Am 24. Juli 1920 starb der Heimatdichter und Erfolgsautor Ludwig Ganghofer. Zum 100. Todestag veranlasste die Monacensia die erstmalige Transkription seiner Kriegstagebücher aus den Jahren 1915 bis 1917, die er in der Gabelsberger Kurzschrift verfasst hatte. Im Portal monacensia-digital werden sie ab sofort veröffentlicht und sind für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie alle Interessierten ohne Einschränkung und kostenfrei zugänglich.
Anke Buettner, Leiterin der Monacensia: „Der einstige Bestsellerautor Ludwig Ganghofer wird heute kaum mehr gelesen. Als literarisches Gedächtnis der Stadt rufen wir Autorinnen und Autoren in Erinnerung und regen an, Werk und Rezeption neu zu diskutieren“.
Ludwig Ganghofer war eine höchst ambivalente Schriftstellerpersönlichkeit. Mit Heimatromanen und Erzählungen wie „Der Jäger von Fall“ (1883) wurde er zum Bestsellerautor und befriedigte die Sehnsucht seiner zahlreichen Leserinnen und Leser nach der „heilen Welt“. Er stilisierte sich zum naturnahen Bergmenschen und war angeblich der Lieblingsdichter Kaiser Wilhelms II. Gleichzeitig besaß er Aktien der AEG und unterstützte von der Zensur verfolgte Autoren wie Frank Wedekind, der wegen „Majestätsbeleidigung“ in Festungshaft genommen wurde. Während des Ersten Weltkriegs war Ludwig Ganghofer zwischen 1915 und 1917 als Berichterstatter an der Front tätig. Von Anfang an teilte er die allgemeine Kriegsbegeisterung und verfasste den Krieg verherrlichende Gedichte, die 1914 unter dem Titel „Eiserne Zither“ erschienen. Nachdem sein Gesuch um Verwendung beim Militär zunächst abgelehnt wurde, reiste der 64-jährige Ganghofer im Auftrag Kaiser Wilhelms II. als erster deutscher Kriegsberichterstatter zu den Kriegsschauplätzen der West- und Ostfront. Seine unmittelbaren Eindrücke notierte er in mehrere Tagebücher. Aus diesen Aufzeichnungen entstanden bei Ullstein vier Kriegsbücher, die große propagandistische Wirkung erzeugten.
Die Monacensia im Hildebrandhaus bewahrt den umfangreichen schriftlichen Nachlass von Ludwig Ganghofer. Darin enthalten sind sieben Kriegstagebücher aus dem Zeitraum von 1915 bis 1917, die insgesamt 650 Seiten umfassen. Die Tagebuchnotizen wurden bislang kaum wissenschaftlich ausgewertet, weil sie in der heute kaum mehr verbreiteten Gabelsberger Kurzschrift verfasst sind. Unter www.monacensia-digital.de ist ab sofort das 87 Seiten umfassende Heft 1 vollständig transkribiert und digitalisiert für die Öffentlichkeit zugänglich. Sukzessive werden die weiteren Hefte übersetzt und veröffentlicht. Ein begleitender Text der Germanistin Professorin Dr. Gertrud M. Rösch, Universität Heidelberg, kommentiert die Kriegstagebücher und ordnet sie in das Werk und Leben von Ludwig Ganghofer ein. Die erstmalige Dechiffrierung wird vom Stenographen-Zentralverein Gabelsberger e.V. vorgenommen. Das Projekt wird finanziell unterstützt durch den Verein „Freunde der Monacensia“. Unter www.muenchner-stadtbibliothek.de/monacensia sind Infos zur Monacensia abrufbar.
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