COVID-19-Krise – wie werden die neuen Antikörpertests in München angewendet?
Anfrage Stadtrat Professor Dr. Hans Theiss (CSU-Fraktion) vom 6.5.2020
Antwort Stephanie Jacobs, Referentin für Gesundheit und Umwelt:
In Ihrer Anfrage vom 6.5.2020 führen Sie aus:
„Der Presse war zu entnehmen, dass Roche, welches im erweiterten Münchner Umland angesiedelt ist, einen neuen Covid-19-Antikörpertest entwickelt hat. Das Unternehmen selbst wirbt damit, dass dieser ‚serologische Test mit einer Spezifität von mehr als 99,8% und Sensivität von 100% (14 Tage nach bestätigter Infektion mittels PCR)‘ arbeitet. Eine ‚hohe Spezifität des Tests ist entscheidend, um zuverlässig festzustellen, ob ein Patient Kontakt zum Virus hatte und ob er entsprechend Antikörper dagegen entwickelt hat“‚(www.roche.de). Dieser Test wäre in der Tat ein Durchbruch in der Analyse der Durchseuchung der Bevölkerung und könnte gerade im Rahmen der Lockerung der Ausgangssperre ein sehr wichtiges Instrument zur weiteren Steuerung werden“.
Herr Oberbürgermeister Reiter hat mir Ihre Anfrage zur Beantwortung zugeleitet. Ich darf Ihnen die einzelnen Punkte Ihrer Anfrage wie folgt beantworten:
Frage 1:
Gibt es eine spezielle Teststrategie der Landeshauptstadt München?
Antwort:
Eine spezielle Teststrategie im Rahmen von Antikörpertestungen kann es auf Grund der noch nicht ausreichenden Sensitivität und Spezifität der verfügbaren Antikörpertests bei der Landeshauptstadt München noch nicht geben. Bei den im Auftrag des RGU durchgeführten Testungen auf Sars-CoV-2 handelt es sich um PCR-Testungen, also Testungen zum Virusnachweis.
Das RGU geht jedoch davon aus, dass ausreichend zuverlässige Antikörpertestungen in Zukunft einen wertvollen Beitrag bei Fragestellungen zur Immunität von bestimmten Bevölkerungsgruppen oder der Gesamtbevölkerung bezüglich COVID-19 liefern können.
Frage 2:
Wie viele dieser Tests stehen in München pro Tag zur Verfügung?
Antwort:
Zu dieser Frage wurden die Leitungen der Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin der Medizinischen Klinik und Poliklinik IV der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) und der Infektiologie der München Klinik um Stellungnahme gebeten.
Die Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin der LMU führte dazu Folgendes aus:
„In unserem Institut können wir im Augenblick rund 500 Tests pro Tag durchführen. Dies werden wir ab Juli auf rund 3.000 Testungen pro Tag erhöhen. Alle diese Tests werden wir für die Studiendurchführung verwenden, da die Sensitivität und Spezifität (Testgenauigkeit) für Einzeluntersuchungen noch nicht hoch genug ist. In den nächsten 8 Wochen wird es aller Wahrscheinlichkeit nach sog. Bestätigungstests geben (z.B. Line-Plot-Assays), in denen bei Reaktivität die Antikörper-Antwort noch genauer charakterisiert werden kann. Erst dann machen AK-Tests für Privatpersonen Sinn. Ob damit dann aber sicher ist, dass eine durchgemachte Corona-Infektion auch vor einer erneuten Infektion schützt, ist nicht sicher. Sollte das AK-Testverfahren in den nächsten Wochen sinnvoll zu interpretieren sein, werden wir dieses Verfahren auch für Patienten anbieten. Hier werden wir zusammen mit dem Labor Becker und dem Anbieter einer Digitalen Krankenakte DoctorBox den Test als Selbsttest (mittels Fingerprick und Sammlung des Blutes auf Filterpapier) anbieten.“
Der Chefarzt der Schwabinger Infektiologie der München Klinik führte aus: „Wir führen zur Zeit ca. 30 Untersuchungen zum Nachweis von Antikörpern gegen SARS-CoV-2 wöchentlich bei Patienten und Personal in ausgewählten Fällen durch. Wir gehen davon aus, dass sich diese Zahl im weiteren Verlauf erhöhen wird. Bisher verwenden wir den Test der Firma EUROIMMUN. Da aktuell Tests mit vergleichbaren Leistungsdaten von mehreren Anbietern auf den Markt kommen, darunter der Test der Firma Roche, stellen wir aus prozesstechnischen Gründen (Abarbeitung flexibel rund um die Uhr möglich) auf den Test der Firma Roche um.“
Frage 3:
Wer steuert die Testung – die Landeshauptstadt München mit ihren Behörden? Oder wird auf Ebene des Freistaats oder des Bundes koordiniert?
Antwort:
Siehe oben. Zu einer Koordinierung von Antikörper-Testungen durch den Freistaat Bayern oder den Bund ist bisher noch nichts bekannt. Ebensokann es auf der Ebene der Landeshauptstadt München noch keine Strategie geben, solange keine zuverlässigen Tests verfügbar sind.
Frage 4:
Gibt es eine Priorisierung nach Einrichtungen (Krankenhäuser, Praxen, Pflegeheime, Polizeistationen etc.)?
Antwort:
Nein, da eine spezielle Teststrategie derzeit noch nicht vorliegt (siehe oben).
Frage 5:
Gibt es eine Priorisierung nach Berufsgruppen (Pflegekräfte/Ärzte, Kinderbetreuer, Lehrer etc.)?
Antwort:
Nein, da eine spezielle Teststrategie derzeit noch nicht vorliegt (siehe oben).
Frage 6:
Was kostet dieser Test und (wie) wird er erstattet?
Antwort:
Nach der neuen Verordnung des Bundesministeriums für Gesundheit zum Anspruch auf bestimmte Testungen für den Nachweis des Vorliegens einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2, die am 9.6.2020 im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde, sind die Kosten der Labordiagnostik bei Testungen auf das Coronavirus SARS-CoV-2 in Höhe von jeweils 50,50 Euro von der Gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen, wenn in den in §§ 2 bis 4 der Verordnung genannten Fällen auf Veranlassung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes auf das Vorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 getestet wird. Erfasst werden dadurch Testungen von Kontaktpersonen der Kategorie 1, Testungen von Personen im Rahmen der Bekämpfung von Ausbrüchen sowie zur Verhütung der Verbreitung, insbesondere in Kliniken, Heimen und Unterkünften, immer ausschließlich auf Veranlassung der Gesundheitsämter. Dies gilt nach § 1 Abs. 2 der Verordnung auch bei den nicht gesetzlich Versicherten.
Nicht umfasst ist dabei allerdings die Kostentragung von Antikörpertests. Antikörper-Testungen, die auf Wunsch z.B. eines Arbeitgebers erfolgen, werden nach GOÄ-Ziffer 4400 privat 20,11 Euro (1,15-facher Satz), GOÄ-Ziffer 4400 IGeL 17,49 Euro (1-facher Satz) abgerechnet.
Frage 7:
Können Privatpersonen oder Unternehmen diese Tests erwerben und damit unter Umständen den Markt „leerkaufen“?
Antwort:
Bereits jetzt ist eine große Vielzahl von Antikörper-Tests auf dem Markt. Zur Frage der Zuverlässigkeit dieser Tests siehe oben. Von einer Verknappung des Angebots durch Aufkäufe von Unternehmen oder Privatpersonen gehen weder die angefragten Kliniken noch das RGU aus.
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen gemäß der obigen Ausführungen hiermit zufriedenstellend beantworten konnte.