Neue Schwerpunkte bei der Verwendung der städtischen Stellplatzablösemittel
Antrag Stadtrats-Mitglieder Paul Bickelbacher, Herbert Danner, Katrin Habenschaden und Anna Hanusch (Fraktion Die Grünen – Rosa Liste) vom 22.11.2019
Antwort Stadtbaurätin Professorin Elisabeth Merk:
Mit Ihrem Antrag fordern Sie eine neue Schwerpunktsetzung, mit der die Finanzierung von Projekten zugunsten des Umweltverbundes beschleunigt wird. Für eine vorrangige Planung und Finanzierung werden beispielhaft Einzelprojekte aufgelistet, wie Mobilitätsstationen im Stadtgebiet, B+R-Anlagen an Haltestellen des Umweltverbundes im Stadtgebiet und MVV-Gebiet, Umbaumaßnahmen von Busbahnhöfen an MVV-Knotenpunkten, die Kofinanzierung neuer Trambahnstrecken und Seilbahnprojekte sowie flächensparende P&R-Anlagen an Haltestellen des MVV nur mehr am Stadtrand bis max. 40.000 Euro je Stellplatz bzw. deren Förderung im Umland. Zur Begründung wird ausgeführt, dass die aktuell vorhandenen Mittel von 130 Millionen Euro jährlich um 10 Euro Millionen anwachsen, damit auch extrem teure Projekte geplant und gebaut werden können, wie z.B. P+R-Anlagen mit Kosten bis zu 70.000 Euro je Stellplatz, z.B. in Neuperlach Süd und an der Aidenbachstraße, die z.T. bereits weit innerhalb der Stadtgrenzen liegen. Stattdessen sollen flächeneffiziente Mobilitätsstationen und überdachte B+R-Anlagen gebaut und B+R- sowie P+R-Anlagen an MVV-Haltestellen im Umland finanziell unterstützt werden, um die Pendlerinnen und Pendler möglichst früh auf den Verkehrsträger des Umweltverbunds zu bringen. Bei seit Jahren nicht ausgelasteten, in der Instandhaltung sehr kostenintensiven Stellplatzanlagen soll vor der Finanzierung solcher Projekte deshalb sorgfältig geprüft werden, ob es tatsächlich zu einer hohen Auslastung kommen wird.
Zu Ihrem Antrag teilt Ihnen das Referat für Stadtplanung und Bauordnung mit, dass Ihrem Anliegen bereits entsprochen wird:
Bei Behandlung der Beschlussvorlage Nr. 14-20/V 14870 in der Vollversammlung vom 23.10.2019 „Strukturelles Umsetzungskonzept für die Verwirklichung verkehrlicher Maßnahmen unter Verwendung von Stellplatzablösemitteln“ im vorberatenden Ausschuss für Stadtplanung und Bauordnung hatten wir auf Nachfrage der Stadtratsfraktion Die Grünen/Rosa Liste zusammenfassend bereits ausgeführt, dass derzeit sämtliche bedarfsfestgestellten verkehrlichen Maßnahmen, die im Rahmen der Zweckbindung der aus Stellplatzablösemitteln vereinnahmten Gelder rechtlich finanziert werden dürfen, auch finanziert werden können und durch einen entspre-chenden Stadtratsbeschluss, bzw. im Rahmen der dafür einschlägigen Wertgrenzen auf dem Verwaltungsweg zur Umsetzung gebracht werden. Soweit ein Einzelprojekt dem Stadtrat zu kostenintensiv oder auch sonst nicht zielführend erscheint, kann es heute schon jederzeit abgelehnt werden. Dadurch verbleibende Mittel stehen dann weiterhin für andere förderfähige verkehrliche Maßnahmen und Projekte zur Verfügung. Die von Ihnen angesprochene Wertgrenze von 40.000 Euro je KFZ-Stellplatz wird dabei von der Verwaltung eingehalten. Der Betrag stellt die derzeitig einschlägige Förderhöchstgrenze dar. Soweit diese überschritten wird, wird das jeweilige Projekt mit dezidierter Erläuterung der Gründe für die Überschreitung dem Stadtrat gesondert zur Entscheidung vorgelegt. An dieser Stelle ist auch auszuführen, dass weder die P+R-Anlage in Neuperlach Süd noch die erst in der Verwendungsplanung aufgelistete Neuerrichtung der P+R-Anlage in der Aidenbachstraße über dieser Grenze liegen. In Neuperlach-Süd, Carl-Wery-Straße, liegt die zugesagte Förderung aus dem Sonderposten Stellplatzablöse für 770 Stellplätze, für deren Errichtung die SWM-MVG vom Referat für Arbeit und Wirtschaft betraut wurden, bisher mit insgesamt netto 19,76 Millionen Euro und nach bisheriger Planung bei ca. 25.000 Euro je Stellplatz und somit weit unter 40.000 Euro. Dabei sind noch nicht die zusätzlich fließenden BayGVFG-Mittel in die Berechnung einbezogen, die den Förderbetrag für die LHM noch mindern werden. Gleiches gilt für die Aidenbachstraße. Auch dort sind bislang für 400 Stellplätze exakt 16 Millionen Euro und damit 40.000 Euro je Stellplatz als Förderhöchstbetrag vorgehalten. Die bei Projektumsetzung erst noch zu ermittelnde, tatsächlich anfallende Förderung erreicht nicht automatisch die Förderhöchstgrenze. Wegen des bereits vorhandenen Grundstücks sind auch hier deutlich niedrigere Investitionskosten zu erwarten. Zudem sollen hier ebenfalls BayGVFG-Mittel fließen, die den Aufwand für die LHM schmälern. Die 184 nach einem Abriss der maroden Altanlage nicht mehr vorhandenen Plätze müssen bei der Neuerrichtung von dann insgesamt ca. 400 Stellplätzen als wieder hergestellte Stellplätze als Zählfaktor berücksichtigt werden. Die anfallende Gesamtinvestition kann nicht nur auf die neu hinzukommenden Plätze bezogen werden.
