Nachgefragt: Offene Fragen zum HKW Nord 2
Anfrage Stadträtin Brigitte Wolf (Die Linke) vom 7.2.2020
Antwort Clemens Baumgärtner, Referent für Arbeit und Wirtschaft:
„Im Oktober letzten Jahres hat die Stadtratsgruppe der LINKEN fünf Anfragen zum Heizkraftwerk Nord 2 (HKW Nord 2) gestellt. Bei den kürzlich eingegangenen Antworten des RAW wurde deutlich, dass eine Vielzahl an Fragen nur teilweise oder gar nicht beantwortet wurden.“
Die in Ihrer Anfrage gestellten Fragen werden von den SWM wie folgt beantwortet:
Frage 1:
Einsatzplan des Kraftwerksparks der SWM: Aus der Antwort der SWM wurde deutlich, dass neben der Versorgungssicherheit vor allem der Markt die Fahrweise der Kraftwerke bestimmt. Werden darüber hinaus ökologische Kriterien miteinbezogen oder nicht?
Antwort:
Wie in der Stadtratsbeschlussvorlage vom 19.11.2019 bereits erläutert, nutzen die SWM, sofern bereits verfügbar, zur Wärmeversorgung vorrangig die geothermale Wärme und die ökologisch vorteilhaften KWK-Anlagen. Reine Heizwerke kommen erst zum Einsatz, wenn der Wärmebedarf nicht mehr durch die vorgenannten Anlagen gedeckt werden kann. Die Fahrweise der einzelnen Kraftwerke erfolgt in Abhängigkeit des jeweiligen Bedarfs an Strom und Wärme (viertelstündlich bedingt unterschiedlich) und nach den jeweiligen Einsatzkosten. Ökologische Kriterien fließen insoweit mit ein, als die SWM Anlagen am europäischen Emissionshandel teilnehmen und daher die Preise der CO2-Emissionszertifikate in die Einsatzkosten mit einfließen.
Frage 2:
Welche maximalen Tiefsttemperaturen wurden jeweils in den Jahren 2009 bis 2018 in München gemessen? Bitte geben Sie dabei auch die jeweiligen Tiefsttemperaturen für die Monate November, Dezember, Januar und März für den gleichen Zeitraum an.
Antwort:
Diese Frage wurde in der Stadtratsbeschlussvorlage vom 19.11.2019 bereits beantwortet:
(SWM Datenbank; Monate November bis Dezember)
Darüber hinausgehende Informationen sind beim Deutschen Wetterdienst erhältlich.
Frage 3:
Wie schätzen die SWM die Auswirkungen des Klimawandels bzw. das Ansteigen der Temperaturen und die daraus entstehenden Folgen auf den Wärmebedarf ein? Im Winter 2019/2020 liegen die Temperaturen in etwa 3 °C über dem langjährigen Durchschnitt.
Antwort:
Der Wärmebedarf und damit auch der Bedarf an Fernwärme in München ist von vielen verschiedenen Faktoren abhängig: von der Entwicklung der Temperaturen, vom Zuwachs der Bevölkerung, von der Sanierungstätigkeit bzw. den energetischen Standards, bei der Fernwärme von der Anzahl der Fernwärmeanschlüsse, von Preisen für Energie und CO2, etc.. Was die Fernwärme betrifft, so liegt der Anteil am Wärmeverbrauch in München aktuell bei 35%. Bis zum Jahr 2035 könnte er, je nach Szenario zwischen 37 und 57% liegen.
Was die Klimaerwärmung betrifft, so erfolgt diese nicht zwingend linear. Die Klimaforschung weist vielfach darauf hin, dass im Zuge des Klimawandels Extremwetterereignisse (Starkregenereignisse, Stürme, Hitzewellen und Kälteperioden) zunehmen werden. Die Wärmeversorgung einer Großstadt kann daher nicht ausschließlich an langjährigen Durchschnittstemperaturen ausgerichtet sein.
Frage 4:
Welche Verbraucher (geordnet nach Kategorien wie Gewerbe, Handel, Haushalte usw.) nutzen aktuell das Fernwärmenetz der SWM und wie hoch war deren jeweiliger Anteil am Gesamtwärmebedarf Münchens 2018?
Antwort:
Die Fernwärmekunden der SWM werden nach vertrieblichen Erfordernissen segmentiert. Die Branche des Kunden spielt dabei keine Rolle. Wir erfassen somit keine Branchenschlüssel und können daher die Zahlennicht in der gewünschten Granularität bereitstellen. Den Marktanteil der Fernwärme am Gesamtwärmemarkt in München (Wohnen, Gewerbe, Prozesswärme) schätzen wir auf rund 30%, bei den versorgten Haushalten ist der Anteil höher bei ca. 35%, weil sich in den Fernwärmegebieten in der Regel hochverdichteter Wohnraum befindet. Das Potential für die SWM am Gesamtwärmemarkt schätzen wir auf rund 45%, für den Anteil an den Münchner Haushalten bei 50%.
