Pegida-Veranstaltung am Sankt-Jakobs-Platz verhindern!
Antrag Kathrin Abele, Ulrike Boesser, Simone Burger, Isabella Fiorentino-Wall, Anne Hübner, Renate Kürzdörfer, Cumali Naz, Marian Offman, Klaus Peter Rupp, Julia Schönfeld-Knor und Christian Vorländer (SPD-Fraktion) vom 14.1.2020
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle:
Herr Oberbürgermeister Reiter hat mir Ihren Antrag vom 14.1.2020 zur Beantwortung überlassen.
Sie beantragen Folgendes:
„Die Landeshauptstadt München untersagt die für den 24.1.2020 von ‚Pegida‘ angemeldete Veranstaltung auf dem Sankt-Jakobs-Platz.“
Zur Begründung geben Sie an:
„Die für den 24.1.2020 zu dem Thema ‚Beschneidung von Kindern und Säuglingen verbieten‘ angemeldete Veranstaltung ist ein klarer Angriff auf die jüdische Identität und purer Antisemitismus.“
Das Kreisverwaltungsreferat ist für die Anordnung von Beschränkungen oder Verboten für Versammlungen nach dem Bayerischen Versammlungsgesetz zuständig. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft damit eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO der Landeshauptstadt München dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist nicht vorgesehen. Zu Ihrem Antrag vom 14.1.2020 teilen wir Ihnen Folgendes mit:
Das Recht, Versammlungen durchzuführen, ist ein im Grundgesetz verankertes Grundrecht (Art. 8 GG). Das Bayerische Versammlungsgesetz gibt der Behörde zwar das Recht, eine Versammlung zu beschränken oder gar zu verbieten. Hierfür ist gemäß Art. 15 des Bayerischen Versammlungsgesetzes aber stets erforderlich, dass die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet wäre. Solch eine Gefährdung kann insbesondere auch gegeben sein, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die Versammlung an einem Tag oder Ort stattfinden soll, dem ein an die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft erinnernder Sinngehalt mit gewichtiger Symbolkraft zukommt. Zwingend erforderlich ist dabei für ein Eingreifen der Behörde, dass durch diese Versammlung eine Beeinträchtigung der Würde der Opfer zu besorgen ist oder die unmittelbare Gefahr einer erheblichen Verletzung grundlegender sozialer oder ethischer Anschauungen besteht.Das Verbot einer Versammlung ist nur in Ausnahmefällen als sogenannte „ultima ratio“– Maßnahme möglich. Der Verfassungsrang der Versammlungsfreiheit gebietet stets eine Verhältnismäßigkeitsprüfung. Ein Verbot ist mithin nur möglich, wenn die von der Versammlung ausgehende konkrete Gefahr nicht durch mildere Mittel, wie beispielsweise eine Verlegung der Versammlung an einen anderen Ort, abgewendet werden kann. Diese hohen rechtlichen Voraussetzungen konnten nach sorgfältiger Prüfung nicht angenommen werden. Das seitens Pegida e.V. angezeigte Versammlungsthema („Beschneidung von Kindern und Säuglingen verbieten (...)“) konnte ein vollständiges Verbot nicht rechtfertigen.
Der von der Versammlung ausgehenden Gefährdung konnte aus Sicht des Kreisverwaltungsreferats dagegen mit einer örtlichen Verlegung (festgesetzte Versammlungsfläche: Sendlinger Str. 11) begegnet werden. Mit dieser Verlegung war die Aufstellungsfläche für die Versammlung ca. 100m vom Sankt-Jakobs-Platz entfernt. Hiermit konnte dem Symbolschutz des Sankt-Jakobs-Platzes und auch dem Schutz der Veranstaltungen der Israelitischen Kultusgemeinde ausreichend Rechnung getragen werden.
Ein vollständiges Verbot der Versammlung war aus den genannten Gründen nicht möglich. Im Übrigen wurde die Versammlung nach der von meiner Behörde ausgesprochenen örtlichen Verlegung seitens des Veranstalters abgesagt und für den 15. März 2020 erneut angezeigt.
Das Kreisverwaltungsreferat hatte die rechtlichen Möglichkeiten eines behördlichen Einschreitens bzgl. der Versammlung am 15. März 2020 erneut intensiv geprüft und war weiterhin zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Verlegung der Versammlung in die Sendlinger Straße 11 erforderlich, aber auch ausreichend war, um die o.g. Rechtsgüter in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen. Es erging daher mit Datum vom 6. März 2020 zunächst ein förmlicher Verlegungsbescheid, wonach die Versammlung am St.-Jakobs-Platz untersagt wurde und die Versammlung in die Sendlinger Straße 11 verlegt wurde.
Mit Allgemeinverfügung vom 11. März 2020 untersagte das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege Veranstaltungen über 1.000 Teilnehmer. Daraufhin stellte das Kreisverwaltungsreferat mit Bescheid vom 13. März 2020 fest, dass die Allgemeinverfügung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 11. März 2020 auch für die von Pegida München e.V. angezeigte Versammlung am Sankt-Jakobs-Platz am 15. März 2020 anwendbar und diese daher untersagt sei und nicht durchgeführt werden dürfe. Der Veranstalter „Pegida München e.V.“ sagte anschließend die Versammlung ab.
Selbstverständlich wird das Kreisverwaltungsreferat auch weiterhin konsequent alle Möglichkeiten ausschöpfen, um dem Missbrauch des Versammlungsrechts zur Verbreitung von rassistischem und nationalistischem Gedankengut entgegenzutreten. Dabei werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meiner Behörde Versammlungen aus dem rechtsextremistischen Spektrum zeitweise vor Ort begleiten und im Benehmen mit dem ständig anwesenden Polizeipräsidium München strikt darauf achten, dass strafrechtlich relevantes sowie gegen die guten Sitten verstoßendes Verhalten seitens des Veranstalters unterbunden wird.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.