Es entspricht den konzeptionellen Zielen des Referats für Stadtplanung und Bauordnung, wie z.B. in Karlsfeld, am Stadtrand große P+R-Anlagen einzurichten. Diese Projekte haben oftmals schwierige Umfeldbedingungen, insbesondere aufgrund der Eigentumsverhältnisse (DB).
Schon heute wird, wie von Ihnen gefordert, jede verkehrliche Maßnahme vor dem Einsatz von Fördermitteln von Seiten des Referats für Stadtplanung und Bauordnung, des Kreisverwaltungsreferats mit P+R Park & Ride GmbH sowie des Referats für Arbeit und Wirtschaft mit SWM-MVG im Hinblick auf Auslastung, Investitionskosten und Folgekosten genau unter-sucht. Fördermittel werden nur eingesetzt, wenn dies mit den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit in Einklang steht und die Zustimmung des Stadtrats auf dieser Grundlage gefunden hat.
Auch im Hinblick auf die Folgekosten ist schon heute vorgesorgt. Der P+R Park & Ride GmbH stehen in 2019 mit 2023 pro Jahr 3,5 Millionen Euro aus dem Sonderposten für Instandhaltung und Renovierung im Verwaltungsweg zur Verwendung zu. Die in den zurückliegenden Jahren vorgehaltene Summe war stets ausreichend. Eine Nachfinanzierung mit Fördermitteln ist ausgeschlossen. Im Sonderposten „Stellplatzablösemittel“ noch vorhandene Gelder sind im Rahmen der strategischen Steuerung des Mitteleinsatzes vorrangig zur Unterstützung anderer verkehrlicher Maßnahmen vorgehalten. Ein Abweichen hiervon bedarf der Behandlung in einem gemeinsamen Ausschuss von Kreisverwaltungsreferat, Referat für Stadtplanung und Bauordnung sowie Stadtkämmerei, sowie der Bestätigung durch die Vollversammlung des Stadtrats. Bei jedem neuen Projekt, das dem Stadtrat vorgelegt wird, müssen auch die dadurch ausgelösten Folgekosten als Entscheidungsgrundlage angegeben werden.
Die Gesamtkonzeption zum Einsatz von Stellplatzablösemitteln ist aktuell mit Stadtratsbeschluss Nr. 14-20/V 05353, Vollversammlung vom 14.12.2016 geregelt. Die dort beschriebene Verwendungsplanung wird alle ca. zwei Jahre zusammen mit dem Bericht über die Mittelverwendungsplanung im jeweils abgelaufenen Berichtszeitraum mit Einbindung des Stadtrats fortgeschrieben, zuletzt mit der oben genannten Beschlussvorlage Nr. 14-20/V 14870 „Strukturelles Umsetzungskonzept für die Verwirklichung verkehrlicher Maßnahmen unter Verwendung von Stellplatzablösemitteln“ vom 25.9.2019.
Die nächste Vorlage des periodischen Berichts mit aktualisierter Verwendungsplanung unter Bewertung der verkehrlichen Grundlagen ist im bisherigen Turnus für Ende 2021/1. Halbjahr 2022 vorgesehen. Entsprechend ist in der letzten referatsübergreifenden Lenkungsgruppensitzung vom 11.3.2020 unter Federführung des Referats für Stadtplanung und Bauordnung dieses Vorgehen für die nächste Vorlage auch mit allen beteiligten Referaten (Referat für Stadtplanung und Bauordnung, Kreisverwaltungsreferat, Stadtkämmerei, Referat für Arbeit und Wirtschaft, Baureferat) abgestimmt worden.
Für die in Ihrem Antrag vom 22.11.2019 angeführten Sachverhalte hinsichtlich einer strategischen Neuausrichtung von zukünftig zu verwirklichenden verkehrlichen Maßnahmen wird ab 1.1.2021 das Mobilitätsreferat zuständig sein. Hierzu läuft derzeit die Ausgründung in der Projektphase II, erste Stellen, wie z.B. die Referatsgeschäftsleitung sind bereits besetzt, die Stelle der Referatsleitung ist ausgeschrieben. Eine Bearbeitung der von Ihnen aufgeworfenen Fragen ist dann ausschließlich über dieses Referat mit dendann dort vorhandenen Bereichen und Dienststellen und über die dortige fachbezogene Betreuung der städtischen Gesellschaften SWM-MVG und P+R Park & Ride GmbH möglich. Hierzu ist in der auch vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung mitgezeichneten Beschlussvorlage für den Verwaltungs- und Personalausschuss vom 8.7.2020 (VB) vorgesehenen Vorlage Nr. 20-26/V 00661 „Umsetzungsbeschluss zur Gründung des Mobilitätsreferats“ auch ausgeführt, dass es wesentliches Ziel der Gründung ist, „… im Rahmen der politischen Ziele und Vorgaben eine den vielfältigen Bedürfnissen der Großstadt gerecht werdende Gesamtstrategie zu entwickeln und daraus geeignete Maßnahmen abzuleiten.“ Eine grundsätzliche Neubewertung und Stadtratsvorlage vor Aufnahme des dortigen Dienstbetriebs scheint daher strategisch nicht angezeigt.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.