Frage 5:
Bei der Beantwortung der Fragen zur Leistungsreduktion von Süd GuD1 und zu der Abschaltung des Heizwerks Süd wird jeweils begründet, dass die thermische Einspeiseleistung am Standort Süd maximal ausgeschöpft wäre. Wären die Einspeisekapazitäten verfügbar, wenn die Süd GuD2 ausfallen würde?
Antwort SWM
Der Standort Süd ist bestmöglichen für die zukünftige Strom- Wärme- und Kälteversorgung konzipiert und voll ausgeschöpft. Hierbei sind die mögliche ökologische Nutzung der Tiefengeothermie, deren Leistung nach aktuellen Prognosen eine erhebliche Steigerung erfährt, ebenso berücksichtigt wie die räumlichen Potentiale und die möglichen Einspeisemengen. Sollte eine der Erzeugungsanlagen nicht betriebsbereit sein, wird die benötigte Wärmemenge durch Erzeugungsanlagen an anderen Standorten kompensiert.
Frage 6:
Wie hoch ist die Zahl der jährlichen Betriebsstunden der einzelnen thermischen Erzeugungsanlagen der SWM? Wie hoch waren die jeweils erzeugte Wärmeleistung (MWth), die prozentuale Vollast und die CO2-Emissionen der Anlagen dabei? Bitte geben sie die Zahlen jeweils für die Jahre 2009 bis 2018 an.
Antwort:
Bezüglich der Emissionen und Daten zu den einzelnen Kraftwerken verweisen die SWM auf die im Internet veröffentlichten Umwelterklärungen https://www.swm.de/privatkunden.html
Frage 7:
In einem Gespräch mit den Stadtwerken wurde deutlich, dass auf dem Gelände in Perlach auf dem ursprünglich eine Geothermie-Anlage gebaut werden sollte, eine andere Bebauung durch die Stadt festgelegt worden ist. Um welches Gelände handelt es sich dabei und welcher Bebauungsplan bzw. welche Bebauung ist dafür verantwortlich?
Antwort:
Mit dem Voranschreiten bei der Fernwärmevision und dem damit einhergehenden Zugewinn an Erfahrungen passen die SWM ihre Planungen fortlaufend an, um eine optimale Erschließung des vorhandenen Reservoirs zur gewährleisten. Verstärkt in den Fokus gerückt ist inzwischen vor allem der Münchner Süden. Dort und im südlichen Umland wollen die SWM, auch in Kooperation mit benachbarten Gemeinden, weitere Geothermiepotenziale erschließen. Konkret planen die SWM derzeit noch mit drei Standorten im Stadtgebiet von München. Davon zwei, die speziell in die Fernwärmenetze einspeisen, die aktuell vor allem aus dem HKW Nord versorgt werden. Ein dritter Standort im Südosten von München ist weiter in der konzeptionellen Planung enthalten, da dort die höchsten Temperaturen in München zu erwarten sind und somit dort die Anlage am effizientesten betrieben werden kann.
Die geplanten Anlagen sollen jeweils über mehrere Bohrungen verfügen und damit größere Leistungen erzeugen können, als dies in früheren Konzepten der Fall war. Auf diesem Wege sind im Stadtgebiet von München weniger Standorte erforderlich. Die Entwicklung kann sich somit auf Standorte konzentrieren, die optimal für die Einspeisung in die bestehenden Fernwärmesysteme geeignet sind und gleichzeitig wird der Eingriff in die Stadt München insgesamt minimiert. Aktuell laufen konzeptionelle Untersuchungen am Standort Michaelibad, der aus Sicht der SWM die idealen Voraussetzungen aufweist.
Frage 8:
An welchen weiteren Standorten planen die SWM aktuell Geothermie-Anlagen zu errichten und wann sollen diese an das Fernwärmenetz Münchens angeschlossen werden? Welche Mittel benötigen die SWM um den Ausbau zu beschleunigen?
Antwort:
Siehe Antwort zu Frage 7. Wie im Stadtratsbeschluss vom 16.7./24.7.2019 bereits festgelegt, werden die SWM für die Transformation des Fernwärmesystems bis 2040 ca. 1 Mrd. Euro bis 2040 investieren. Die Beschleunigung des Ausbaus ist bereits erfolgt. Neben den finanziellen Mitteln ist einerseits die politische Unterstützung für den Ausbau erforderlich. Entscheidend ist aber auch, dass erforderliche Genehmigungen für notwendige Leitungsbaumaßnahmen rechtzeitig vorliegen. Dies setzt wiederumentsprechende Kapazitäten bei den zuständigen Stellen sowie eine prioritäre Behandlung dieser grundlegenden Infrastrukturmaßnahmen voraus. Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen hiermit zufriedenstellend beantworten konnte.