Alte Photovoltaikanlagen in München erhalten!
Antrag Stadtrats-Mitglieder Sonja Haider, Tobias Ruff und Johann Sauerer (ÖDP) vom 3.3.2020
Antwort Clemens Baumgärtner, Referent für Arbeit und Wirtschaft
In Ihrem Antrag fordern Sie, dass die Stadtwerke München Strom aus PV-Anlagen, welche den Förderzeitraum von 20 Jahren überschritten haben, aufkaufen und den Überschussstrom bei Neuanlagen vergüten. Darüber hinaus soll der Bundestag aufgefordert werden, die Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU vom 14. Juni 2018 umgehend und weitest möglich in nationales Recht umzusetzen.
Nach § 60 Abs.9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Vorstehend genannte Forderungen fallen im Wesentlichen jedoch nicht in die Zuständigkeit des Stadtrates oder als laufende Angelegenheit in die Zuständigkeit des Oberbürgermeisters, sondern in den operativen Geschäftsbereich der Stadtwerke München. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich. Daher wird der Antrag im Folgenden als Brief beantwortet.
Wir haben die Stadtwerke München um Stellungnahme gebeten, die zu Ihren einzelnen Antragspunkten Folgendes mitteilten:
1.Das Aufkaufen des Stroms aus PV-Anlagen, welche den Förderzeitraum von 20 Jahren überschritten haben, ist unter den aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen nur über das Instrument der „sonstigen Direktvermarktung“ möglich. Das EEG 2017 sieht für die sonstige Direktvermarktung eine ¼-h-Lastgangmessung und eine Regelbarkeit der Anlage für den Direktvermarkter vor. Diese technischen Anforderungen sind in der Praxis bei kleinen PV-Anlagen nicht vernünftig umsetzbar. Hohe Umrüst- und laufende Kosten lassen keinen wirtschaftlichen Weiterbetrieb der Anlage zu.§ 25 des EEG 2017 legt die Vergütungsdauer des EEG auf 20 Jahre ab Inbetriebnahme plus der Zeit bis zum nächsten 31.12. fest. Für diesen Zeitraum ist die Abnahme des Stroms und die Auszahlung der Förderung bzw. der Marktprämie durch den Anschlussnetzbetreiber vorgeschrieben. Der Netzbetreiber hat die Möglichkeit, sich die ausgezahlten Vergütungen über den Belastungsausgleich beim Übertragungsnetzbetreiber erstatten zu lassen. Dieser Mechanismus ist nach Ablauf der Förderdauer versperrt, weil nur Kosten geltend gemacht werden können, die dem Netzbetreiber durch gesetzliche Vorschriftenentstehen. Die von der ÖDP geforderte Lösung entspricht daher einem unternehmenseigenen, SWM-spezifischen Förderprogramm. Die Kosten für diese Förderung wären ausschließlich aus den erwirtschafteten Erträgen der SWM zu tragen und müssten letztendlich zu Lasten der Allgemeinheit aus dem Stadthaushalt finanziert werden. Dies halten die SWM bei Anlagen, die bereits 20 Jahre gefördert wurden, für nicht gerechtfertigt. Insgesamt lehnen die SWM eine Anschlussförderung ab, die über den aktuellen Marktpreis hinausgeht. Durch die vergangene Förderung konnten die Anlagenbetreiber die Investitionen bereits refinanzieren. Eine weitere Anschlussförderung über dem Marktpreis würde aus Sicht der SWM einer nicht gerechtfertigten Überförderung entsprechen. Dennoch sind sich die Stadtwerke München der Problematik des Weiterbetriebs von ausgeförderten PV-Anlagen bewusst. Ebenfalls sind die Stadtwerke München vor dem Hintergrund der Klimaschutzbeschlüsse der Landeshauptstadt München an einem Weiterbetrieb von Post-EEG-Anlagen interessiert. Dieser setzt aber eine Anpassung der bisherigen gesetzlichen Rahmenbedingungen und eine bundesweit einheitliche Lösung voraus. Vor diesem Hintergrund setzen sich die Stadtwerke München gemeinsam mit dem Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) und dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) intensiv dafür ein, gemeinsam mit dem BMWi (Bundeswirtschaftsministerium) eine tragfähige und einfach umsetzbare Lösung für die Abnahme und Vergütung von Strom aus ausgeförderten PV-Anlagen zu entwickeln.
2.Eine Vergütung des Überschussstroms bei Neuanlagen (nach Greifen des 52 GWDeckels) entspräche ebenfalls einer unternehmenseigenen, SWM-spezifischen Förderung. Für diese Förderung fehlen ebenfalls die gesetzlichen Grundlagen bzw. die Abnahme des Überschussstroms wäre nur im Rahmen der Direktvermarktung möglich. Die Direktvermarktung wiederum ist aber mit hohen Umrüst- und laufenden Kosten verbunden, die kein wirtschaftliches Angebot zulassen. Im Übrigen ist hinsichtlich der Abschaffung des 52 GW-Deckels inzwischen eine Einigung auf politischer Ebene erfolgt.
3.Die Richtlinie zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Richtlinie (EU) 2018/2001) schafft einen europäischen Rahmen für die Förderung von Energie aus erneuerbaren Quellen mit verbindlichen nationalen Zielvorgaben in Bezug auf den Energieanteil aus erneuerbaren Quellen am Bruttoendenergieverbrauch im Jahr 2030. Die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht muss bis zum 30.6.2021 erfolgen. Die Erfahrung der SWM aus vorangegangenen Gesetzespaketen hat gezeigt, dass der erforderliche Anpassungsprozess komplex und zeitintensiv ist. Das Winterpaket ist der Schlüssel für eine Reihe neuerGeschäftsmodelle (z.B. für Bürgerenergiegemeinschaften und damit verbundene Kooperationen) und schafft Investitionssicherheit für den dezentralen Ausbau Erneuerbarer Energien. Der Umsetzungsprozess
sollte deshalb so früh wie möglich aufgesetzt werden.
Ich bitte Sie, von den vorstehenden Ausführungen Kenntnis zu nehmen, und hoffe, dass Ihr Antrag zufriedenstellend beantwortet ist und als erledigt gelten darf.