Wie kann in Zukunft eine würdige Behandlung von Eltern mit Bedarf an Assistenzleistungen sichergestellt werden?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Anja Berger, Jutta Koller, Oswald Utz und Sebastian Weisenburger (Fraktion Die Grünen – Rosa Liste) vom 31.10.2019
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
In Ihrer Anfrage vom 31.10.2019 führen Sie Folgendes aus:
„Aus einem Bericht des Bayerischen Rundfunks1 und einer Stellungnahme des Bezirks Oberbayern geht hervor, dass das Stadtjugendamt mitverantwortlich dafür war, dass der Antrag einer jungen Mutter mit Bedarf an Assistenzleistungen nicht rechtzeitig vor der Geburt bearbeitet wurde. Konsequenz war die vorübergehende Trennung von Mutter und Kind und der mehrmonatige Aufenthalt des Kindes in einer Pflegefamilie. Begründet wurde die Inobhutnahme mit einem Verweis auf die nicht gewährte Elternassistenz durch den Bezirk. Dieser beruft sich wiederum darauf, dass Leistungen im Verantwortungsbereich des Jugendamtes anders als versprochen nicht bereitgestellt wurden. Die Überführung in eine Pflegefamilie erfolgte offenbar ohne Vorabinformation an den Bezirk. Ein Bescheid durch den Bezirk solle aber erst erlassen werden, nachdem die Versorgung von Mutter und Kind durch Leistungen im Verantwortungs- bereich des Jugendamtes geklärt und das häusliche Umfeld kindgerecht gestaltet wurden. Hier stellt sich ein bürokratisches Chaos dar, das zu ei- ner extremen emotionalen Belastung der Mutter führte.“ 1 https://www.youtube.com/watch?v=kHzo-8FtO_4
Leider war es dem Sozialreferat nicht möglich, die Anfrage in der der Geschäftsordnung entsprechenden Frist zu beantworten, da es zu Verzögerungen der Abstimmungsprozesse mit dem Bezirk und den beteiligten Sachgebieten bzw. Abteilungen kam. Am 21.11.2019 und 18.12.2019 haben wir eine entsprechende Zwischenmitteilung versandt.
Zu Ihrer Anfrage vom 31.10.2019 nimmt das Sozialreferat im Auftrag des Herrn Oberbürgermeisters im Einzelnen wie folgt Stellung:
Bitte beachten Sie, dass wir aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Angaben zum Einzelfall machen können.
Frage 1:
Welche Leistungen im Zuständigkeitsbereich des Stadtjugendamts kamen für die Betroffene infrage und warum wurden welche Leistungen nicht gewährt?
Antwort:
Für die Leistungsgewährung ist zu unterscheiden, um welche Art der Leistung es sich handelt. Für die Eingliederungshilfe und Teilhabe liegt die Zuständigkeit beim Bezirk Oberbayern. Für Leistungen, die Unterstützung im Bereich der Erziehung anbieten, ist das Stadtjugendamt zuständig.
Die Aufgabe der Elternassistenz (Zuständigkeit Bezirk Oberbayern) ist es, die Mutter bei der Ausübung der Aufgabe zu unterstützen, die diese aufgrund ihrer Behinderung nicht eigenständig ausführen kann und ihr eine gleichberechtigte Teilhabe zu ermöglichen.
Mütter/Väter mit Behinderung haben im Bereich der Erziehung denselben Leistungsanspruch wie Mütter/Väter ohne Behinderung. Das Sozialgesetzbuch Achtes Buch – Kinder und Jugendhilfe (SGB VIII) gilt für alle Eltern, sofern nach § 85 SGB VIII die sachliche Zuständigkeit gegeben ist. Aufgabe der Jugendhilfe ist, die Mutter in der Wahrnehmung ihrer Erziehungsaufgaben zu stärken und sie in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu unterstützen. Wenn im Einzelfall keine Hilfen zur Erziehung gewährt wurden, konnte zum Zeitpunkt der Prüfung kein erzieherischer Bedarf festgestellt werden.
Frage 2:
War, wie durch den Bezirk angemerkt, die mangelnde Barrierefreiheit städtischer Einrichtungen mitursächlich für einen Verzicht auf infrage kommende Leistungen durch das Stadtjugendamt?
Antwort:
Nein
Frage 3:
Wann und aus welchen Gründen wurde die Entscheidung getroffen, das Kind in eine Pflegefamilie überzuführen?
Antwort:
Das Jugendamt trägt die Verantwortung dafür zu sorgen, dass das Kindeswohl nicht gefährdet ist. Bei Säuglingen muss die Versorgung zur Sicherung des Kindeswohls rund um die Uhr sichergestellt sein. Kann eineVersorgung im elterlichen Haushalt nicht sichergestellt werden, ist das Kind bei einer geeigneten Person, Einrichtung oder sonstigen Wohnform vorläufig unterzubringen.
Grund für die Inobhutnahme war die fehlende Bewilligung einer Elternassistenz durch den Bezirk Oberbayern. Im Vorfeld wurden von Seiten des Stadtjugendamtes alle erdenklichen Möglichkeiten geprüft, eine Inobhutnahme und eine Trennung von Mutter und Kind zu verhindern, solange die notwendige Elternassistenz durch den Bezirk Oberbayern nicht sichergestellt ist. Leider ist dies nicht gelungen.
Nachdem die Versorgung und Pflege des Kindes durch eine Elternassistenz sichergestellt war, wurde die Inobhutnahme sofort beendet.
Frage 4:
Warum wurde der Bezirk nicht vor der Inobhutnahme des Kindes in eine Pflegefamilie informiert?
Antwort:
Zu den einzelnen Verfahrensschritten kann aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht Stellung genommen werden.
Frage 5:
Wie regelmäßig wurde seitens Stadtjugendamt mit dem Bezirk Oberbayern kommuniziert und warum kam es zu den oben beschriebenen Missverständnissen?
Antwort:
Siehe Antwort zu Frage 4.
Frage 6:
Wie gedenkt das Stadtjugendamt, die aktuell extrem belastende Situation zum Wohle von Mutter und Kind aufzulösen? Werden nun doch Hilfsangebote im Zuständigkeitsbereich des Jugendamtes umgesetzt? In welcher häuslichen Situation soll sich die Betroffene als Basis der Entscheidung des Bezirks über mögliche Assistenzleistungen wiederfinden?
Antwort:
Die Inobhutnahme ist bereits beendet. Sollten die Mutter oder das Kind weiteren Unterstützungsbedarf in der Zuständigkeit des Stadtjugendamtes haben, besteht selbstverständlich Anspruch hierauf.
Frage 7:
Wie kann der Kommunikationsprozess zwischen Bezirk und Stadtjugendamt in Zukunft zum Wohle aller AntragstellerInnen verbessert werden?
Antwort:
Grundsätzlich sucht das Stadtjugendamt im Interesse der Kundinnen und Kunden immer den Kontakt zu anderen Behörden. Anlässlich dieses Einzelfalls haben bereits Gespräche zwischen Stadtjugendamt und Bezirk stattgefunden, um mögliche Verbesserungen zu besprechen.