilanz der Stadtwerke vorgenommen werden?
Antwort:
Die SWM werden im Falle einer etwaigen Transaktion mit ihrem Wirtschaftsprüfer besprechen, ob und ggf. wie sich dies auf einzelne Bilanzpositionen der SWM auswirkt.
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen hiermit zufriedenstellend beantworten konnte.